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Mentalisierung

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Empathie und Echtheit beruhen stark auf der Fähigkeit und inneren Haltung des Beraters zur Mentalisierung, das heißt, die genaue Beobachtung und Reflexion des eigenen inneren psychischen Prozesses als Voraussetzung für ›Echtheit‹ und das Erkennen, welche Intentionen dem Verhalten anderer Menschen zugrunde liegen, als Voraussetzung für ›Empathie‹ (vgl. Brockmann & Kirsch 2015).

In der Weiterentwicklung der Beratungsmethoden wurde zwar nie die Bedeutung der Empathie angezweifelt, jedoch bemühte man sich um eine Präzisierung der Methoden, wie Empathie in der praktischen Arbeit umgesetzt werden kann, auch wenn damit die Gefahr einer gewissen Verkürzung des Konzeptes als innere Haltung des Beraters nicht ganz ausgeschlossen werden konnte. Gordon, ein Schüler von Rogers, schlägt als Methode das sogenannte ›aktive Zuhören‹ vor, das man für die psychosoziale Beratung so übersetzen kann: Beim aktiven Zuhören konzentriert sich der Berater auf die Rückmeldung (das Spiegeln) der unmittelbar vorausgehenden Botschaft des Klienten in einer Form, dass er dem Klienten aktiv zeigt, dass er den Klienten akustisch und sinngemäß verstanden hat. »Er beweist dem Sender das dadurch, dass er die Bedeutung der gesendeten Botschaft ›rückmeldet‹« (Gordon 1978, 54). Erst durch die Rückmeldung des Beraters kann der Klient abschätzen, ob er richtig verstanden wurde oder auch nicht, jedoch löst die mit dem aktiven Zuhören verbundene innere Haltung der Aufmerksamkeit des Beraters bei dem Klienten bereits aus, dass er sich auf eine positive Interpunktion des weiteren Beratungsprozesses einlassen kann.

Eine weitere Operationalisierung der Empathie wurde von Tausch (1973) mit dem Konzept der ›Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte‹ (VEE) vorgeschlagen, das sich auf den emotionalen Erlebnisanteil beim Klienten bzw. bei der Klientin konzentriert und für die psychosoziale Beratung so definiert werden kann: Bei der VEE verbalisiert der Berater bzw. die Beraterin die in den Aussagen des Klienten enthaltenen Emotionen mindestens oder noch intensiver und differenzierter in der Weise, wie sie der Klient schon selber zum Ausdruck gebracht hat ( Tab. 3.2). Allerdings ist die ›Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte‹ (VEE) lediglich ein Aspekt der Empathie des Beraters, die sich auf den gesamten Bezugsrahmen des Klienten mit seinen Einstellungen und Interpretationen seiner Wirklichkeit bezieht.

Tab. 3.2: Stufen der VEE (Verbalisieren Emotionaler Erlebnisinhalte)


StufeVEE

Eigene Darstellung

Die fünfte Stufe wird oft durch die Gesprächstechnik des ›Vorwegnehmens‹ realisiert, bei der die Gefühle, die der Klient zwar noch nicht geäußert hat, jedoch auf Grund der Problematik des Klienten naheliegen, vom Berater angesprochen werden.

Das ›Aktive Zuhören‹ und die ›Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte‹ stellen zwar oft den Königsweg zur Optimierung einer professionellen Beziehung dar, jedoch sind nicht alle Klienten immer dazu in der Lage, über ihre Gefühle zu sprechen. So können z. B. Klienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung am Anfang der Beratung noch eine ausgesprochen hohe Affektlabilität aufweisen und mit der Bearbeitung der Gefühle überfordert sein. In solchen Situationen kann der Berater jedoch auf andere bewährte Gesprächstechniken zurückgreifen, die in der Tabelle 3.3 aufgeführt sind ( Tab. 3.3).

Jedoch zeigen diese Techniken erst dann ihre Wirkung, wenn Berater und Beraterinnen eine komplementäre Beziehungsgestaltung zu ihrer Klientel entfalten, die insbesondere bei Klienten mit Persönlichkeitsstörungen notwendig ist (Sachse 2000, 2013, 2016, 2019). Sie begegnen ihren Beratern in einer Weise, dass sie ihre (unerfüllten) interaktionellen Grundbedürfnisse (wie z. B. Anerkennung oder Autonomie) befriedigen sollen. Allerdings können die Klienten diese Grundbedürfnisse (auf der ›Motivebene‹) oft nur verschleiert (auf der ›Spielebene‹) mit maladaptiven Strategien zum Ausdruck bringen, auf die ein Berater nicht fachgerecht reagieren könnte, wenn er die ›doppelte Handlungsregulation‹ seiner Klientel nicht kennt. Sachse et al. (2011) unterscheiden in ihrem Modell der doppelten Handlungsregulation drei verschiedene Ebenen: die Motivebene, die Ebene der dysfunktionalen Schemata und die Spielebene. In dem Modell wird angenommen, dass jede Person verschiedene zentrale Beziehungsmotive (z. B. Anerkennung) erfüllen möchte. Dafür setzt sie gewöhnlich für den Interaktionspartner authentische und transparent erscheinende Verhaltensweisen ein, die im günstigen Fall zur Befriedigung der Motive führen. Klienten mit Persönlichkeitsstörungen haben jedoch durch die Verletzung ihrer psychischen Grundbedürfnisse eine Reihe von dysfunktionalen Schemata (z. B. »Ich bin ein Versager.«) entwickelt, die sie daran hindern, ihre Bedürfnislage bei Interaktionspartnern transparent zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen setzen sie manipulative Strategien (auf der ›Spielebene‹) ein und kompensieren ihre dysfunktionalen Schemata durch weitere dysfunktionale Schemata (z. B. kompensatorische Selbstschemata wie z. B. »Ich bin hochgradig kompetent.«). Berater haben bei diesen Klienten zunächst die Aufgabe, die interaktionellen Ziele (auf der ›Motivebene‹) von den intransparenten manipulativen Strategien (auf der ›Spielebene‹) zu unterscheiden, um dann komplementär und damit bedürfnisbefriedigend auf die authentischen Verhaltensweisen (entsprechend der ›Motivebene‹) des Klienten zu reagieren. Dem liegt der Grundgedanken zugrunde, dass die Klienten im Verlauf der Beratung immer mehr auf ihr Problemverhalten (auf der ›Spielebene‹) verzichten können. Die ›Spielebene‹, die von den dysfunktionalen Kognitionen des Klienten gespeist wird, soll von dem Berater möglichst nicht verstärkt werden.

Tab. 3.3: Weitere hilfreiche Techniken der Gesprächsführung zur Gestaltung einer professionellen Beziehung




TechnikDefinitionFunktion(en)

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Psychosoziale Beratung

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