Читать книгу Wörterbuch alttestamentlicher Motive - Группа авторов - Страница 14

3.2 Geschichte

Оглавление

Die Bücher Genesis bis 2. Könige erzählen die Geschichte Israels; eine weitere Darstellung dieser Geschichte bietet die Hebräische Bibel im „Chronistischen Geschichtswerk“, den Büchern 1. Chronik, 2. Chronik, Esra und Nehemia. Während die Erzählung in 2. Könige lediglich bis zur Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezzar reicht, geht das „Chronistische Geschichtswerk“ über diesen Zeitpunkt hinaus und berichtet auch noch die Rückkehr der Exilierten aus dem Exil und den Neubeginn im Land. Andere biblische Schriften, besonders die Prophetenbücher, enthalten ergänzende Informationen. Wie alle biblischen Bücher sind die beiden großen Geschichtswerke des AT keine „objektiven“ Geschichtsquellen, beide Darstellungen haben ein theologisches Anliegen, das über die Darstellung der Fakten klar hinausgeht. Dennoch sind die biblischen Darstellungen der Geschichte Israels für eine Rekonstruktion dieser Geschichte auch jenseits des ideologischen Rahmens dieser beiden Darstellungen unverzichtbar. Die archäologischen Zeugnisse beginnen erst durch die Texte zu sprechen. Zwar gibt es auch außerbiblische Quellentexte zur Geschichte Israels, doch sind diese, sofern sie in den Nachbarkulturen entstanden sind, nicht sonderlich zahlreich. Das antike Israel war keine wichtige Großmacht, mit der die anderen Großmächte der Zeit sich kontinuierlich befasst hätten. Wo uns dennoch entsprechende Zeugnisse überliefert sind, gilt auch für diese, dass sie keine Objektivität anstrebten, vielmehr sind auch diese Textzeugnisse der Nachbarkulturen ideologisch geprägt. Die außerbiblischen Textzeugnisse aus dem Land selber müssen als eher spärlich bezeichnet werden, das „Handbuch der althebräischen Epigraphik“ bietet letztlich nicht viel mehr als 30 Seiten althebräischer Texte aus dem Land der Bibel. Darüber hinaus gestatten diese Texte – zumeist handelt es sich um kurze Texte, die auf Tonscherben oder Kalksteinstücke geschrieben sind (sogenannte Ostraka) und die kurze Kommunikationen in Briefform bieten – keinen weiten Überblick, sondern gewähren nur blitzlichtartige Einblicke in eine Geschichte, die man bereits kennen muss, um die Textzeugnisse einordnen und verstehen zu können. Dennoch lässt sich aus der Summe der unterschiedlichen Quellen ein Bild der Geschichte Israels zeichnen, das zwar nicht überall gleich detailliert ist, das auch nicht in allen Punkten in der alttestamentlichen Wissenschaft unangefochten akzeptiert wird, das aber in den wichtigsten Grunddaten nachgezeichnet werden kann.

Die früheste Erwähnung einer Größe „Israel“ findet sich in einer außerbiblischen Textquelle in Ägypten. Auf einer Siegesstele des Königs Merenptah (1211–1203; in älteren Publikationen auch Mernephta genannt) wird „Israel“ neben anderen Völkern in Palästina als völlig zerstört und ausgerottet erwähnt (WEIPPERT 2010, 170). Offenbar war diese Einschätzung des Merenptah nicht ganz zutreffend, denn in der folgenden Zeit findet sich unter den Staaten, die das Gebiet zwischen den beiden Großreichsterritorien der Bronze- und Eisenzeit im Nahen Osten, Mesopotamien und Ägypten, besiedeln, eben auch dieses Israel. Entstanden in der Eisenzeit, nach der eigenen Ursprungslegende nicht autochthon, vielmehr in das Land eingewandert nach einer Phase der Siedlung in Ägypten, gründet das Volk „Israel“ im Gebiet zwischen Totem Meer und dem Negev im Süden und dem Gebiet nördlich des Hule-Sees im Norden einen eigenen Staat. „Von Dan bis Beerscheba“ lautet die biblische Beschreibung des eigenen Territoriums. Dieser Staat hat die für die Epoche und die Region nicht ungewöhnliche Form einer Monarchie. Die Zeit, in der dieser Staat entstanden sein soll, ist geprägt durch eine Umbruchsituation: Die Dominanz Ägyptens in der Region, die durch die gesamte Bronzezeit hindurch fast durchgehend bestand, gerät ins Wanken und ist im Abnehmen begriffen. Um 1200 v. Chr. kommen neue Bevölkerungsgruppen, die „Seevölker“, in die südliche Levante, um dort zu siedeln, was die ansässige Bevölkerung erfolglos zu verhindern versucht. Neben Wanderungsbewegungen im Mittelmeerraum löst diese Situation eine Abnahme der Bedeutung Ägyptens für die Region aus. Der Schwerpunkt der politischen und militärischen Entwicklung verlagert sich ins Zweistromland (ALT 1944). Dort erstarken zuerst die Assyrer in Nordmesopotamien, die jedoch später die Vorherrschaft an die Neubabylonier abgeben müssen. In einer Zeit des Übergangs, der ungeklärten Machtzentren, können sich in Palästina-Syrien kleinere, aber doch unabhängige staatliche Gebilde etablieren. Neben Israel sind das im Ostjordanland die Edomiter, Ammoniter und Moabiter, an der Küste die Philister (auf die der Name „Palästina“ zurückgeht) und die Phönizier sowie im Norden das Aramäerreich mit dem Zentrum Damaskus.

Die Zeit, in der Israel einen einheitlichen Staat gebildet haben soll, an der Wende vom zweiten zum ersten Jahrtausend, die Zeit also unter den Königen David und Salomo, diese Zeit verschwimmt vor dem Blick des Historikers im Legendarischen – was nicht heißt, dass es eine solche Zeit nicht gegeben haben könnte. Man wird allerdings auch nach dem Fund einer Inschrift in Tell Dan, die zumindest die Existenz einer davidischen Dynastie belegt, mit einer direkten Rekonstruktion dieser Zeit aus den Bibeltexten vorsichtig sein müssen.

Nach Salomos Tod, so stellt es der biblische Bericht in 1 Kön 12 dar, zerfällt dieses Reich in das Nordreich Israel mit der Hauptstadt Samaria und dem wichtigsten Kultort Bet-El und in das Südreich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem. Die Geschichte des Nordreiches ist geprägt durch wechselnde Herrscherhäuser und eine lange Reihe teils blutiger Umstürze. Die Assyrer bereiten diesem Staat im Jahr 722 v. Chr. den Untergang. Die Bevölkerung des Nordreiches wird – sofern ihr nicht die Flucht in das Südreich gelingt – deportiert und damit in alle Winde verstreut, während im Gebiet des früheren Staates „Israel“ nach biblischer Darstellung eine „neue“ Bevölkerung aus einem anderen Teil des assyrischen Reiches angesiedelt wird.

Im Südreich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem, die zugleich den wichtigsten Tempel dieses Landesteiles enthält und somit politisches und religiöses Zentrum zugleich ist, etabliert sich eine einzige Dynastie, die sich in der familiären Sukzession des Königs David versteht. Dieses „Haus Davids“ behält dort die Macht während der verschiedenen Stadien der Vasallität, d.h. der Abhängigkeit vom neubabylonischen Reich, das nach dem Niedergang der Assyrer deren politische und militärische Nachfolge angetreten hatte. Wie bei den Assyrern führt auch bei den Neubabyloniern die Politik der wirtschaftlichen Ausbeutung und stufenweisen Kolonisierung letztlich zu einer Einverleibung der Kleinstaaten der Region nunmehr in das babylonische Reich. Den Staat Juda und seine Hauptstadt Jerusalem ereilt dieses Schicksal 587/6 v. Chr. Wie schon der erste Feldzug Nebukadnezzars gegen Jerusalem zehn Jahre zuvor, so endet auch dieser zweite mit einer Deportation. Diesmal wenden sich diejenigen, die flüchten können, nach Ägypten. Anders als die Assyrer deportieren die Neubabylonier jedoch lediglich die Oberschicht des unterworfenen Landes – zu der besonders auch hochqualifizierte Handwerker zählen – in ihre Hauptstadt, in der sie die unterschiedlichen Fachleute für ihre eigenen Zwecke ansiedeln; und sie verzichten darauf, das eroberte Territorium mit „fremden“ Bevölkerungsteilen wieder zu besiedeln. Allerdings dürfte die Vorstellung, das Land sei ab dem Exil „leer“ gewesen und geblieben, auch ideologische Züge haben und nicht völlig der Realität entsprechen. Mit der Eroberung Jerusalems und der Deportation nach Babylon endete die eigenstaatliche, politische Selbständigkeit für die Menschengruppe, die später die Texte des AT hervorbringen sollte.

Erstaunlicherweise und ganz anders als bei allen anderen Völker der Region, die dasselbe Schicksal erfuhren, gelingt es dieser Gruppe jedoch, ihre historische Erfahrung in ihr Symbolsystem zu integrieren und dieses damit durch die Katastrophe des Untergangs hindurch zu bewahren. Auf diese Weise wandelt sich diese Gruppe von einer politischen Gemeinschaft zu einer religiösen Gemeinde. Dieser Prozess der Transformation beginnt mit dem Exil. Das Exil endet mit der Rückkehrmöglichkeit der in Babylon lebenden Judäer unter der Herrschaft des Perserkönigs Kyros II. (2. Hälfte des 6. Jh.s v. Chr.; WEIPPERT 2010, 439). Obwohl der Jerusalemer Tempel wieder aufgebaut werden kann und bis zu seiner endgültigen Zerstörung durch die Römer 70 n. Chr. das religiöse Zentrum der judäisch/jüdischen Gemeinde bleibt, wird seine Bedeutung doch relativiert durch die Tora, die das Leben dieser Gemeinschaft nach dem Exil wesentlich regelt und die letztlich die Grundlage für ihr Gottesverhältnis bildet. Der Fokus des antiken Judentums, das nun die alttestamentlichen Texte weitergibt, liegt trotz durchaus vorhandener Bestrebungen zu einer Staatsgründung und der Einsetzung eines Königs doch auf theologisch-religiösem Gebiet. Hier bilden sich nun endgültig ein strikter Monotheismus und eine bildlose Gottesverehrung heraus. Parallel findet aber auch eine Annäherung an die nacheinander vorherrschenden Kulturen der Perser und der Griechen statt. Während erstere mit dem Zoroastrismus ebenfalls eine monotheistische und von einem abstrakten Gottesbild geprägte Religion vertraten, bereicherten letztere die Vorstellungswelt der späten Schriften des AT durch eine Reihe von Dämonen, Engeln und Zwischenwesen. Auch der Einfluss griechischer Philosophie wird in manchen alttestamentlichen Texten spürbar.

In hellenistischer Zeit entsteht in Alexandria eine griechische Übersetzung der heiligen Schriften des Judentums. Der Legende zufolge, die der Aristeasbrief überliefert, wurde diese Übersetzung von 70 Gelehrten in 70 Tagen parallel aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzt, sie wird darum die „Septuaginta“ genannt. Am Ende dieser 70 Tage stellte sich nach der Legende heraus, dass alle 70 Übersetzungen gleich gewesen seien. Die Legende versucht der griechischen Übersetzung den Status besonderer göttlicher Inspiration zu verleihen.

Die Septuaginta enthält einige Schriften, die im Kanon der Hebräischen Bibel nicht enthalten sind, unter anderem Schriften, die von Anfang an in griechischer Sprache verfasst waren, wie z.B. die Sapientia Salomonis. Dieser weitere Kanon der Septuaginta liegt auch den späteren lateinischen Übersetzungen, besonders der Vulgata, zugrunde, die in der katholischen Kirche grundlegender Bibeltext wurde. Dies ist der Grund für den unterschiedlichen Umfang katholischer (auf dem Septuagintakanon beruhender) und evangelischer (den Kanon der Hebräischen Bibel zu Grunde legender) Bibelübersetzungen. Die Septuaginta erlangte im Judentum zunächst hohes Ansehen, doch bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. hatte sich im Judentum der engere Textumfang des hebräischen Textes letztlich als verbindlich durchgesetzt (SCHÖPFLIN 2009). Die vielfältigen theologischen Ansichten, die im Laufe der Geschichte zwar nacheinander, in der Diskussion aber durchaus auch nebeneinander bestanden, sind in den Texten des AT gespiegelt. Deshalb zeichnet sich das AT eben nicht durch dogmatische Einlinigkeit aus, sondern viel eher durch ein breites Spektrum an Deutungen der erfahrenen Wirklichkeit.

Wörterbuch alttestamentlicher Motive

Подняться наверх