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Erziehung 1 Erziehungsbegriffe

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Im Deutschen wird zwischen Erziehung und Bildung unterschieden. Einen umfassenden Begriff für beide Seiten des pädagogisch-didaktischen Prozesses, den das Griechische in paideia besitzt, kennt unsere Sprache ebenso wenig wie das hebräische AT. Hier wird im Allgemeinen von Erziehung die Rede sein – denn antike Bildung „will immer auch Erziehung sein“ (CHRISTES 1997, 663). Für das hebräische AT sind im Wesentlichen drei Begriffe zu unterscheiden.

Versteht man unter Erziehung im engeren Sinne „das bewußte Einwirken Erwachsener auf Heranwachsende, um diese – in der Regel – positiv zu beeinflussen“ (GRETHLEIN 1999, 1505), so entspricht dem am ehesten die hebräische Wurzel jsr, die „erziehen/unterweisen“, „ermahnen/zurechtweisen“ und „züchtigen/bestrafen“ bedeuten kann. Das dazugehörige Substantiv mûsār kann außer dem Erziehungsvorgang auch die Wohlerzogenheit einer Person als dessen Ergebnis bezeichnen. Die deutsche Übersetzung mit „Zucht“ ist einerseits alternativlos, weil nur diese Vokabel beide Aspekte in sich vereint, andererseits aber zunehmend problematisch, weil das altertümliche „Zucht“ inzwischen einseitig negativ konnotiert ist. Die Septuaginta erkennt in der hebr. Wurzel jsr den eigentlichen Erziehungsbegriff des AT und übersetzt fast durchgehend mit paideia bzw. dem Verb paideuein. Dadurch nimmt der griechische Begriff „den Sinn von Zucht u[nd] Züchtigung in sich auf; andererseits aber dringt in die at.lichen Texte das intellektuelle Moment von Bildung, Erziehung u[nd] Unterricht viel weiter ein, als das ursprünglich der Fall war“ (BERTRAM 1954, 607). Seit W. von Humboldt wird Bildung verstanden „als ideale Ausprägung von Individualität, die von der Begegnung mit klassischen B[ildungs]gütern (…) erhofft wird“ (SCHWEITZER 1998, 1584). Eine entsprechende Vorstellung existiert im AT nicht. Zwar spielt die intellektuelle Aneignung eines Bildungskanons, die durch das Lehren und Lernen (beides hebr. lmd) der Tora geschieht, im AT eine herausragende Rolle. Ziel ist dabei aber nicht die Ausbildung einer individuellen Persönlichkeit, sondern der kollektiven Identität des Volkes Israel als Gottes Bundesvolk (vgl. FINSTERBUSCH 2002). Der Grundbedeutung von hebr. lmd „(sich) gewöhnen“ entsprechend (vgl. JENNI 2004, 872f.), bezweckt der Lehr- und Lernprozess kaum die kritische Auseinandersetzung mit seinen traditionellen Inhalten, sondern die Gewöhnung an sie und gleichzeitig damit die Eingewöhnung in die Überlieferungsgemeinschaft (DELKURT 2001, 28).

Gemessen an der überragenden Bedeutung, welche die Weisung (hebr. tôrāh) JHWHs im AT hat (220 Belege), ist das Verb von derselben Wurzel (hebr. jrh „lehren/unterweisen“) mit 45 Belegen gegenüber den Verbformen der vorgenannten Erziehungsbegriffe eher unterrepräsentiert (jsr 42-mal; lmd 86-mal). Trotz der semantischen Schnittmenge mit lmd ergeben sich auch eigene Schwerpunkte. So scheinen es ursprünglich die Priester gewesen zu sein, welche Weisung im Sinne von hebr. jrh erteilten (vgl. WAGNER 1982, 925f.). Diese ist außerdem stärker situationsbezogen als die mit lmd bezeichnete Lehre.

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