Читать книгу Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1 - Группа авторов - Страница 20
Die Siedlungsentwicklung bis zum Beginn der Industrialisierung
ОглавлениеDas mittelalterliche Höfekonglomerat gruppierte sich vor allem um die Kirche zu Osterfeld, die Pfarrkirche für das bereits erwähnte größere Kirchspiel war. Ob sie auch siedlungsbildend wirkte, muss offen bleiben, ist jedoch anzunehmen. Der ▶ Liber Theoderici aeditui berichtet (1160) von einer Eigenkirche, die Anfang des 11. Jahrhunderts Graf Balderich von Hamaland dem Kölner Erzbischof Heribert geschenkt haben soll und die dieser der Abtei Deutz zur Ausstattung gab.46 Das ▶ Pankratius-Patrozinium lässt ebenfalls auf eine frühe Kirchengründung schließen. Die Kirche lag im Zentrum einer Straßensiedlung, die sich an eine Straßenkreuzung der Vestischen Landstraße und der Straße von der Lirich-Lipperner Heide – dem Raum der späteren Stadt Oberhausen – nach Klosterhardt anschloss.47 An den beiden Straßen lagen zahlreiche Kötterhöfe, das Pastorat und Einzelhöfe. Die größeren Adelssitze und Güter lagen hingegen außerhalb dieser Siedlung: Vondern im Süden an der Emscher und Arenbögel, Knippenburg und Hove in Vonderort. Osterfeld war bis weit in das 19. Jahrhundert hinein ein Straßendorf, eine Bauerschaft, bestehend aus Einzelhöfen ohne überregionale Verkehrsanbindung.48 Die bekanntesten und zu festen Häusern, beziehungsweise Burgen ausgebauten Häuser waren Burg Vondern und Haus Hove, die an dieser Stelle kurz vorgestellt werden:
Die Anfänge der Burg Vondern sind unbekannt. Sie liegt südlich des heutigen Verschiebebahnhofs Osterfeld-Süd an der Arminstraße. 1162 wird erstmals eine Familie von Vondern genannt, 1266 übertrug die Abtei Essen einem Gerhard von Vondern die Güter zu Vondern.49 Die Burg, auch Steinhuis und Haus genannt (144150), war Dienstmannlehen der Grafen von der Mark. So wird 1397 Dietrich von Vondern durch Graf Dietrich von der Mark mit dem als Dienstmannsgut bezeichneten Haus in Osterfeld belehnt.51 In der Urkunde von 1397 versprach der Graf, die Burg Vondern in ein Erblehen zu verwandeln. Bereits 1400 starb die direkte Linie der Herren von Vondern aus. Zunächst teilten sich die Töchter das Erbe, 1405 ging das Haus vollständig an Wessel von Loe. 1511 vergab der Herzog von Kleve Haus und Hof Vondern als ▶ Lehen an seinen Amtmann Wessel von Loe.52 Die Burg wechselte noch mehrmals den Besitzer: 1592 ging sie an die von Brempt, 1722 an den Grafen von Nesselrode-Landskron, 1753 an den Münsterschen Domherrn Clemens Graf von Merveldt, 1824 an den Grafen Droste zu Vischering von Nesselrode-Reichenstein. 1947 übernahm schließlich die Stadt Oberhausen Vondern.53 Unter den von Loe kam es zu ersten Erweiterungen des Hauses zu einer Wasserburg. Wohl um 1520 erfolgte die Errichtung der gotischen Torburg, in der Folge der Bau der südlichen Wehrmauer mit Schießscharten und spätgotischen Zierformen. Das Haupthaus wurde im 17. Jahrhundert im barocken Stil errichtet. 1977/82 restaurierte die Stadt Oberhausen die kurz vor dem Verfall stehende Burg grundlegend.54 Heute wird die Burg als Museum und Veranstaltungsort genutzt.
Die Anfänge von Haus Hove sind ebenfalls unbekannt. Es liegt im 1929 an Bottrop abgetretenen Stadtteil Vonderort, Haus-Hove-Straße, nördlich des Güterbahnhofs Osterfeld-Süd. 1393 wird Dietrich von Vondern genannt von Hove erwähnt, ebenso 1397, als dieser von dem Grafen von der Mark mit Vondern belehnt wurde.55 Vermutlich wurde die Burg Ende des 14. Jahrhunderts errichtet, denn mit deren Ersterwähnung fällt auch die erstmalige Nennung des Namenszusatzes von Hove mit von Vondern zusammen.56 Die Burg wechselte nur selten die Besitzer: 1691 heiratete Vincenz von Quadt in den Hof ein, 1709 ging er an die von Geyr und 1726 an den Grafen von Nesselrode-Landskron auf Burg Vondern. Bereits 1738 trat der Graf das Haus an den Grafen von Merveldt zu Haus Lembeck ab. Im gleichen Jahr starb die Familie von Hove im Mannesstamm aus. 1842 kaufte Graf Droste Vischering von Nesselrode-Reichenstein Haus Hove zurück. Der letzte Besitzerwechsel erfolgte 1888, als der Hof an die seit 1873 dort lebende Pächterfamilie Steinhaus ging.57 Teile des um 2005 wieder errichteten Torbaus sowie das Fundament des Herrenhauses stammen vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Die ehemals von der Kornbecke gespeiste doppelte Gräfte ist größtenteils verlandet.58 Haus und Hof Hove sind bis heute als landwirtschaftlicher Betrieb in privater Nutzung.
Abb. 4: Ausschnitt aus der Le-Coq-Karte von 1805
Beide Häuser lagen, wie bereits erwähnt, an der Peripherie des Ortes und trugen zur Ortsentwicklung nichts bei. Über die Ausdehnung Osterfelds vor 1800 ist wenig bekannt. Die Häuser- und Einwohnerzahlen lassen auf eine dünne Besiedlung schließen. So zählte das ▶ Kirchspiel Osterfeld 1717 nur 300 Kommunikanten59, 1755 waren es 394.60 Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stieg die Anzahl der Kommunikanten auf über 400 und erreichte 1797 schließlich 450.61
Die ▶ Le Coq-Karte von 1805 zeigt für Osterfeld lediglich eine Straßenrandbebauung entlang des Straßenkreuzes sowie Einzelhöfe in Vonderort, während sich nördlich der Siedlung vornehmlich Acker-, Wald- und Brachland befand.62 Dieses Siedlungsbild geht auch aus der Urkarte von 1822 hervor.63
Eine Ausnahme bildete ab 1760 die St. Antony-Hütte in Klosterhardt, die allerdings nicht siedlungsbildend war, sondern ein Beispiel ländlichen Eisengewerbes der Frühindustrialisierung. Die geringe städtebildende Wirkung der Hütte lag vor allem an drei Faktoren: Erstens bildete sie sich aufgrund der nachrangigen Bedeutung und des mangelnden wirtschaftliches Erfolges nicht zu einem überregionalen industriellen Kerngebiet aus, zweitens lagen mit Sterkrade und Osterfeld zwei Siedlungszentren in unmittelbarer Nähe zur Hütte. Insbesondere der Ortskern von Osterfeld fungierte als kultisch-kulturelles und über das ▶ Kirchspiel als politisches Zentrum auch für Klosterhardt, so dass weder Bedarf noch Möglichkeit bestand, einen weiteren Siedlungsmittelpunkt nördlich des Rothebusch zu errichten. Und drittens produzierte sie nicht kontinuierlich, wurde mehrmals umgebaut, abgebrochen, stillgelegt oder umgenutzt und beschäftigte im Schnitt nie mehr als 100 Arbeiter, meist weniger.64
Erst im Zuge der Industrialisierung etwa ab 1870 wuchs Osterfeld rasch über den alten Ortskern um St. Pankratius hinaus, neue Straßen und Kolonien wurden errichtet und es siedelten sich Handel und Kleingewerbe an. Auch die öffentliche Infrastruktur wuchs. Noch bis 1800 sah dies anders aus: Osterfeld lag bis zur Industrialisierung abseits der überregionalen Straßenverbindungen Westeuropas. Lediglich eine Straße von Oberhausen nach Bottrop durchquerte 1805 den Ort. Außerdem verlief eine Abzweigung dieser Straße über die Emscherbrücke (Waghalsbrücke) nach Oberhausen, Mülheim und Essen. Eine andere Abzweigung verband Osterfeld über Klosterhardt mit der Hauptstraße (Vestische Landstraße) von Sterkrade über Bottrop nach Gladbeck, beziehungsweise nach Recklinghausen.65 Die Landstraße durch Osterfeld fand erstmals 1721 Erwähnung.66 Eine weitere Straße sollte ab 1804 von Osterfeld nach Oberhausen errichtet werden,67 bereits 1795 waren Ausbesserungen am Weg nach Oberhausen vorgenommen worden.68 Der Beginn des Wegebaus nach Oberhausen war abgestimmt mit größeren Wegebauarbeiten im ▶ Vest Recklinghausen, die auch die Anbindung Osterfelds umfassten,69 jedoch keine größere Bedeutung für die Entwicklung Osterfelds hatten. 1810 folgte der Ausbau der Sterkrader Straße von Mülheim über Sterkrade nach Wesel.70 In den 1830er Jahren erhält die Gemeinde Wegegeld auf der Straße von Essen nach Oberhausen, jedoch schon 1838 übernimmt der preußische Staat die Kosten für Bau und Unterhalt von Brücken und Straßen von Dorsten über Osterfeld nach Oberhausen.71 Somit führten Mitte des 19. Jahrhunderts also zwei Hauptstraßen durch Osterfeld, eine von Mülheim nach Dorsten, eine zweite nach Essen. Neben den Hauptstraßen führten noch einige Dorf- und Treibwege durch die Osterfelder Gemarkung. So der 1700 erwähnte Fuhr- und Treibweg „bis auff die fortkamps straße der becken langs“72, der „byfangsche Weg“ (1734 erwähnt), ein Weg im Garten über der obersten Kornmühle73 sowie der Weg vom Vonderischen Berg bis an die Waghals-Brücke (1781).74 1828 wird als erste Straße des Ortes die Hauptstraße von der Emscher bis zur Marktstraße gepflastert;75 1839 werden Hausnummern eingeführt. Gezählt wird vom Koppenburgs Mühlenbach aus, jener Bach, der die Ortschaft in die Bauerschaften Osterfeld (westlich des Bachs) und Vonderort aufteilte.76 Die Verbindung mit den südlich der Emscher gelegenen Ortschaften war durch drei bereits 1761 erwähnte Brücken gewährleistet: Die Waghalsbrücke, eine Holzbrücke an der Vondermühle sowie die Oberhausener Landstraßenbrücke.77
Die Wasserwegewirtschaft spielte in der vorindustriellen Phase kaum eine Rolle. Erste Emscherregulierungen für die Frachtschifffahrt erfolgten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.78 Die Eisenbahn zog mit der Industrialisierung Osterfelds nach 1870 ein. Eine ausgereifte Infrastruktur im Dienstleistungsbereich war bis zur Industrialisierung kaum vorhanden. Die Post hatte bis 1832, beziehungsweise 1876 keine eigene Stelle. Der Fürst von Thurn und Taxis übernahm 1795 den gesamten Postverkehr im Vest Recklinghausen und somit auch jenen für Osterfeld.79 Erst 1832 wurde eine eigene Poststrecke von Osterfeld über Bottrop nach Kirchhellen in Betrieb genommen,80 1876 eine Postagentur dortselbst eingeweiht.81 Auch öffentliche kommunale Gebäude suchte man vergeblich. Die Kirchspielleute trafen sich 1520 im Steinhaus in Osterfeld, um sich zu versammeln.82 Das Gut Vondern war das Osterfelder Dienstmanngut der Grafen von der Mark.83 Erst 1894/96 erfolgte der Bau eines Amtshauses.84