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Kirche, Reformation und Kultur
ОглавлениеDie Kirche St. Pankratius war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Mittelpunkt des Ortes. Sie war vermutlich auch siedlungsbildend und ihre Glieder und Amtsträger bestimmten das Geschehen in Osterfeld. Bis 1621 gehörte die Pfarre zum ▶ Archidiakonat Xanten, Dekanat Duisburg im Erzbistum Köln. Danach kam es an das ▶ Dekanat Vest Recklinghausen (Vestisches Kommissariat). Nach dem Ende des Alten Reiches und mit der päpstlichen Bulle „De Salute Animarum“ von 1821, die die Diözesen in Preußen neu ordnete, kam das Vest und damit auch die Pfarre Osterfeld an das Bistum Münster.
Die Anfänge von Pfarre und Pfarrkirche liegen im Dunkeln, anhand des ▶ Patroziniums, welches jedoch erst für 1703 erstmals bezeugt ist,146 ist von einem frühen Kirchbau auszugehen. Jedenfalls berichtete der ▶ Liber Theoderici aeditui um 1160 von einer Eigenkirche, die Anfang des 11. Jahrhunderts Graf Balderich an den Kölner Erzbischof Heribert verschenkt haben soll. Dieser gab sie zur Ausstattung an die Deutzer Benediktinerabei weiter.147 Patronatsherr war die Abtei bis 1226. In diesem Jahr verlor sie das Recht an den Grafen von Limburg.148 Seit 1640 übten die Herren des Hauses Vondern das ▶ Patronatsrecht aus.149 1793 ging das Patronatsrecht schließlich für kurze Zeit an den Erzbischof von Köln.150 Mit dem Übergang des Vests an die Arenberger gingen zunächst auch diese Rechte vorbehaltlich älterer Rechte an das neue Herrscherhaus. 1804 gab denn auch der Herzog von Arenberg bekannt, dass die Patronatsrechte des ehemaligen Kurfürsten von Köln im Vest nunmehr bei ihm liegen würden. Wenn sie bei einem anderen Patron lägen, reiche die landesherrliche Bestätigung.151 Doch schon 1804 hatte der Graf zu Nesselrode-Reichenstein als Eigentümer des Hauses Vondern wieder das ▶ Patronatsrecht über die Kirche in Osterfeld inne.152 Dies behielt er formell bis zum Verkauf der Burg Vondern an die Stadt Oberhausen 1947.
Zehntherr war zunächst die Abtei Deutz. Um 1160 wurde eine bereits zurückliegende Schenkung des ▶ Zehnten von Osterfeld durch den Grafen Balderich an den Erzbischof von Köln erwähnt. Dieser soll – wie bereits beschrieben – die Schenkung zu Beginn des 11. Jahrhunderts als Ausstattung an das Kloster Deutz weitergegeben haben. Der Census brachte jährlich zwei ▶ sol. ein.153 Bereits 1252 übertrug Gerhard von Arberg dem Deutschordenshaus in Welheim den Zehnten zu Osterfeld.154 Nur 130 Jahre später, 1382, übertrug ihn Graf Engelbert von der Mark der Hinrike van der Knippenborg.155 Die ständigen Verkäufe von Zehnten zu Osterfeld gingen munter fort. 1603 verkauften Diederich von Loe und Helena von Heyden den Eheleuten Friedrich von Brempt und Margarethe von Wylach den Zehnten zu Osterfeld.156 1782 sind die Einsassen von Osterfeld schließlich wieder dem Haus Vondern zehntpflichtig.157 Neben dem Zehnten zahlte ab 1794 die St. Antony-Hütte einen Eisensteinzehnten von 20 Talern an die kurkölnische Oberkellnerei Horneburg.158 1808 waren es 36 Taler und 20 ▶ Albus, die die Hütte abführen musste.159 Hoch waren die Zehntzahlungen also nie gewesen.
Abb. 5: Die St. Pankratius-Kirche in Osterfeld
Auch die Anfänge des Kirchenbaus liegen im Dunkeln. Von einer vermutlich romanischen Kirche in Osterfeld blieb bis Anfang des 16. Jahrhunderts nur der Turm übrig. 1516 erfolgte der Ausbau des Chors der Kirche160 in spätgotischem Stil. Um 1540 erfuhr die Kirche eine zweite Erweiterung, indem ein schmales zweijochiges Seitenschiff hinzugefügt und die Kirche von Grund auf renoviert wurde.161 Zwischen 1601 und 1603 wurden zwei Glocken für die Kirche gegossen, so dass der Turmbau auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zu datieren ist.162 1826/29 wurde der Innenraum umfassend saniert, 1843/44 das Äußere der Kirche.163 Erst mit dem Einsetzen der Industrialisierung erfolgte ein umfassender Neubau und eine Neuordnung der Osterfelder Kirchenlandschaft. Die Kirche beherbergte einen Altar, der der Mutter Gottes geweiht und wohl einer der beiden Seitenaltäre war. Dieser ist 1379 erstmals bezeugt, außerdem nochmals 1400 und 1405.164 Auch 1738 und 1755 wird er genannt.165 Der zweite Seitenaltar war der heiligen Katharina geweiht und wird 1491 erstmals erwähnt, als eine Stiftung für die Vikarie des Altars stattfand. Die ▶ Kollation stand abwechselnd dem Grafen von Limburg und dem Herrn von Knippenburg zu. Sie ging allerdings durch Schenkung der Herren von Knippenburg 1578 an den durch das Haus Vondern eingesetzten Kirchmeister über.166 1710 bis 1712 erbaute die Pfarre schließlich ein eigenes Vikariehaus167 mit Unterstützung des Hauses Vondern. Dieses gab 1711 nicht nur Holz für das Vikariehaus, sondern auch Land zugunsten des Vikars, der dafür regelmäßig die Frühmesse lesen musste.168 Der Abriss des Hauses erfolgte bereits 1822, ein Neubau im Rahmen des Schulneubaus schon ein Jahr später 1823.169 Zu dieser Zeit lebte der Vikar, beziehungsweise Frühmesser in Osterfeld vom Frühmesser-Klingelbeuteleinkommen.170
Doch zur Pfarre Osterfeld gehörte nicht nur eine Kirche mit Altären und Vikarie, sondern mit St. Cyriakus in Bottrop zeitweise auch eine Filiale. Bereits um 1150/60 erfolgte der Bau einer Capella in Bottrop, die spätestens seit dem 14. Jahrhundert als Filiale von Osterfeld nachzuweisen ist.171 Doch schon im 15. Jahrhundert erhielt Bottrop ein eigenes Pfarrhaus mit einem residierenden ▶ Vizekurat172. Dies und die Kirchenerweiterung im gleichen Jahrhundert führten zu einer größeren Selbstständigkeit, auch wenn bis weit ins 19. Jahrhundert Bottrop von Osterfeld abhängig blieb. So wurden 1477 zum ▶ Kirchspiel Osterfeld neben dem Dorf Osterfeld die Bauerschaft Vonderort sowie Lehmkuhle und Bottrop gezählt. Noch 1803 zählte Vonderort zur Pfarre Osterfeld, und die Umgrenzung hatte über das Jahr 1821 hinaus Bestand. Das ▶ Patronatsrecht in Bottrop teilten sich das Haus Vondern und der Pfarrer von Osterfeld. Erst 1793 ging es an den Erzbischof von Köln über.173 Weitere Filialkirchen kamen erst im 20. Jahrhundert hinzu. Auch Klöster existierten bis gegen Ende des 19. Jahrhundert im Bereich der Pfarre Osterfeld nicht. Lediglich ein ▶ Regulartertiar der Franziskaner errichtete 1708 eine Eremitage mit Kapelle auf dem Ruhrkamp in Osterfeld.174 1726 bis 1752 lebten jeweils zwei Eremiten in dieser Eremitage.175 Auch Wallfahrten und Prozessionen sind vor 1800 kaum belegt. 1755 wird von einer Pankratiusprozession berichtet;176 erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein verstärktes Wallfahrtswesen ein.
Jüdisches Gemeindeleben ist für Osterfeld in vorindustrieller Zeit nicht nachweisbar. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts gab es auch keine evangelischen Einwohner in Osterfeld. Die Familie des Gottlob Jacoby, der von der Fürstäbtissin von Essen Maria Kunigunde 1803 mit der Leitung der St. Antony-Hütte beauftragt wurde, war die erste in Osterfeld ansässige protestantische Familie.177