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Ist eine von der Natur abgeschaute Technik nachhaltig?
ОглавлениеWie oben beschrieben, wird die Entwicklung von Technologien und Prozessen, die sich an der Natur orientieren mit der Hoffnung verbunden, dass sie eine naturverträglichere Technik ermöglichen und so zu einem nachhaltigen Wirtschaften beitragen. (Neugebauer 2019; Dieckhoff 2019). Die Frage nach Nachhaltigkeit kann jedoch nicht universell beantwortet werden, haben wir es doch in der Bionik, in der Bioökonomie und bei der Biologischen Transformation mit einer Reihe sehr unterschiedlicher Themen, Technologien und Konzepte zu tun. Sie müssen jeweils für sich geprüft und bewertet werden. Beispielsweise ist die wasserabweisende Wirkung von Oberflächenstrukturen, die den Vorbildern von Pflanzenblättern entnommen wurden (Lotus-Effekt), etwas völlig anderes, als die gentechnische Veränderung eines Lebewesens. Die Erwartung von Nachhaltigkeit darf deshalb nicht auf der ggf. bewusst oder unbewusst getroffenen Annahme gründen, dass Etwas, dass sich in seiner Funktion oder seinem Material ihn ähnlicher Weise in der Natur finden lässt, auch in seinen Auswirkungen mit der Natur kompatibel ist.
Wichtiger als die Orientierung an biologischen Prinzipien wird es auf dem Weg zu einem ökologisch verträglichen Wirtschaften möglicherweise sein, die gesellschaftlichen Stoffumsätze mehr als bisher an die Größenordnungen anzupassen, die in Ökosystemen umgesetzt werden. Dass hier eine große Diskrepanz vorliegt wird deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass der jährliche Verbrauch von Erdöl und Erdgas, der globalen Lebensleistung von mehreren hunderttausend Jahren Plankton-Population entspricht (Steininger 2017). Es wird deshalb darauf ankommen, die in diesen Ökosystemen umgesetzten Stoffmengen und die Zeit, in der sie umgesetzt werden, zu berücksichtigen. Konkret heißt das, sich auch auf die Anfänge bioökonomischen Denkens zu besinnen, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts entstanden und dem gedanklichen Umfeld von Dennis und Donella Meadows zuzuordnen sind. Die Botschaft der Eheleute Meadows in ihren 1972 mit »Die Grenzen des Wachstums« betitelten Bericht des Club of Rome (Meadows 1972) war, dass auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen ein grenzenloses Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum nicht möglich ist.
Diesem ursprünglichen bioökonomischen Denken sind auch die Arbeiten von Ökonomen wie Nicholas Georgescu-Roegen (Georgescu-Roegen 1987) und Herman Daly (Daly 1968; Daly 2015) zuzurechnen. Sowohl Daly wie auch Georgescu-Roegen entwickelten bioökonomische Wirtschaftsmodelle, die sich an thermodynamischen Prinzipien orientieren. Ihre Modelle können als Vorläufer heutiger Vorstellungen über eine Postwachstumsökonomie betrachtet werden. Sie hängen eng mit dem Nachhaltigkeitsdenken zusammen. Mit dem Begriff der Bioökonomie sollte ursprünglich der biologische Ursprung aller Wirtschaftsprozesse hervorgehoben und auf den begrenzten Vorrat ungleich verteilter natürlicher Ressourcen hingewiesen werden. In dieser Lesart der Bioökonomie ist die Erneuerung der Ressourcen, die für wirtschaftliche Zwecke verwendet werden, der entscheidende Aspekt. (Giampietro 2019). Es wird deshalb nicht ausreichen, ressourceneffizient zu wirtschaften. Zusätzlich gefragt sind auch Konsistenz- und Suffizienzstrategien.