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Wort und Abendmahl
ОглавлениеDie Konzentration des liturgischen Lebens auf das Wort wirkt sich auch auf das Verständnis und die Feier des Abendmahls aus. Während Martin Luther ausgehend von den Spendeworten Jesu das Primat des Wortes gegenüber dem Sakrament herausstellt,5 verdeutlicht für Huldrych Zwingli insbesondere Joh 6,63 die Präferenz des Wortes gegenüber dem äußerlichen Ritus und seinen Elementen. Deshalb ordnet Zwingli in Zürich an, dass bei jeder Abendmahlsfeier als Evangelium Joh 6,47–63 gelesen werden soll.
Wenn man bedenkt, dass das Abendmahl in Joh 6 gar nicht im Blick ist, dann verliert eine abendmahlskritische Deutung von Joh 6,63 ihre Basis. Wohl aber lässt sich mit Zwingli im Anschluss an diesen Vers die Gleichwertigkeit von Abendmahls- und Predigtgottesdienst begründen. Weil „die menschlich sel von dem wort, das us dem mund gottes kumt, aller meist gespyst und läbendig wirt“ (CR 90,129), stellt der Predigtgottesdienst gegenüber dem Abendmahlsgottesdienst kein defizitäres Geschehen dar. Denn in jenem kann sich ereignen, was auch der Sinn von diesem ist, nämlich das geistliche Essen des Leibes Christi.
Während sich dieses geistliche Essen sowohl im Predigt- als auch im Abendmahlsgottesdienst ereignen kann, ist der Abendmahlsgottesdienst dadurch ausgezeichnet, das in ihm das geistliche Geschehen durch das sakramentale Essen bezeugt wird und so sämtliche Sinne des Menschen angesprochen werden. Deshalb hat Zwingli dem Gebot Jesu entsprechend an der Feier des Abendmahls nicht nur festgehalten, sondern mit der Einführung von vier Gemeindekommunionen im Jahr die Kommunionhäufigkeit sogar erhöht. Aber gerade weil im Abendmahl Sichtbares dargereicht wird, kann es den Menschen verführen, sein Vertrauen auf Kreatürliches zu setzen und so seinen Glauben zu verlieren. Deshalb wollte Zwingli bei jeder Abendmahlsfeier Joh 6 als Evangelium vorgetragen wissen. Die Lesung hat bei ihm die Funktion, die in anderen Liturgien das Sursum corda hat: Wir sollen unsere Herzen zum Himmel erheben und auf Christus ausrichten, der das Brot des Lebens ist, das vom Himmel kommt.