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Leben in Christus – heute

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Die häufig gestellte Frage nach der Aktualität christlicher Spiritualität wirkt – nach diesen Ausführungen – ambivalent. Angesichts der starken kulturellen, technischen und mentalen Veränderungen der letzten Jahrzehnte ist sie berechtigt. Unterschwellig schwingt auch die Frage mit, welche Formen christliche Spiritualität annehmen sollte, damit sie den Menschen von heute anspricht. Doch beide greifen zu kurz, solange es bei einer bloßen Rede „über“ Geist und Leben bleibt.

Die Worte Jesu in Joh 6 erlauben keine „Vogelperspektive“. Sie fordern heraus, heute wie damals: „Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören?“ (Joh 6,60) Es gibt nur das Sich-Ansprechen-Lassen, das Aufnehmen der „Worte, die Er zu mir gesprochen hat“ als „Geist und Leben“. Die christliche „Spiritualität“ wird deshalb immer neu sein, weil es darin um ein ständig neues, tief personales, einmaliges Leben Christi mit jedem/jeder von uns geht. Die spirituelle Glaubenstradition ist zwar der ekklesiale Strom, in dem meine Erfahrung entsteht und gedeiht. Doch keine noch so schöne und heilige spirituelle Tradition wird mich der Verantwortung entziehen, selbst in das „Leben und (den) Geist“ Christi einzusteigen, d.h. selbst heilig zu werden. Das ist wahrscheinlich die schwierigste Herausforderung unserer Zeit: die auch in dem spirituellen Segment sich überbordende Informationsflut durch Unterscheidungskraft zu überwinden und – am besten durch einen geistlichen Begleiter – in das echte „Leben“ und in den wahren „Geist“ einzusteigen. Die gesamte orthodoxe Ikonographie vermittelt übrigens dies: selbst einzusteigen ins Mysterium der Heiligkeit, in diesen endlosen, fröhlichen Reigentanz der Heiligen.

Die Aktualität der christlichen Spiritualität ist, erstens, für jede(n) von uns, biographisch angelegt: Ich kann nur glauben, dass Gott mich in diese Geschichtsepoche „hineingeworfen“ hat, weil diese Epoche für mich alles an Kreuz- und Auferstehungserfahrungspotenzial beinhaltet, um in ihm „Geist und Leben“ zu entfalten. Zweitens ist diese Aktualität seit der Auferstehung Jesu Christi eine für die ganze Menschheit andauernde. Der „achte Tag“ ist kein Zukunftsversprechen, er ist angebrochen, als der Sohn Gottes den Tod besiegt hat. Die Zeit zwischen Auferstehung und der zweiten Parusie Jesu Christi (die „Zeit der Kirche“) steht unter dem Zeichen des Wartens auf den Bräutigam und dies im Beistand des Heiligen Geistes, der uns bei diesem ekklesialen Wachehalten begleitet. Was zählt, sind also nicht die Formen, sondern die Wachsamkeit im Geiste.

1Vgl. dazu auch C. Stamoulis, Die Schönheit der Heiligkeit. Prolegomena zu einer philokalischen Ästhetik der Orthodoxie. Athen 2005.

2Vgl. Irenäus von Lyon, Adversus haereses, Buch V, Kap. 6.1 (FC 8/5), 57–59.

3Vgl. ebd., Buch V, Kap. 2,3 (FC 8/5), 37.

4Maximos der Bekenner, Gnostische Centurien, PG 90, 1108B, in: H. U. von Balthasar, Kosmische Liturgie. Einsiedeln 21961, 629.

5Problematisch wird es, wenn diese liturgisch, ikonographisch und architektonisch sich entfaltende Sehnsucht nach der Schönheit ihrem soteriologischen Ursprung nicht gerecht wird und Kitschformen annimmt. Über das Kitsch-Problem in der kirchlichen Ikonenkunst der letzten zwei Jahrzehnte vgl. Ioan Bizău, Incursiuni în teologia şi arta icoanei [Rumänisch], in: L. Uspensky u.a., Ce este icoana? Alba Iulia 2005, 171–182.

6A. Sofronie, Cuvântări duhovniceşti [Rumänisch]. Suceava 2013, 113.

7Ders., Starez Siluan. Mönch vom Berg Athos, Bd. 1. Düsseldorf 1980, 193f.

Geist und Leben 1/2015

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