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1. Adelige Karriere vom kurkölnischen Juristen zum Münsterer Domherren

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Der allgemeine Lebenslauf des späteren Fürstbischofs Ferdinand von Lüning für Corvey und Münster ist in den letzten Jahrzehnten relativ gut erforscht worden. Er begann für Ferdinand Hermann Maria von Lüning zu Niederpleis20 noch ganz in der Welt der Deutschen Reichskirche am 15. Februar 1755 auf der Burg Horbell, etwa 20 km von Köln entfernt in der Gemeinde Gleuel, heute ein Stadtteil der Gemeinde Hürth im Rhein-Erft-Kreis. Sein Vater war Johann Wilhelm von Lüning zu Niederpleis († Ostwig 1784) und seine Mutter Maria Odila, Geborene von Graugreben-Oberelem († Corvey 1807). Er war das dritte von wahrscheinlich sechs bis sieben Kindern und erhielt unter den damaligen Umständen eine standesgemäße und nach heutigen Maßstäben bestmögliche Erziehung, in der er zunächst das Kölner Drei-Königen-Gymnasium (Tricoronatum) absolvierte. Danach begann er keineswegs direkt mit einer geistlichen Karriere, sondern wurde Page am kurkölnischen Hof in Bonn, wohin seine Mutter gute Kontakte hatte. Nach diesem „standesgemäßem Praktikum“ studierte er Rechtswissenschaften an der 1737 gegründeten evangelischen Universität Göttingen. Anschließend erwarb er die erst juristische Praxis am Reichskammergericht in Wetzlar. Ab dem Jahre 1779 setzte der 24-jährige Jurist auf eine juristische Karriere am Hof des Kölner Kurfürsten Maximilian Franz von Österreich (1784-1801). Hier avancierte er vom Regierungsrat zum Mitglied des Oberappellationsgerichtes des Kölner Kurstaates.

Welche Umstände und Motive den erfolgreichen jungen Juristen dann bewogen haben, als Kleriker in den geistlichen Stand zu treten, ist direkt nicht bekannt, doch ist ein „juristischer Karriere-Stau“ nicht auszuschließen, da es Hinweis gibt, dass sich seine Hoffnungen auf das Präsidentenamt des Oberappellationsgerichtes nicht erfüllt haben sollen. So entschloss sich der 29-jährige, im Jahre 1795 in den geistlichen Stand zu treten, aber zunächst nur in der reichskirchlichen Epoche durchaus üblichen „vorsichtigen Form“. Genauer erhielt er am 23. Juni 1785 in der Hauskapelle des Kölner Weihbischofs Karl Aloys Graf von Königsegg-Aulendorf (1770-1796) dazu nur die Tonsur und nicht einmal die vier niederen Weihen. Und dann dauerte es noch fast sechs Jahre, bis ihm der Kölner Kurfürst Maximilian Franz, der zugleich seit 1784 auch Fürstbischof von Münster war, am 23. März 1791 eine Präbende im hochadeligen Münsterer Domkapitel übertrug, was ihm ein Einkommen auf geistlicher Basis sicherte.21

Für den weiteren geistlichen Aufstieg wurde im 18. Jahrhundert von adeligen Domherren ein „Auslandsstudium“ erwartet. Ferdinand von Lüning leistete dieses akademische „Biennium“ (genauer mindestens ein Jahr und sechs Wochen) in den Jahren 1791/92 in Rom nicht nur zum Vergnügen ab, sondern er hatte als ausgebildeter Jurist von seinem Vetter, dem Corveyer Abt Theodor Freiherr von Brabeck (†1794), einen besonderen Auftrag dazu bekommen. Denn die um das Jahr 815 gegründete Benediktiner-Abtei Corvey hatte bis zur Epoche des Barocks Blüte- und Verfallszeiten erlebt. Nachdem die Reichsabtei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an Bedeutungs- und Anziehungskraft verloren hatte, drohte eine vorzeitige Säkularisation. Um als Abtei im Erzbistum Mainz nicht aufgelöst zu werden, gab es nur die Alternative, sich vom Papst in ein Fürstbistum umwandeln zu lassen. Diesen Rettungsweg hat bereits im Jahre 1752 die Abtei Fulda zu einem Fürstbistum erfolgreich eingeschlagen.22

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