Читать книгу Friedlaender / Mynona und die Gestalttherapie - Группа авторов - Страница 28

3.5 Gestalttherapie und Mystik/Spiritualität

Оглавление

Wenn ich Friedlaender als philosophischen Mystiker verstehe und die Gestalttherapie von seiner Philosophie wesentlich beeinflusst ist, was hat das als Konsequenzen? Ist die Gestalttherapie eine spirituelle, gar mystische Form der Psychotherapie? Keineswegs! Die Gestalttherapie ist, wie alle Psychotherapieansätze, primär auf die Psyche bezogen und nicht wie Spiritualität und Mystik auf den Geist. In einem Artikel über die spirituellen Aspekte der Gestalttherapie (1999, 629) habe ich das so beschrieben:

»Die Gestalttherapie, vor allem wenn man sie von der Philosophie Friedlaenders her in ihren Prinzipien begreift, ist ausgesprochen geeignet, die spirituelle Thematik in ein umfassenderes, ganzheitlicheres Therapieverständnis mit einzubeziehen. Es sind dabei aber die grundsätzlichen Grenzen zwischen Psychotherapie und einer spirituellen Methode zu beachten und zu respektieren. Grob gesprochen bezieht sich Psychotherapie auf biographisch bedingte Störungen der Ich-Entwicklung, während Spiritualität auf die Transzendierung der ich-zentrierten Bewusstheit ausgerichtet ist. Wie jede andere Form von Psychotherapie prinzipiell kann die Gestalttherapie die Funktion der Öffnung und Überleitung zum Beschreiten eines konkreten spirituellen Weges haben, und, wenn notwendig, der flankierenden Begleitung. Aber sie kann sich nicht als Ersatz und Alternative dafür anbieten.«

Psycho-spirituellen Ansätzen, die spirituelle Traditionen aus allen Religionen und Kulturen auf Workshop-Format eindampfen, um sie damit angeblich noch effektiver zu machen, stehe ich heute noch kritischer gegenüber. Das ist anmaßend und arrogant und ohne ein Verständnis für das lebenslange Lernen in allen authentischen Wegen geistigen Lebens. Da gibt es keine Abkürzungen, nur Illusionen für sensation-seeker. Leider sind GestalttherapeutInnen nicht selten unter denen zu finden, die munter Psychotherapie mit allerhand dubiosen esoterischen Ansätzen verbinden.

Wenn ich behaupte, dass Fritz Perls die Struktur von polarer Differenzierung und Indifferenz von Friedlaender übernommen hat, dann meine ich, dass er sie auf die psychologische Ebene der Emotionen übertragen hat. Er hat damit nicht die existenziell tiefere – oder höhere? – Ebene im Fokus, um die es Friedlaender im Kern geht und die man mit Mystik in Beziehung setzen kann. Perls war beileibe kein Mystiker, auch wenn er ein gewisses Interesse für diese Aspekte hatte.

Wenn ich Friedlaenders Philosophie hier mit Mystik in Beziehung setze, dann geht es mir darum zu zeigen, wie existenziell tiefgehend und grundsätzlich sein Ansatz ist, im Blick auf das Thema Identität, wie auch auf Raum, Zeit und Materie, und nicht um der Gestalttherapie spirituelle Qualitäten zuzuschreiben.

Friedlaender / Mynona und die Gestalttherapie

Подняться наверх