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Das Vertrauen auf den innerwissenschaftlichen Diskurs

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Die dritte Großstrategie, die Gültigkeit von Aussagen zu fundieren, besteht darin, die Perspektivenvielfalt der Berufsgruppe zu nutzen – also auf den innerwissenschaftlichen Diskurs zu setzen, man vertraut auf ihn. Man rechtfertigt dann das, was man als gültige Erkenntnis vorstellt, nicht mehr damit, dass auf Verfahren oder die eigene Hellsichtigkeit verwiesen wird, sondern man tritt bescheiden zurück und sagt: »Ich habe meine Erkenntnisse in den wissenschaftlichen Diskurs eingespeist. Dort wurden sie durch die Mühlen des wissenschaftlichen Diskurses gedreht. Zwar weiß man nicht genau, welche Mühlen dort mahlen oder welche Körner zerkleinert werden, aber die Erkenntnis X ist dabei rausgekommen, und weil sie den Diskurs überstanden hat und übrig geblieben ist, muss sie auch gültig sein.« Hier zeigt sich das in diesem Ansatz eingelassene Vertrauen auf die soziale Kraft einer Professionsgruppe und in die in ihr eingelassene Perspektivenvielfalt. Die Macht, Gültigkeit zu verleihen, wird auf diese Weise nicht mehr an eine objektivierbare, kontrollierbare und intersubjektiv nachvollziehbare Prozedur (also an etwas Nicht-Subjektives) gebunden, sondern ausdrücklich dem Diskurs interessierter Wissenschaftler (und damit einem sozialen Prozess) überantwortet.

Alle drei hier besprochenen Großstrategien (Begründung durch Charisma, Verfahren oder Diskurs) versuchen mit dem Problem umzugehen, dass eine über sich selbst aufgeklärte Wissenssoziologie nicht mehr problemlos von der Gültigkeit ihrer Aussagen sprechen kann, insbesondere dann nicht, wenn sie für die Gesellschaft Planungswissen zur Verfügung stellen will bzw. soll.

Es ist nun müßig, (erneut) die Frage ernsthaft zu diskutieren, ob die o. g. Verfahren wirklich in der Lage sind, unsere Perspektivität zu beseitigen. Denn es kann keinen Zweifel daran geben, dass sie dazu nicht in der Lage sind: Keines dieser Verfahren vermag es, den Schleier von den Sachen selbst wegzuziehen, also einen Zugang zur wirklichen Wirklichkeit zu ermöglichen.

Gibt man nun aber die Utopie einer wissenschaftlichen Aufklärung bis zur letzten Konsequenz auf und akzeptiert, dass mit einem gewissen Maß an Vagheit (auch als Wissenschaftler) durchaus gut zu leben ist, dann dreht die Methodologiedebatte nicht mehr (ohne vorwärts zu kommen) durch, sondern kann durchaus gute von weniger guten Argumenten unterscheiden. Denn es gibt nicht nur die Alternative zwischen der absoluten Aufklärung auf der einen und der Blindheit auf der anderen Seite, sondern man kann auch, wenn man nicht alles sehr klar sieht, mit entsprechenden Vorkehrungen immer noch ganz gut seinen Weg finden.

Die entscheidende Frage, die wir uns stellen müssen, lautet deshalb, wie aus sozialwissenschaftlicher Perspektive explizite Qualitätskriterien für die Zuverlässigkeit der Datenerhebung, für die Repräsentativität der Datenauswahl und für die Gültigkeit der (generalisierten) Aussagen bestimmt und kanonisiert werden können, die jedoch nicht an den (zu Recht fragwürdigen) Idealen einer kontextfreien Sozialforschung orientiert sind, sondern z. B. auch das Wechselspiel von Forschern und Beforschten, Forschung und gesellschaftlicher Verwertung bzw. Anerkennung und auch die Besonderheiten der »social world« (Strauss 1991b, vgl. auch Strauss 1991a) der Wissenschaftler mit reflektieren.

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