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Deuten als schrittweise Sinnrekonstruktion

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Methodisch verfolgt eine hermeneutische Wissenssoziologie bei der Interpretation von Bildern folgenden Weg: Die Daten werden entlang der oben vorgeschlagenen Differenzierung möglichst genau deskribiert. Der so entstandene Text enthält dann eine fixierte und nach wissenschaftlichen Standards codierte Version des beobachteten Bildes, er ist ein formalisiertes Protokoll dieser Beobachtung. Eine hermeneutische Wissenssoziologie schlägt nun vor, dieses Beobachtungsprotokoll als Feldprotokoll zu betrachten und mit dem auch von der Grounded Theory entwickelten Verfahren (vgl. z. B. Strauss 1991) zu behandeln.

In der Anfangsphase wird das Beobachtungsprotokoll, also der Bildtext, offen codiert, will sagen: das Dokument wird extensiv und genau analysiert »und zwar Zeile um Zeile oder sogar Wort für Wort« (Strauss 1991, S. 58). Entscheidend in dieser Phase ist, dass man noch keine (bereits bekannte) Bedeutungsfigur an den Bildtext heranführt, sondern mithilfe des Textes möglichst viele, mit dem Text kompatible Lesarten des Bildes konstruiert.

In der Phase des offenen Codierens sucht man nach größeren Sinneinheiten, die gewiss immer schon theoretische Konzepte beinhalten bzw. mit diesen spielen und auf sie verweisen. Hat man solche gefunden, sucht man in der nächsten Phase der Interpretation nach höher aggregierten Sinneinheiten und Begrifflichkeiten, welche die einzelnen Teileinheiten verbinden. Außerdem lassen sich jetzt im Sinne eines »Theoretical Samplings« (Strauss 1991, S. 70; → Wegener/Mikos, S. 220 ff., → Lampert, S. 596 ff.) gute Gründe angeben, weshalb man welche Bilddaten neu bzw. genauer nacherheben sollte. Man erstellt also in dieser Phase der Interpretation neue Beobachtungsprotokolle, wenn auch gezielter. So regt die Interpretation die weitere Datenerhebung an, aber zugleich, und das ist sehr viel bedeutsamer, wird die Interpretation durch die nacherhobenen Daten falsifiziert, modifiziert, erweitert oder bestätigt.

Demnach werden Beobachtungsprotokolle in einem gerichteten hermeneutischen (und auch selbstreflexiven) Deutungsprozess in mehreren Phasen so codiert, dass die Elemente der Beobachtung und der Beobachtungstexte sich zu einem bedeutungsvollen Ganzen zusammenfügen. Am Ende ist man angekommen, wenn ein hoch aggregiertes Konzept, eine Sinnfigur gefunden bzw. mithilfe des Bildtextes konstruiert wurde, das alle Elemente zu einem sinnvollen Ganzen integriert und im Rahmen einer bestimmten Interaktionsgemeinschaft verständlich macht.

Qualitative Medienforschung

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