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Gattungstheorien

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Mit dem Gattungs- bzw. Genrebegriff, der in einer Vielzahl von Wissenschaftsdisziplinen – von der Biologie über die Sprachwissenschaften bis hin zur bildenden Kunst und Literaturwissenschaft – Verwendung findet, sind in den jeweiligen Wissenschaften recht unterschiedliche Vorstellungen verbunden. Gemeinsam ist den insgesamt höchst heterogenen Gattungskonzepten, dass sie sich in erster Linie als Klassifikationssysteme verstehen. Im Bereich der Medienwissenschaften zielen Gattungskonzepte dementsprechend darauf ab, Formen technisch vermittelter Kommunikation zu differenzieren und zu charakterisieren.

Die Gattungsforschung im Bereich der Kommunikation blickt auf eine lange Tradition zurück. Untersuchungen von »genera dicendi« in der Rhetorik und Forschungen zur biblischen Formengeschichte in der Theologie sind erste Anfänge. Im 20. Jahrhundert bildeten sich dann recht unterschiedliche Strömungen heraus. Die bekannteste und umfangreichste ist die literaturwissenschaftliche Gattungsforschung, die sich vorwiegend auf schriftsprachlich konstituierte Texte der Hochkultur konzentriert. Die medienwissenschaftliche Gattungsforschung lehnt sich in einem hohen Maß an literaturwissenschaftliche Gattungs- und Genrekonzeptionen an. So sieht etwa David Duff (2000) einen engen Zusammenhang zwischen literarischen und filmischen Gattungen, wenn er den Begriff des Genres wie folgt erläutert:

»A recurring type or category of text, as defined by structural, thematic and/or functional criteria. A term increasingly used in the classification of non-literary (and non-written) as well as literary texts; notably films and media programmes.« (ebd., S. xiii)

Einigkeit herrscht in der Medienwissenschaft vor allem darin, dass Klassifizierungen für kommunikative Formen auf gemeinsamen Merkmalen beruhen, die sich vor dem Hintergrund typischer Stoffgruppen, Themen, Motive und Erzählmuster ergeben (vgl. Schweinitz 1994). Die zahlreichen filmwissenschaftlichen Genreanalysen haben sich entsprechend mit den klassischen Genres des Kinos und ihren Transformationen beschäftigt. Auch in der sprachwissenschaftlichen Forschung entwickelten sich diverse Richtungen, die sich mit Textgattungen befassen. Insbesondere Ansätze innerhalb der angewandten Linguistik beziehen sich – ähnlich wie die der literaturwissenschaftlichen Tradition – auf schriftsprachlich konstituierte Texte. Texte werden in aller Regel daraufhin untersucht, inwieweit sie einer prototypischen Gattung entsprechen. Erst im Rahmen der Textlinguistik wurden auch mündliche Textgattungen in die Analysen miteinbezogen. Anders hingegen verfahren Forschungsrichtungen, die ihren Forschungsgegenstand vor allem – aber nicht ausschließlich – in mündlichen Formen der Kommunikation sehen, wie etwa die folkloristische bzw. volkskundliche Gattungsforschung. Besonders zu erwähnen ist hier die Untersuchung von André Jolles (1974) zu »einfachen Formen« der Rede, die für das Konzept der Theorie kommunikativer Gattungen eine wichtige Inspirationsquelle darstellte. Aus der Tradition der linguistischen Anthropologie ist darüber hinaus die von Dell Hymes geprägte Forschungsrichtung der Ethnographie der Kommunikation zu nennen, deren zentrales Anliegen eine Beschreibung des Sprechens in sozialen Situationen ist. Dell Hymes (1979) ging es vor allem darum, dass sprachliche Strukturen und sozialer Kontext immer in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander begriffen werden müssen (vgl. dazu auch Gumperz/Hymes 1964). Auch von diesen Studien gingen entscheidende Impulse für das soziologische Konzept der kommunikativen Gattungen aus.

Qualitative Medienforschung

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