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Wir können übrigens so trainieren, dass das Pferd kaum Fehler macht. Übe Neues in kleinen Schritten, sodass das Pferd die Chance hat, diese Einzelschritte sofort richtig zu machen und dafür belohnt zu werden. Passiert etwas Unerwünschtes, wird dies einfach ignoriert. Sag nicht „Nein“, sag gar nichts. Plane deine Übungen im Voraus ohne viele Stolpersteine. Dieser Punkt ist ein zentrales Element guten Trainings, bitte präge ihn dir gut ein.

Ignoriere Fehler, indem du schlicht nicht (!) reagierst auf das, was das Pferd da macht. Danach fragst du erneut nach dem Verhalten, das du sehen willst.

Ein guter Fahrlehrer erklärt einem Neuling in Ruhe die einzelnen Schritte der Bedienung des Autos und lässt ihn gemütlich üben, sodass möglichst wenig frustrierende Ereignisse auftreten. Genauso soll es beim Pferdetraining sein.

PLANEN

Hier ein Beispiel und ein Gegenbeispiel für möglichst fehlerloses Lernen. Jupiter soll auf der Matte anhalten. Sandra könnte auf zwei Arten vorgehen:

Keine Planung:

Sandra startet, ohne sich vorher einen Fahrplan zu machen. Sie geht selbst über die Matte und versucht, Jupiter mitzuziehen (Abb. S. 41 links). Das Pferd hat Vorbehalte gegen die Matte, weswegen nicht viele Ereignisse auftreten, die Sandra belohnen könnte. Stattdessen treten einige ungewollte Verhalten auf.

Vorausschauende Planung:

Sandra geht immer nähere Bögen an der Matte vorbei. Viele Belohnungen sind drin! Sandra und Jupiter nähern sich mit jeder Runde mehr, bis sie gemeinsam über einen Zipfel und dann über die ganze Matte gehen können (Abb. S. 41 rechts). Danach erhöht Sandra ihre Anforderung und belohnt kurzes Anhalten auf der Matte. Der Lernprozess läuft ohne Fehler ab.

EXTINKTION (LÖSCHUNG)

Wird ein Verhalten nicht beachtet und nicht belohnt, hören Individuen über kurz oder lang damit auf, da sich das Verhalten nicht lohnt. Das ist beim Pferd so, beim Hund, bei Menschen und allen anderen Spezies. Dieses Phänomen wird Extinktion [45] (Löschung) genannt. Unerwünschtes Verhalten verschwindet also, ohne dass man korrigierend auf das Tier einwirkt. Hündin Quitte zeigt uns, was gemeint ist (alle drei Abb. S.44).

Die Extinktion ist auch der Grund, warum es sich lohnt, auf richtiges Verhalten zu warten, wenn doch mal ein „Fehler“ passiert. Das Tier probiert verschiedene Bewegungen aus, nur die richtige wird belohnt. Anderes Verhalten ist einfach nur unökonomisch („Warum Energie reinstecken, wenn es dafür nichts gibt?“) und wird über kurz oder lang gelöscht. Die Extinktion hat aber einen Nachteil. So manches Verhalten wird nicht vollständig gelöscht oder tritt nach einer Weile doch wieder auf. Je nach Typ würde solch ein Hund, Pferd oder Mensch ggf. hartnäckig daran festhalten, dass eine Sache „doch eben noch funktioniert hat!“ Daher trainieren wir lieber so, dass kaum ungewollte Verhalten entstehen, die man später wieder löschen muss, damit möglichst wenig Frust im Spiel ist.

Quitte und das Spielbrett.

OBEN: Versuch und Irrtum. Mit der Pfote bewegt Quitte versuchsweise die Holzscheiben, um so an Futter zu gelangen. MITTE: Extinktionsausbruch: Das Spielzeug klemmt. Sie verstärkt ihre Bemühungen und trommelt mit den Pfoten. UNTEN: Extinktion. Quitte kann das klemmende Fach nicht öffnen und gibt auf. Das Verhalten wird also gelöscht. Wie man sieht, ist hierbei etwas Frust im Spiel.

SHAPING:
HOL MEHR AUS DEINEM PFERD HERAUS

Beim Free Shaping [51] (freies Formen) belohnt man kleinste Einzelschritte, die das Pferd in die richtige Richtung bringen. Danach muss man nur noch die Schritte zu einem Ganzen zusammenfügen (Chaining).

Wirklich freies Formen liegt, streng genommen, nur dann vor, wenn das Pferd ganz von allein darauf kommt, wie es sich den Click verdienen kann. Ein Beispiel ist das Kopfsenken: Man wartet, dass das Pferd zufällig den Kopf ein wenig senkt, und bestärkt diesen Moment. Dann ein bisschen mehr und so weiter. Free Shaping hat den Nachteil, dass dem Pferd die Anhaltspunkte fehlen und es teilweise lange dauert, bis das Pferd belohnt werden kann. An dieser Stelle könnte es schnell aufgeben, was wir um jeden Preis vermeiden wollen. Wir arbeiten beim Okapi-Training® daher mit kleinen Hinweisen: das Pferd wird durch kleine Zeichen (Zwei Abb. S. 45 rechts unten) motiviert, in eine bestimmte Richtung zu denken. Welche Zeichen das sind, zeigen wir im Verlauf jeder einzelnen Übung.

Angenommen, du möchtest dein Pferd rückwärtsgehen lassen, willst aber nicht auf einen zufälligen Schritt nach hinten warten. Wähle eine Geste aus, die ein leichtes Zurückwiegen des Pferdes erzeugt. Vielleicht drückst du die Hand auf die Pferdenase, presst den Finger leicht vor das Buggelenk (Abb. S. 46) oder Ähnliches. Das kleinste (!) Zurückwiegen belohnst du sofort. Verstärke kleinste Fortschritte. Erzeuge noch mehr Rückwärtstendenz, indem du die fütternde Hand ein wenig in Richtung Brust führst. Die Position der Belohnung wird Futterpunkt genannt. Zwang ist nicht nötig, Unannehmlichkeiten wie ein Wedeln mit Strick oder Peitsche entfallen.

CHAINING

Verkettet man erlernte Teilschritte, wird dies Chaining (Abb. S.47 Mitte links) genannt. Wir erklären dir das Chaining bei einzelnen Okapi-Übungen näher. Hier ein paar Hinweise, die beim Shaping und Chaining helfen [27]:

• Immer nur einen Schritt trainieren. Versuche nicht, mehrere Bewegungen gleichzeitig zu formen. Verkette die Teile erst, wenn die Einzelschritte sicher sitzen.

• Mache kleine Teilschritte. So winzig klein, dass dein Pferd immer die Möglichkeit hat, sich die nächste Belohnung leicht zu verdienen. Gehe erst zum nächsten Schritt über, wenn das Pferd den letzten Schritt sicher verstanden hat. Belohne den kleinsten Versuch beim neuen Schritt.

• Wenn du den nächsten Schritt in Angriff nimmst, passiert es manchmal, dass sich der vorige Schritt ein bisschen verschlechtert. Das ist ganz normal und geht wieder weg. Entspannt bleiben!

Ein Beispiel: Du übst, dass dein Pferd seinen Rumpf zur Aufstieghilfe dreht. Gestern konnte dein Pferd es von rechts. Heute übst du es von links. Dann noch mal von rechts. Dein Pferd scheint plötzlich vergessen zu haben, wie das ging (Abb. S. 47 oben links)! Das ist überhaupt kein Problem. Es ist normal. Delfintrainer bezeichnen dies als „Neuer-Wassertank-Syndrom“ [27]: Zieht ein trainierter Delfin in einen neuen Wassertank um, kommt es vor, dass er erst einmal vergisst, was er gelernt hat, bis er sich auf die neue Situation eingestellt hat. Genauso ist es für dein Pferd. Zeigt sein Hinterteil an der Aufstieghilfe plötzlich in die andere Richtung, muss es sich erst an die neue Situation gewöhnen. Das liegt daran, dass Pferde, genau wie Hunde oder Menschen, standortbezogen lernen. Versuche nicht, das zu korrigieren, übe unbeirrt weiter. Wenn die Übung von rechts wieder klappt, arbeitest du übermorgen an der Unterscheidung von rechts und links. -


Durch Shaping und Chaining erlernt das Pferd den isometrischen Squat, die Versammlung im Stehen.

Kleiner Hinweis reicht: Rückwärts, Schritt für Schritt verstärkt.

• Wenn du nicht weiterkommst, ändere die Strategie. Viele Wege führen nach Rom. Klappt es nicht auf die eine Art, klappt eine andere Methode. Ausprobieren!

• Höre nicht einfach ohne Belohnung auf, das wäre negative Strafe. Lass das Pferd zum Ende noch einen kleinen Erfolg haben, den du belohnst. Das kann auch eine andere Übung sein – egal! Erreicht ihr heute nicht das, was ihr euch vorgenommen habt, ist das gar nicht schlimm. Dein Pferd verankert nicht nur seine letzte Tätigkeit in seinem Kopf. Es durchdenkt bis morgen alles, was ihr heute zusammen geübt habt. Du wirst sehen: Morgen klappt es schon besser.

TARGETTRAINING

Verwendet man ein Zielobjekt, das das Pferd mit Gesicht, Maul, Schulter, Hüfte oder dem Bein berühren soll, nennt man dieses Objekt auch Target. Das kann ein Stab mit einer Kugel sein, unsere Hand oder irgendein anderes Objekt. Schon junge Fohlen können mit einem Target trainiert werden [46]. Targets sind elegante Hilfsmittel, um ein Körperteil des Pferdes in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Zuerst übt man, dass das Pferd das Körperteil ein kleines bisschen auf das Objekt zu bewegt, dann ein bisschen mehr und so weiter. Auch die Seitengänge kann man anhand eines Targets trainieren. Indem das Pferd lernt, seine Hüfte in Richtung des Targets, in unserem Fall die Spitze des Sticks, zu bewegen (Abb. S. 47 Mitte rechts), lernt es das Kruppeherein. Wie man mit einem Target trainiert, findest du unter ( Erste Übung: Etwas berühren (Target)).

Hinweis geben: Geringer Druck vor der Schulter erzeugt leichtes Zurückwiegen. Das genügt.

Wie ging das noch mal? Fuchsi hat kurzzeitig vergessen, was sie machen soll.

Shaping und Chaining: Für einen halben Apfel malt Jupiter ein Bild. Hierfür wurden mehrere Verhalten verkettet.


Chaining: Für das Hinlegen werden mehrere Schritte verkettet: Anwinkeln beider Vorderbeine, Absinken, Hinlegen. Wie das geht, erfährst du im Übungsteil.


Tona berührt die Bürste mit der Lippe. Die Bürste ist das Target.

Fuchsi traversiert auf den Stick zu. Sie bewegt ihre rechte Kruppe in Richtung der Spitze des Sticks. Wie man das trainiert, findest du im Übungsteil.


Aufbau einer Dauer: Fuchsi liegt, berührt das Hand-Target und wird dafür belohnt. Sie lernt, auf die Hand zu warten. Sie bleibt länger liegen.

Mach mich stark!

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