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2.1 Biologische Risikofaktoren

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Bei der sozialen Ängstlichkeit ist von einer familiären Transmission auszugehen. Das bedeutet, dass diese Störung von Generation zu Generation in einer Familie weitergegeben wird, wobei sowohl genetische als auch soziale, also umweltbezogene, Faktoren zusammenwirken.

Dem Temperamentsmerkmal Verhaltenshemmung kommt bei der Entwicklung sozialer Angst eine bedeutende Rolle zu. Verhaltenshemmung kann als biopsychisches Konstrukt betrachtet werden. Auf der biologischen Seite gibt es seit den Untersuchungen Ende der 1980er Jahre von Kagan und Mitarbeitern zur Verhaltenshemmung eine Reihe von Studienergebnissen, die eindeutig neurobiologische Grundlagen der Entstehung von sozialer Angst belegen (einen Überblick dazu geben Büch et al., 2015). Typisch ist eine erhöhte Reaktionsbereitschaft der Amygdala und des sympathischen Systems, was sich vor allem in sozialen Situationen äußert, besonders, wenn diese unvertraut, fremd und unvorhersehbar sowie mit einer tatsächlichen oder vermeintlichen Bewertung verknüpft sind. Die erniedrigte Erregungsschwelle der Amygdala führt dann bei Kindern mit Verhaltenshemmung leicht zu einem Anstieg der Herzfrequenz sowie zur vermehrten Produktion von Noradrenalin und Speichel-Cortisol (Kagan et al., 1998; Petermann & Suhr-Dachs, 2013). Da diese physiologischen Reaktionen genetisch prädisponiert sind (als mögliches Kandidatengen wird das Corticotrophin-Releasinghormon-Gen diskutiert; Smoller et al., 2005), haben sie eine lebenslange Bedeutung. Daraus kann gefolgert werden, dass das Temperamentsmerkmal Verhaltenshemmung eine hohe Vorhersagekraft für eine später sich entwickelnde Störung mit sozialer Ängstlichkeit hat. Dies konnten Hirshfeld-Becker et al. (2007) in ihrer Längsschnittstudie zeigen. Sie untersuchten Kinder im Alter von 21 Monate bis sechs Jahre, ob bei ihnen eine Verhaltenshemmung vorliegt. Nach fünf Jahren konnten von den ursprünglich 284 Kindern 215 zum zweiten Mal untersucht werden. Bei 22 % der Kinder mit einer Verhaltenshemmung sagte diese eine soziale Angst voraus, hingegen nur bei 8 % der Kinder ohne dieses Temperamentsmerkmal. Es liegt also eine deutlich genetische, das heißt angeborene ursächliche Komponente des Temperamentsmerkmals Verhaltenshemmung vor. Ob jedoch dieser genetische Anteil zum Tragen kommt, hängt nicht unwesentlich von den sozialen Einflüssen ab. Und hier sind elterliche (Erziehungs-) Verhaltensweisen sowie Vorbildwirkungen, insbesondere mütterliches Verhalten in Abhängigkeit ihrer eigenen psychischen Belastung und Probleme, von Bedeutung (vgl. Abschnitt 2.3).

Erkennen lässt sich das Merkmal Verhaltenshemmung vor allem an schüchternem und Rückzugsverhalten. Rückzugsverhalten bedeutet, dass diese Kinder in unvertrauten sozialen Situationen mit fremden Personen bestehende Aktivitäten oder Gespräche mit vertrauten Menschen unterbrechen und, wenn möglich, sich an ihre vertraute Kontaktperson klammern. Können sie ein solches soziale Ereignis vorhersehen, versuchen sie, die Situation zu vermeiden.

Schüchterne und sozial ängstliche Kinder in der Schule

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