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2.1 Neuroanatomie Definition: Plastizität

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Das zentrale Nervensystem ist plastisch und in der Lage sich an veränderte Anforderungen anzupassen und dadurch auf Veränderungen in der Umgebung des Organismus zu reagieren. Die neuronalen Verbindungen sind nicht starr und invariabel, sondern befinden sich in einem stetigen Wandel durch z. B. Lernprozesse oder Apoptose. Auch die Effizienz der synaptischen Übertragung kann sich verändern. Eine Verstärkung der synaptischen Übertragung wird long-term potentiation (LTP) und eine Verringerung long-term depression (LTD) genannt (Bliss und Collingridge 1993). Diese Synaptische Plastizität kann die Transmission von Neurotransmittern und/oder Verfügbarkeit von Rezeptoren auf der Postsynapse beeinflussen und so auch strukturelle Veränderungen induzieren.

Verschiedene bildgebende Verfahren haben gezeigt, dass Patienten mit BS strukturelle Unterschiede in verschiedenen Hirnregionen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aufweisen. Es zeigten sich Veränderungen in corticalen Regionen, hauptsächlich eine Verringerung des Volumens der grauen und weißen Substanz, und eine Verringerung der corticalen Dicke im präfrontalen, anterioren, temporalen Cortex und der Insula. Des Weiteren liegt eine verringerte graue Substanz, insbesondere im rechten ventrolateralen präfrontalen und orbitofrontalen Cortex und eine reduzierte Anzahl von Gliazellen innerhalb des anterioren cingulären Cortex (ACC) vor (Arnone et al. 2009; Freund und Juckel 2019; Hanford et al. 2016; Harrison et al. 2018). Aber auch subcortikale Regionen sind betroffen. Dazu zählen ein verringertes Volumen der Amygdala und des Hippocampus sowie ein verändertes Volumen des Striatums. Bipolare Patienten weisen eine reduzierte Dichte von Neuronen innerhalb einzelner Subregionen der Amygdala auf. Jedoch ist die neuronale Dichte der gesamten Amygdala unverändert. Im Hippocampus ist ebenfalls eine Reduktion von nicht-pyramidalen Neuronen zu beobachten. Interessanterweise konnten einige strukturelle Unterschiede zwischen Patienten mit BS I und BS II gefunden werden (Abé et al. 2016). Anhand dieser ganzen Veränderungen ist die Hypothese entstanden, dass strukturelle Veränderungen in Gehirnarealen, die das emotionale Verhalten modulieren, zur Entstehung der BS beitragen. Diese Hypothese besagt, dass es während der Entwicklung beim Aufbau gesunder neuronaler Netzwerke zu einer verringerten Konnektivität zwischen dem Netzwerk des ventralen präfrontalen Cortex und den der limbischen Regionen, insbesondere der Amygdala, kommt. Dieses fehlerhafte präfrontale Amygdala Netzwerk führt zum Start der Manie und letztendlich mit fortschreitenden strukturellen Veränderungen zu einem bipolaren Krankheitsverlauf (Strakowski et al. 2012). Die strukturellen Veränderungen gehen auch mit Aktivitätsveränderungen einher. So wurden sowohl eine verringerte, aber auch erhöhte globale Aktivität des Gehirns in bipolaren Patienten festgestellt. Unipolar, aber auch bipolar depressive Patienten weisen eine reduzierte dorsolaterale-präfrontale Aktivität und eine erhöhte Aktivität der Amygdala auf (Fournier et al. 2013a; Fournier et al. 2013b). Insgesamt geht man davon aus, dass die strukturellen Veränderungen durch eine Fehlregulation der Plastizität des Gehirns auf molekularer Ebene zurückzuführen sind.

Neurotrophe Faktoren, wie z. B. brain-derived neurotrophic factor (BDNF), sind entscheidend für die strukturelle Plastizität im zentralen Nervensystem. Sie sind notwendig für die Differenzierung von Neuronen während der Entwicklung, tragen aber auch zum neuronalen Überleben und Plastizität, verdeutlicht durch z. B. Synaptogenese, im erwachsenen Gehirn bei. BDNF ist maßgeblich an synaptischer Plastizität beteiligt und kann neuroprotektiv wirken. Wenn davon ausgegangen wird, dass strukturelle und neuroplastische Veränderungen zur Pathophysiologie der BS gehören, kann davon ausgegangen werden, dass die Wirkmechanismen der Medikamente diesen Veränderungen entgegenwirken oder diese umkehren. Ein möglicher Wirkmechanismus dies zu erreichen wäre die Hochregulation von neurotrophen Faktoren (Duman 2002). In der Tat konnte die wiederholte Gabe von Antidepressiva die Expression von BDNF im Hippocampus von Ratten erhöhen (Russo-Neustadt et al. 1999). Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass BDNF als Bindeglied zwischen Antidepressivum und neuroplastischer Veränderung fungiert, welche in Zusammenhang mit einer Verbesserung der depressiven Symptome stehen (Björkholm und Monteggia 2016; Castrén und Kojima 2017). Im Tiermodell hatte eine direkte Injektion von BDNF in den Hippocampus einen antidepressiven Effekt, welcher mit einer chronischen Behandlung mit Antidepressiva vergleichbar sind (Shirayama et al. 2002). Jedoch konnte dieser Verhaltenseffekt nicht in Mäusen mit reduzierter BDNF-Expression rekapituliert werden (Saarelainen et al. 2003). Dies deutet daraufhin, dass BDNF für die anitdepressive Wirkung notwendig ist. Eine Veränderung der Expression von BDNF kann weitreichende Folgen auf die Stimmung und das Verhalten von Tieren haben. BDNF haploinsuffiziente Mäuse zeigen manie-ähnliches Verhalten, welches in Hyperaktivität, erhöhter Aggression und Appetit widergespiegelt wird (Lyons et al. 1999). Diese transgenen Mäuse weisen ein verringertes Volumen des Hippocampus auf und ihre CA3 dendritischen Ausläufern ähnelten gestressten wildtypischen Tieren (Magariños et al. 2011). Dies spricht für eine entscheidende Rolle von BDNF für das remodeling von Neuronen. Gleichzeitig zeigt es, dass Stress die Expression von BDNF beeinflusst. Chronischer Stress reduziert die BDNF Expression (Lippmann et al. 2007) und führt zu neuronaler Atrophie (Duman et al. 2016; Magariños et al. 2011). Über einen längeren Zeitraum reduzierter BDNF-Spiegel wird mit Lern- und Gedächtnisstörungen sowie depressions-ähnlichen Verhalten assoziiert. Tatsächlich konnte mehrfach gezeigt und repliziert werden, dass der BDNF Spiegel im Plasma von depressiven Patienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung signifikant reduziert ist (Molendijk et al. 2014; Sen et al. 2008). Nach erfolgreicher Therapie kommt es zu einer Normalisierung des BDNF-Spiegels im Plasma.

Lithium hat ebenfalls einen Einfluss auf die synaptische Plastizität. So führte die Gabe von Lithium in relevanter Dosis zu keiner Veränderung der ursprünglichen Transmission, jedoch zu einer Inhibition der Induktion der LTD (Peineau et al. 2007). Des Weiteren ist Lithium in der Lage unzureichende LTPs in glycogen synthase kinase-3 beta (GSK-3β) überexprimierenden Mäusen wiederherzustellen (Hooper et al. 2007). Lithium moduliert ebenfalls die durch Hirnstimulation induzierte Plastizität im humanen Cortex, wobei ein Wechsel von LTD- zu LTP-ähnlicher Plastizität durch Lithium erzielt wurde (Voytovych et al. 2012). Die Veränderung der synaptischen Plastizität durch Lithium ist vermutlich am besten durch dessen hemmende Wirkung auf GSK-3β zu erklären.

Zusammenfassend kommt es in der Pathogenese der BS zu Veränderungen der neuronalen und funktionellen Plastizität. Jedoch liegen keine eindeutigen Befunde und deren Bedeutung bezüglich der regionalen Veränderungen, wie z. B. eine Volumenreduktion innerhalb des Hippocampus, vor. Es mangelt zudem an longitudinalen Studien, welche die Veränderung einzelner Struktur über den Verlauf der Erkrankung untersuchen und letztendlich Aufschluss über eine mögliche Korrelation zwischen dem aktuellen klinischen Zustand und den strukturellen Veränderungen im Gehirn geben. Diese morphologischen Veränderungen können zudem durch sozioökonomische Faktoren oder Medikation beeinflusst werden. Die generell reduzierten Volumina des Hippocampus (Fusar-Poli et al. 2007) bei bipolaren Patienten können sowohl durch Lithium (Hajek et al. 2012) als auch Elektrokonvulsionstherapie (Wilkinson et al. 2017) normalisiert werden. All diese Faktoren und die diversen Episoden der BS erschweren longitudinale Studien enorm. Zusätzlich ist der Vorgang von strukturellen Veränderungen nicht schnell genug, um rasche Stimmungsänderungen durch z. B. Schlafentzug oder Rapid Cycling zu erklären und damit nicht allein für affektive Zustände verantwortlich.

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