Читать книгу Bipolare Störungen - Группа авторов - Страница 19

2.2 Neurotransmitter

Оглавление

Basierend auf den Wirkmechanismen verschiedener Medikamente, die zur Behandlung der BS eingesetzt werden, wurden anhand von in vivo oder in vitro Experimenten Hypothesen entwickelt, die Rückschlüsse auf die Pathophysiologie der BS liefern. Dies betreffen vor allem Neurotransmitter und intrazelluläre Signaltransduktionswege.

Bereits in den 1950er Jahren wurde für depressive Störungen die Monoamin-Hypothese formuliert. Diese beinhaltet eine Dysregulation der Neurotransmittertransmission und -homöostase und besagt, dass ein Ungleichgewicht, bzw. verminderte Verfügbarkeit der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und Dopamin bei affektiven Störungen vorliegen (Barchas und Altemus 1999; Berk et al. 2007; Maes und Meltzer 1995). Depressive Patienten weisen außerdem veränderte Dichten noradrenergen und serotonergen Rezeptoren auf (Maletic et al. 2017).

Das cholinerge System scheint im Menschen und Tier überwiegend an depressiven Symptomen beteiligt zu sein. Manipulation des cholinergen Systems mittels Arecolin, ein direkter Agonist cholinerger Rezeptoren, induzierte eine depressive Symptomatik in gesunden Probanden und nicht medikamentös behandelten euthymen Patienten der BS (Nurnberger et al. 1983). Des Weiteren zeigen Patienten affektiver Störungen eine Überempfindlichkeit gegenüber cholinerger Agenzien und zeigen signifikant schwerwiegendere depressive Symptome im Vergleich zu gesunden Kontrollen, wenn diese mit cholinergen Agenzien behandelt werden (van Enkhuizen et al. 2015). Mittels bildgebender Verfahren konnte ebenfalls gezeigt werden, dass Acetylcholin eine entscheidende Rolle in der Pathophysiologie der BS spielt. Gabe von Physostigmin, ein Cholinesterasehemmer, führte zu einem erhöhten Acetylcholinspiegel im Gehirn, wirkte Manie entgegen und induzierte depressive Symptome in gesunden Kontrollen und Patienten affektiver Störungen (Hannestad et al. 2013). Außerdem wurde ein erhöhter Cholinspiegel, dem Vorläufer von Acetylcholin, im Gehirn von depressiven Patienten beobachtet (Steingard et al. 2000), als auch eine verringerte Verfügbarkeit von ß2 Nikotinacetylcholinrezeptoren im Vergleich zu gesunden und euthymen Probanden (Hannestad et al. 2013). Diese Ergebnisse sprechen für einen hypercholinergen Zustand während depressiven Episoden in Patienten affektiver Störungen.

Ergebnisse aus Tierstudien unterstützen die Beteiligung des cholinergen Systems in der Depression. So hat der Agonist des α7 Nikotinacetylcholinrezeptor, SSR180711, aber auch subtypisch-selektive Rezeptoragonisten, eine antidepressive Wirkung und inhibieren teilweise die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt (Andreasen et al. 2012). Nikotin hat ebenfalls eine Dämpfung von anhedonischem Verhalten in Ratten (Andreasen et al. 2011) und depressions-ähnliches Verhalten in Mäusen zur Folge (Andreasen und Redrobe 2009). Wohingegen der Entzug nach chronischer Nikotingabe zu depressions-ähnlichem Verhalten führt (Roni und Rahman 2014). Des Weiteren resultiert die Hemmung der Acetylcholinesterase, welches Acetylcholin abbaut, zu depressions-ähnlichem Verhalten (Mineur et al. 2013). Interessanterweise erhöhen sowohl Lithium als auch Valproat, die Aktivität der Acetylcholinesterase (Varela et al. 2013).

Im Gegensatz dazu ist das katecholaminerge System hauptsächlich für manie-ähnliche Symptome im Menschen und Tier beteiligt. Erhöhte Werte von Dopamin und Noradrenalin konnte in unterschiedlichen Subtypen der BS beobachtet werden (Berk et al. 2007). Außerdem erhöhen mehrere Antidepressiva die synaptischen Katecholamine (Salvi et al. 2008). Des Weiteren führt das Psychostimulans Amphetamin zu manischen Symptomen in gesunden und bipolaren Probanden (Berk et al. 2007; Cousins et al. 2009) und im Tiermodell (Beyer und Freund 2017). Amphetamin erhöht dabei die Konzentration von Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt durch Inhibition oder Umkehrung der entsprechenden Wiederaufnahmemechanismen. Diese Verhaltenseffekte nach Amphetamingabe beruhen wahrscheinlich nicht auf einem erhöhten Neurotransmitterspiegel, sondern vielmehr auf einer Störung der homöostatischen Mechanismen, welche den Katecholaminspiegel kontrollieren und führen zu diesem dramatischen Stimmungswechsel (van Enkhuizen et al. 2015; Young und Dulcis 2015). Vergleichbar zur antimanischen bzw. stimmungsstabilisierenden Wirkung von Lithium und Valproat im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass diese Medikamente ebenfalls in Menschen die Wirkung von Amphetamin dämpfen können (Silverstone et al. 1980).

Klinische Beobachtungen offenbaren, dass Dopamin in beiden Episoden der BS verändert ist. Das Erleben von Freude, vermitteln von Motivation, Impulsivität, Risikoverhalten und kognitive Prozesse werden durch das dopaminerge System vermittelt. Alles Prozesse, die in der BS beeinträchtigt sind. Agenzien, die einen Einfluss auf das dopaminerge System haben, in dem sie den Dopaminspiegel erhöhen, wie L-DOPA, Amphetamin oder Dopaminagonisten, führen zu manischen Symptomen in Probanden (Berk et al. 2007; Cousins et al. 2009) oder konnten depressive Symptome verbessern (Goldberg et al. 2004). Eine gegensätzliche Wirkung können Dopaminantagonisten in manischen Patienten haben (Tohen et al. 2003). Mittels bildgebenden Verfahren, Post-Mortem-Studien und in vitro Experimenten konnte eine verringerte Verfügbarkeit von funktionalen Dopamintransportern und erhöhter präfrontaler und frontaler Verfügbarkeit von Dopamin bei bipolaren Patienten festgestellt werden (Nikolaus et al. 2019; Young und Dulcis 2015). Der Urin von bipolaren Patienten enthält ebenfalls einen erhöhten Dopaminspiegel (Joyce et al. 1995). Veränderte Dichten von Dopaminrezeptoren liegen bei bipolaren Patienten vor (Gonul et al. 2009; Yao et al. 2013). Manipulationen des Dopamin D1 Rezeptors wurde im Tiermodell verwendet um manie-ähnliches Verhalten zu induzieren bzw. konnte sogar einen Wechsel zwischen beiden Episoden im gleichen Tier induzieren (Freund et al. 2016; Hare et al. 2019; Sonntag et al. 2014). Aber auch ein Knockdown des Dopamintransporters, verbunden mit einem hyperdopaminergen Zustand, resultiert im Tiermodell in manie-ähnlichem Verhalten (van Enkhuizen et al. 2014; Young et al. 2011). Ein ähnliches Resultat konnte durch den kompletten Knockout des Dopaminrezeptors erzielt werden (Shaltiel et al. 2008). Eine Kombination aus genetischer Manipulation des Dopaminrezeptors und Umwelteinflüsse durch veränderte Tageslichtlänge konnte ebenfalls zu einem Wechsel zwischen den Episoden im gleichen Tier führen (Young et al. 2018). Diese Ergebnisse unterstützen die von Berk et al. aufgestellte Dopaminhypothese für die Pathophysiologie der BS, die besagt, dass die dopaminerge Transmission abhängig von der Stimmungsphase gestört ist.

Bipolare Störungen

Подняться наверх