Читать книгу Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition - Группа авторов - Страница 25

1. Hinführung

Оглавление

In der Zeit zwischen dem 14. und dem 20. Jh. gerieten zahlreiche christliche Kirchen des Ostens unter die Herrschaft des Osmanischen Reichs. Über Jahrhunderte hinweg lebten Christen der altorientalischen, orthodoxen, katholischen – und später der anglikanischen, reformatorischen und freikirchlichen – Tradition im osmanischen Staat, der mehrheitlich nach der sunnitisch-islamischen Konfession ausgerichtet war. In diesem Beitrag richtet sich der Fokus auf die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition, die miteinander in Kirchengemeinschaft stehen. Für diese Kirchen sind die Konzilsbeschlüsse der ersten sieben ökumenischen Konzile der römischen bzw. byzantinischen Reichskirche des 4. bis 8. Jh. lehramtlich verbindlich. Sie standen und stehen trotz mancher geographischer und sprachlicher Entfernung miteinander in Bekenntnisgemeinschaft und gehören derselben Liturgiefamilie an. Die mit der katholischen Kirche unierten Kirchen werden hingegen nur am Rande erwähnt werden.

In den meisten Gebieten des Osmanischen Reichs waren christliche Kirchen beheimatet, in Anatolien, auf dem Balkan, auf der Krim, in Georgien, in Syrien, in Palästina, in Jordanien, in Israel, im Libanon, in Ägypten, auf Zypern, im Irak und im Jemen. Die historische Ausdehnung des Osmanischen Reiches entwickelte sich in folgenden Phasen: Zunächst breitete sich das Osmanische Reich aus der heutigen Osttürkei vom 14. bis 16. Jh nach Nordwestanatolien sowie Südostanatolien aus. Im 17. Jh. erreichte es seine höchste Ausdehnung. Seit dem 18. und 19. Jh. verlor es hingegen immer mehr an Macht und Einfluss. Schließlich ging es zu Beginn des 20. Jh. unter. Das Osmanische Reich herrschte als ein theokratischer Staat und war zugleich der mächtigste islamische Staat im Nahen Osten. Unter dem osmanischen Sultan Yavuz Selim war seit dem Jahr 1517 das Kalifat von Ägypten nach Istanbul verlegt worden. Selims Nachfolger bauten dieses Amt kontinuierlich aus. Die osmanischen Sultane waren daher Staatsoberhäupter und Kalifen zugleich. Bis zum Untergang des Osmanischen Reiches im Jahr 1917 verkehrten die christlichen Kirchenoberhäupter, insofern sie mit dem Staatsoberhaupt – also dem Sultan – zu tun hatten, zugleich mit dem Stellvertreter des Propheten selber in unterschiedlichen Rechts- und Loyalitätsverhältnissen.

Die Geschichte der orthodoxen Kirchen verlief im multireligiösen und multiethnischen Osmanischen Reich, das sich über drei Kontinente erstreckte, je nach Region und Zeitabschnitt unterschiedlich. Die Donaufürstentümer Walachei und Moldau hatten als Vasallenfürstentümer beispielsweise Steuerverpflichtungen gegenüber dem Sultan. In den rumänischen Fürstentümern gab es keine türkische Präsenz. Im Nahen Osten sowie in Nordafrika lebten die orthodoxen Christen in der Zeit der osmanischen Eroberung schon seit einigen Jahrhunderten als christliche Minderheiten in islamisch-arabisch geprägten Mehrheitsgesellschaften. In Georgien ist eine eigene Situation zu beobachten. Insgesamt ging aber für die orthodoxen Kirchen spätestens mit dem Fall von Konstantinopel 1453 ihre seit den Zeiten Kaiser Konstantins bestehende gemeinsame Tradition, ja ihre „orthodoxe Einheit“ zu Ende. Die Suche nach einer neuen orthodoxen Einheit und die Befreiung vom osmanischen Joch stand in der Zeit zwischen Mitte des 15. bis zu Beginn des 20. Jh. auf der Tagesordnung aller orthodoxer Kirchen, die politisch unter osmanischer Oberhoheit lebten.

Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition

Подняться наверх