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6. Im Spannungsfeld des Nahen Ostens

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Zu Beginn des 20. Jh. wurde die politische Landkarte, in denen sich die alten Patriarchate des Orients und die Kirche von Zypern befinden, neu gestaltet. Der Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, die Neuordnung des Nahen Ostens nach dem Ersten Weltkrieg, das Ende der französischen und britischen Protektorate, die Gründung Israels nach dem Zweiten Weltkrieg und der seither anhaltende Nahostkonflikt sind nur einige Eckpunkte, die die politische, ökonomische und soziale Situation der Kirchen andeuten.

1899 wurde in Alexandreia die Patriarchenwahl von Konstantinopel unabhängig. Das Patriarchat erlebte nach dem I. Weltkrieg durch orthodoxe griechische und arabische Zuwanderer einen Aufschwung. Auch schloss es sich der ökumenischen Bewegung an und war 1948 Gründungsmitglied des Weltkirchenrates. In dieser Zeit begann auch die Ausdehnung der Jurisdiktion auf das subsaharische Afrika. Seit den 1930er Jahren schlossen sich in Uganda unter Führung eines ehemaligen Anglikaners einheimische Afrikaner der griechisch-orthodoxen Kirche an. Diese Gruppe erfreut sich eines wachsenden afrikanischen Klerus mit Metropolien in Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kenia, Libyen, Madagaskar, Mozambique, Südafrika, Tansania, Uganda, Zaire und Zimbabwe. Die Liturgie wird in verschiedenen Sprachen gefeiert.

Die Loslösung von Konstantinopel gestaltete sich im Falle Antiocheias als schwierig. Längst waren die Mehrheit der Gläubigen des Patriarchates Araber, dennoch setzte Konstantinopel beharrlich einen Griechen als Oberhaupt ein. 1899 gelang es – ebenso wie in Alexandreia mit Hilfe Russlands –, erstmals einen Araber zum Patriarchen zu wählen. In der Folge führte dies zu kurzfristigen Schismen durch den Gegensatz zwischen einer nach Griechenland und einer nach Moskau ausgerichteten Kirchenpolitik. 1948 trat auch dieses Patriarchat dem Weltkirchenrat bei. Mit dem ab 1979 amtierenden Patriarchen Ignatius IV. Hazim wird zwar die griechische Herkunft angeführt, aber vor allem das arabische Profil des Patriarchats betont, zumal es Syrien, Libanon, Kuweit, Iran und Irak umfasst. Schon im 19. Jh. gab es erste Auswanderungen in die neue Welt, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. fortsetzten. Metropolien konnten in Nordamerika, Argentinien, Brasilien und Australien errichtet werden.

Auch in Jerusalem griff Russland ab dem 19. Jh. vermehrt in die Ereignisse des Patriarchats ein und auch hier kam es wegen der Frage, ob der Patriarch griechisch oder arabisch sein sollte, zeitweilig zu einem Schisma. Mit der Teilung Palästinas 1948 wurde das Patriarchat territorial zerrissen und seit der Eroberung der Altstadt 1967 ist der Patriarchensitz in Israel. Dem Patriarchat ist überdies das autonome Erzbistum des Berges Sinai zugeordnet. Dies war zwar auf einer Synode in Konstantinopel 1575 für autokephal erklärt worden, was allerdings von der Gesamtorthodoxie, insbesondere von Alexandreia, nicht anerkannt wurde. Es besteht im Wesentlichen aus dem Katharinenkloster, das durch Ikonen und Handschriftenfunde im 19./20. Jh. berühmt wurde.

Wie alle Kirchen des Nahen Ostens, haben auch die drei griechisch-orthodoxen Patriarchate von Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem in der Neuzeit durch die verschiedenen Nahostkonflikte und die politischen Umwälzungen mit einer anwachsenden Abwanderung ihrer Gläubigen in erster Linie in die Länder des Westens zu ringen.

In Zypern ist die erste Hälfte des 20. Jh. von der Unabhängigkeitsbewegung der griechisch-orthodoxen Bevölkerung, sich von den Briten zu befreien und den Anschluss (Henosis) an das griechische Mutterland zu erreichen, gekennzeichnet. Dies führte zeitweilig zu Sedisvakanzen und zu Verbannungen von Bischöfen. Dennoch war die orthodoxe Kirche von Zypern im Jahr 1948 Gründungsmitglied des Weltkirchenrates. 1959 einigten sich Großbritannien, Griechenland und die Türkei auf die politische Souveränität der Insel und Erzbischof Makarios III. wurde der erste Staatspräsident. Drei Jahre später brach ein Bürgerkrieg zwischen türkischer Minderheit und griechischer Mehrheit aus, der unterstützt durch die türkische Invasion 1974 zur Teilung der Insel führte, die bis heute das kirchliche Leben negativ beeinflusst.

Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition

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