Читать книгу Bürgergesellschaft heute - Группа авторов - Страница 13

(i) Individualität

Оглавление

Wie ausgeführt, haben die aristotelische praktische Philosophie im Allgemeinen und die politische Anthropologie im Speziellen im Laufe der Geschichte der Philosophie Zustimmung, jedoch auch Kritik erfahren. Insbesondere im politischen Denken der Neuzeit wurden viele aristotelische Positionen seiner ethisch-politischen Symbiosen auf ihre allgemeine Gültigkeit hin hinterfragt. Zwischen Ethik und Politik wurde im Zuge des politischen Denkens beginnend mit der Neuzeit im Vergleich mit der antiken klassischen Theorie eine größere Distanz hergestellt. Neben dem Zweifel an der aristotelischen Grundkonstante, dass der Mensch von Natur aus ein Gemeinschaftslebewesen sei, wurde auch an der aristotelischen „praktisch-politischen Lebensform“, dem bios praktikos kai politikos18 und dessen bindende Notwendigkeit für den Bürger Kritik geäußert.

Bereits John Locke hat in seiner Philosophie die Möglichkeiten vieler unterschiedlicher Lebensführungen hervorgehoben und diese einer Individualisierung zugeführt. Diese individuellen Möglichkeiten des Einzelnen hat er aufbauend auf den Grundrechten „life, liberty and happiness“ verankert. Das Neue an der Neuzeit ist jedoch nicht die Postulierung des „pursuit of happiness“ – wovon bereits Aristoteles gehandelt hat – sondern liegt in einem anderen Detail: in der Bestimmung des Strebens nach Glück als eine Tätigkeit, die jeder Mensch – nicht nur der freie (männliche) Bürger – für sich alleine ausrichten wie bestimmen kann und das auch alleine tun soll. Denn alle Menschen, so John Locke, suchen nach dem Glück durch die Gestaltung ihrer individuellen Lebensführung, aber nicht alle Menschen suchen ein Glück gleicher Art oder das Glück in denselben Dingen. Somit lautet im Vergleich zur Antike die Devise des modernen Individuums nach John Locke: „Die Menschen mögen verschiedene Dinge [Anm.: in Bezug auf die individuelle Lebensführung] wählen und doch alle die richtige Wahl treffen.“19

Demnach lassen sich individuelle Lebenskonzepte nicht bzw. kaum verallgemeinern, geschweige denn in einem einzigen Gesamtbild darstellen. Die – nicht gänzlich ironiefreie – Kritik von John Locke an der praktisch-politischen Philosophie der Antike lautet, dass sie dies dennoch versucht habe und so einen äußerst eingeschränkten Blickwinkel auf die Lebensführung des Menschen gehabt habe. Und so hält er fest: „Mit ebensolchem Recht hätte man darüber streiten können, ob Äpfel, Pflaumen oder Nüsse am besten schmeckten, und sich danach in Schulen teilen können“.20

Bürgergesellschaft heute

Подняться наверх