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Vorwort

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Zentrale Säulen unserer Demokratie sind neben der Gewaltenteilung und dem liberalen Rechtsstaat auch aktive Bürgerinnen und Bürger, die das Gemeinwesen mitgestalten. In dem Sinn sind Bürgerinnen und Bürger nicht nur Adressatinnen und Adressaten staatlicher Regeln und Normen, sondern auch Mitgestalterinnen und Mitgestalter eben dieser Normen. Und das Gemeinwesen in einem liberalen Staat ist mehr als die staatliche Ordnung, es ist das Zusammenspiel von Menschen und ihren Beziehungen zueinander – in Familien und Freundschaften, im Job und in Vereinen.

Die aktive Mitgestaltung des persönlichen und öffentlichen Umfelds bereichert das menschliche Leben in vielen unterschiedlichen Facetten und macht unsere Gesellschaft dadurch vielfältiger und bunter. Der Mensch ist ohne Zweifel ein politisches und soziales Wesen, das sich in seiner Individualität nur innerhalb einer Gemeinschaft entfalten kann.

Wie wir Gemeinschaft, unsere Gesellschaft, gestalten wollen, wird in den Demokratien westlicher Prägung von den einzelnen Parteien unterschiedlich beantwortet. Grob gesagt lässt sich folgende Unterscheidung treffen: Typisch als links verortete Politik definiert sich vor allem über einen paternalistischen Staat, der alle Lebensbereiche der Bürger überprüft, die Lebensgestaltung plant und bis in kleine Details regelt. Bürgerliche Politik, wie wir sie sehen, vertraut zwar auf den Staat zur Setzung allgemeiner Rahmenbedingungen, stellt jedoch individuelle Freiheit und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt. Sie vertraut auf den inneren Antrieb jeder Bürgerin und jedes Bürgers, nach ihren und seinen Fähigkeiten Beiträge für eine funktionierende Gemeinschaft leisten zu wollen. Dies ist die Grundidee des politischen Konzepts einer „Bürgergesellschaft“ als Gemeinschaft freier und verantwortlicher Menschen.

Wie vielfältig und heterogen Konzepte der Bürgergesellschaft in Theorie und Praxis sind, haben die Politische Akademie der Volkspartei und das Wilfried Martens Zentrum für Europastudien in ihrem aktuellen Forschungsschwerpunkt umfassend diskutiert und untersucht.

Wesentliche Grundlage ist ein Menschenbild, das in den jüdischen, christlichen, griechischen und römischen Traditionen unseres Kontinents wurzelt und dessen Fundament die Würde jeder Person ist. In ihr liegt allerdings auch die Verpflichtung, Begabungen aktiv für die Gesellschaft einzusetzen, die das Gleichnis von den „anvertrauten Talenten“ zum Ausdruck bringt. Oder mit Immanuel Kant gesprochen: Es gibt eine individuelle unvollkommene Pflicht des Menschen – nämlich jene der Entwicklung der eigenen Talente – für sich aber auch gegenüber anderen.

Im vorliegenden Sammelband haben wir hochkarätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Publizistinnen und Publizisten, Praktikerinnen und Praktiker gebeten, sich grundlegende Gedanken über Potenziale und Möglichkeiten der Bürgergesellschaft im 21. Jahrhundert zu machen. Theoretische, historische und ideengeschichtliche Beiträge finden sich hier ebenso wie unterschiedliche Fallbeispiele aus der Praxis. Die Vielfalt und der Meinungspluralismus der Beiträge zeigen auch klar auf, wie die permanente Mitsprache und Partizipation einer aktiven Öffentlichkeit den politischen Diskurs und die politische Gestaltung unseres Landes bereichern kann.

Wolfgang Mazal Bettina Rausch

Bürgergesellschaft heute

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