Читать книгу Bürgergesellschaft heute - Группа авторов - Страница 22

„Zweite Gesellschaft“ und „Mittelstand“

Оглавление

Die „zweite Gesellschaft“ kann als Spitzengruppe jener neuen, bürgerlichen Klasse gelten, die sich selbst als „Mittelstand“ bezeichnete. Schon um 1770 ist aus Wien ein für das Selbstbewusstsein dieses neuen Mittelstandes bezeichnender Spruch bekannt:

Niemands Herr und niemands Knecht

Das ist des Mittelstandes Recht.

Der „Mittelstand“ steht also in der Mitte zwischen den Herrschaftsträgern (Herrscher, Bürokratie, Militär, Adel) und den noch immer feudaler Herrschaft Unterworfenen, also der Masse der Bauern, aber auch den hausrechtlich Abhängigen, Gesellen, Arbeitern, Dienstboten, Knechten und Mägden.

In einer in Leipzig 1842 anonym erschienenen Schrift, „Pia desideria eines österreichischen Schriftstellers“ bezeichnete Eduard von Bauernfeld alle geistig regsameren Segmente der Gesellschaft, „Professoren, Gelehrte, Künstler, Fabrikanten, Handelsleute, Oekonomen, ja, Beamte und Geistliche“ als jenen „Mittelstand“, der dringend nach einer Lockerung der Zensur, nach einer Änderung der politischen Zustände überhaupt verlangte, denn

[...] die Wiener haben sich geändert; sie sind verzweifelt ernsthaft geworden. Die Industrie hat auch hier, wie allenthalben, ihren Thron aufgeschlagen; ein Volk, das Gewerb-Vereine bildet und Eisenbahnen baut, hat nicht mehr Zeit, sich vorzugsweise mit gebackenen Hühnern, dem Leopoldstädter Theater und mit Strauss und Lanner zu beschäftigen.8

Mit dem Niederösterreichischen Gewerbeverein (1839), dem Innerösterreichischen Gewerbeverein in Graz (1837), dem Juridisch-Politischen Leseverein (1841) oder dem Schriftstellerklub Concordia (1844) schuf sich der neue „Mittelstand“ moderne, neue Organisationsformen – letztlich auch Diskussionsforen, in denen, trotz Zensur und Polizei, gewisse Forderungen auch an den Staat formuliert werden konnten.

Zahlreiche Probleme harrten einer Lösung – die bäuerliche Forderung nach Ende der feudalen Ordnung, die wachsende Not der Unterschichten und die immer dringender werdende nationale Unzufriedenheit, dazu die Lähmung einer Regierung, die (seit dem Tod Franz des Ersten) Absolutismus ohne Herrscher spielte. Denn Ferdinand I. regierte (1835–1848) ja nur nominell.

Bürgergesellschaft heute

Подняться наверх