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III Die Selbstdarstellung des Musiktheoretikers: Franchino Gaffurio (1480–1507)

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Im Falle des eingangs erwähnten Franchino Gaffurio, Komponist und Musiktheoretiker, der in Mailand zu hohem Ansehen gelangte, sind sogar mehrere bildliche Zeugnisse erhalten. Seine Werke gehören zu den frühesten Drucken mit Noten und musiktheoretischen Schemata, deren Produktion aufwendiger als die eines Textes war. Man kann davon ausgehen, dass er Einfluss auf die Illustrationen dieser Bücher nahm, es sich mithin bei der Wiedergabe seiner Person um eine Selbstdarstellung handelte.

In der erstmals 1480 in Neapel gedruckten Version seines Werkes Theoricum opus musice discipline ist eine ganzseitige Illustration als Frontispiz enthalten.24 Zu sehen ist ein orgelspielender Mann, der durch die Inschrift »Introductioni musices f. gafori« am oberen Bildrand identifiziert wird. Gaffurio ist auf den ersten Blick als praktizierender Musiker dargestellt, auf den zweiten aber auch als Theoretiker, da die Orgelpfeifen und der Bildhintergrund mit musiktheoretischen Angaben versehen sind. Der Mailänder Druck der Pratica musicae von 1496 ist gerahmt von einer Bordüre, in der sich seitlich musizierende Putten und in der unteren Zierleiste mittig ein Wappenschild zwischen zwei Personengruppen befinden.25 In einem auf Pergament gedruckten und sorgfältig kolorierten Exemplar ist hier der Adressat Ludovico il Moro kenntlich gemacht.26 (Abb. 3) Links davon sieht man einen Knabenchor mit seinem Leiter vor einem aufgeschlagenen Choral, rechts eine Gruppe von Schülern vor ihrem Lehrer, der auf einer Kathedra mit der Inschrift »F. Gaforus« sitzt.27 Gaffurio präsentiert sich damit gleichermaßen als Mann der Praxis wie der Theorie. In der Illustration, welche sein 1500 vollendetes, aber erst 1518 in Mailand gedrucktes Werk De harmonia musicorum instrumentorum opus ziert, verschiebt sich die Gewichtung.28 Nun präsentiert er sich als Lehrer auf einer mit seinem Namen »Franc[…]hin« versehenen Kathedra. Seine Zuhörerschaft, teils in Rückenansicht gesehen, schließt den Betrachter des Buches gleichsam mit ein. Orgelpfeifen und ein Zirkel im Hintergrund erläutern seine Kompetenzen, die zudem von einem umlaufenden Schriftband gerühmt werden. Dieser Holzschnitt hat sein Vorbild in der Zierseite der aufwendig gestalteten Handschrift dieses Textes, die 1507 fertiggestellt war. (Abb. 4) Der Autor widmete sie später dem französischen Gesandten in Mailand, Jean Grolier (1479–1565), wohl in der Hoffnung auf die Finanzierung des Druckes.29 Hier ist er in dem Bildfeld, das die halbe Seite einnimmt, durch das rote, den Gelehrten vorbehaltene Gewand ausgezeichnet. In der Initialminiatur darunter ist er als schreibender Autor dargestellt. In der oberen Bordüre in einem schmalen Bildfeld erscheint er erneut als Leiter eines Chores, von dem wir nur die Köpfe der Singenden sehen, die sich um ein Notenbuch versammelt haben. Die Noten weisen ihn weniger als Komponisten aus, als dass sie wie häufig in der Malerei den Gesang evozieren, der sich darüber hinaus v. a. über die Mundbewegungen visualisieren lässt.30 Nicht nur durch die Größe des Bildes, das Gaffurio erhöht vor seinen Schülern zeigt, auch durch die Dopplung als Lehrender und Autor liegt das Gewicht hier deutlich auf der Repräsentation des Musiktheoretikers. Dies gilt auch für das Bildnis, das sich in einem 1500 fertiggestellten Kodex seiner Schriften in der Initiale befindet und ihn ohne jedes Attribut zeigt.31 (Abb. 5) Diesem kann wohl am stärksten der Charakter eines Porträts zugesprochen werden, und es bestätigt die lange, schmale Nase, die ihn auch in den Holzschnitten charakterisiert. Diese Gesichtszüge schließen ihn im Übrigen als Modell von Leonardos »Musiker« aus.32 In seiner Selbstdarstellung bleibt Gaffurio damit der traditionellen Darstellung des Gelehrten verbunden.


Abbildung 3: Franchino Gaffurio, Practica Musicae, Mailand, Guillermus Le Signerre für Johannes Petrus de Lomatio, 30. September 1496, Pergamentdruck; 42 x 27,5 cm, Dresden, SLUB, Ink.2426, Copyright SLUB / Deutsche Fotothek, Regine Richter


Abbildung 4: Franchino Gaffurio, Harmonia instrumentalis, 1507, ÖNB, Cod. Ser. n. 12745, fol. 4r. online unter: https://digital.onb.ac.at/rep/osd/?10FFE1B7


Abbildung 5: Bildnis des Franchino Gaffurio (?) in: Franchino Gaffurio, Harmonia instrumentalis, 1500, Lodi, Biblioteca Comunale Laudense, Ms. 28. A. 9, fol. 5r, Copyright Biblioteca Comunale Laudense

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