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Vorwort

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»Das Buch, das die Zeugnisse für Josquins Ruhm bei den Zeitgenossen und Nachruhm bis ins 17. Jahrhundert systematisch gesammelt und gedeutet hätte, ist«, so Ludwig Finscher, »noch nicht geschrieben, aber die Umrisse des Bildes sind deutlich genug. Josquin war der erste Komponist, der schon die Zeitgenossen als Person interessierte, und er galt spätestens seit den ersten Jahren des 16. Jh. unangefochten als der bedeutendste seiner Zeit«.1 So wenig die Geschichtsmächtigkeit Josquin des Prez’, der am 27. August 1521 in Condé-sur-l’Escaut starb, in Abrede gestellt werden kann, so wenig scheint die Frage, woher genau denn die Geschichtsmächtigkeit des Komponisten rührt, bislang beantwortet worden zu sein. Dafür dürfen an dieser Stelle zwei Gründe angeführt werden: Der erste Grund ist ein ästhetischer, der in der kompositorischen Güte und Auslegungsfähigkeit der Werke Josquins liegt. Der zweite Grund ist ein historiografischer, der in der Selbstbezüglichkeit des Diskurses über Josquin liegt. Letzterer hat im Laufe der Jahrhunderte dazu geführt, dass der überlieferte Spruch Martin Luthers, Josquin sei »der noten meister / die habens müssen machen wie er wolt / die andern Sangmeister müssens machen, wie es die Noten haben wöllen«,2 zwar nirgendwo fehlen darf, wenn von Josquin die Rede ist – auch in diesem Vorwort nicht –, dass die »Noten« selbst jedoch im emphatischen Sinne ihrer zeichenhaften Geschichtsmächtigkeit, weit über die Epoche der Renaissance hinausweisend zunehmend aus dem Blick geraten sind.

Damit soll nicht gesagt sein, dass es an Spezialforschungen zu Josquin fehle, das Gegenteil ist wohl eher Fall. Der vorliegende Sonderband verfolgt auch deswegen ein anderes, generelles Interesse, nämlich das Besondere der Musik Josquins mit dem Allgemeinen der Geschichte dialektisch zu verschränken. Deshalb hebt er mit drei einleitenden Aufsätzen zur Geschichte, Kunst- und Musikgeschichte der Josquin-Zeit an, denen Aufsätze zu den Messen, Motetten und Chansons folgen. Die vorgenannten Gattungen werden insofern heuristisch verstanden, als sie nicht gegeneinander abgegrenzt, sondern durch übergreifende Topoi, die zum Beispiel der Frömmigkeits- und Religionsgeschichte entstammen, miteinander verbunden und in dem Bestreben, einerseits ihre Eigenarten zu erkennen, andererseits zugleich entgrenzt werden. In summa geben die Aufsätze ein sehr eindrucksvolles, wenn auch längst nicht vollständiges Bild der deutschsprachigen Josquin-Forschung unserer Zeit, die sie spiegeln.

Den Beschluss bildet ein richtungsweisender Aufsatz Ludwig Finschers (1930–2020),3 dessen Andenken dieser Band gewidmet ist.

Allen beteiligten Autoren, nicht zuletzt Laurenz Lütteken und Klaus Pietschmann, danke ich sehr, dass dieser Sonderband zum 500. Todesjahr von Josquin des Prez entstehen konnte.

Ulrich Tadday

1 Ludwig Finscher, Art. »Josquin des Prez, Ruhm und Nachruhm«, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel – Stuttgart – New York 2016 ff., zuerst veröffentlicht 2003, online veröffentlicht 2016, unter: https://www.mgg-online.com/mgg/stable/46144. — 2 Zit. nach Finscher, ebd. — 3 Ludwig Finscher, »Von Josquin zu Willaert – ein Paradigmenwechsel?«, zuerst erschienen in: Musik/Revolution. Festschrift für Georg Knepler zum 90. Geburtstag, hrsg. von Hanns-Werner Heister, Bd. 1, Hamburg 1996, S. 145–173. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Renate Finscher, Wolfenbüttel, sowie Rolf von Bockel/von Bockel Verlag, Neumünster.

MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez

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