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Christusmystik

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Wir erinnern uns, wie Johannes Staupitz bereits 1513 zu Luther sagte, dass Gott „außerhalb Christi“ nicht erfasst sein will. Die hier angesprochene Ausrichtung auf Christus, und zwar als der „für mich“ menschgewordene und gekreuzigte Gott, wird für Luther prägend sein. Mit reformatorischen Akzenten kommt sie bereits im Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi von 1519 zum Tragen.1 Zunächst kritisiert Luther die falsch geleitete Passionsfrömmigkeit, etwa den Ritualismus beim Messe-Hören. Zweck der Passionsmeditation sei, dass wir angesichts des Gekreuzigten in Selbsterkenntnis, d.h. in Erkenntnis unserer Niedrigkeit, wachsen und das „pro me“ gläubig annehmen:

Diejenigen bedenken das Leiden Christi recht, die es so anschauen, dass sie im Herzen davor erschrecken und ihr Gewissen alsbald in dem Verzagen versinkt […]. Darum wenn du die Nägel Christi siehst durch seine Hände dringen, glaube sicher, dass es deine Taten sind […]. In diesem Punkt muss man sich gar wohl üben, denn der Nutzen des Leiden Christi liegt in hohem Maß daran, dass der Mensch zur Erkenntnis seiner selbst kommt, vor sich selbst erschrickt und zerschlagen wird […]. Die ihm eigene, natürliche Wirkung des Leidens Christi ist nämlich, dass es den Menschen Christus gleichförmig (conformare) macht […]. Du musst dem Bild und Leiden Christi gleichgestaltet werden.2

Diese Gleichgestaltung (conformatio) ist für Luther das Ziel der Meditation und er betont dabei, dass alles Gottes Werk ist: „Zuweilen kommt es zu uns, ohne dass wir darum bitten, wie Gott je und je zu geben weiß und will.“3 Luther ermahnt uns, unsere Sünde und Niedrigkeit auf Christus zu legen, statt in unserem Gewissen selber damit fertig werden zu wollen. Wenn wir voller Zuversicht glauben, dass Gott ihn für uns zu einem Sünder gemacht hat, „damit wir durch ihn gerechtfertigt würden“ (2 Kor 5,21), so gilt es nun, „durch das Leiden hindurchzudringen und sein freundliches Herz anzusehen, wie es voller Liebe für dich ist […]. Steige durch Christi Herz zu Gottes Herz empor! Und erkenne, dass Christus die Liebe dir nicht hätte geben können, wenn es Gott nicht in ewiger Liebe gewollt hätte“.4 Auf diese Weise durch Christus zum Vater gezogen wird der Mensch „wahrhaftig neu geboren in Gott“.5 Erst nach dieser conformatio mit Christus im Glauben, „aus der Liebe, nicht aus Furcht vor Strafen“, nach dem Bedenken Christi als „Sakrament“ oder Heilszeichen, können wir darüber nachsinnen, was wir tun können, „um ihm als Vorbild (exemplum) nachzufolgen“.6

Luther wendet sich nicht nur gegen eine spätmittelalterliche Veräußerungs-, Leistungs- oder Ablassfrömmigkeit sowie Leidensfrömmigkeit, „die im Bereich des Psychologisch-Moralischen bleibt, die eine imitatio sucht, bevor es zur conformatio gekommen ist, die Christus als exemplum nachstrebt, bevor es zum sacramentum geworden ist“.7 Er wendet sich auch gegen eine vom Areopagiten und dem Neuplatonismus beeinflusste Stufen- oder Logosmystik, „die vom verbum incarnatum absieht“,8 und meint, mit Hilfe von spekulativen Himmelsleitern „könne sich der Mensch aus eigener Kraft zu Gott emporschwingen.“ Für Luther ist eine solche Mystik „eitel, aufgeblasen, selbstgefällig“ und eine wahre „Teufelsfalle“.9 „Unsere Leiter kann nur die Menschheit dessen sein, der zu uns herabstieg“.10 Allein der menschgewordene Gott ist die Leiter: „Scala Christus est, quia Christus est via“11 – sagt Luther 1520 in einer Weihnachtspredigt. Wir können von einer inkarnatorischen „Deszendenzmystik“12 sprechen, oder um es mit Luther selber zu sagen: „Das Kreuz allein ist unsere Theologie“.13

Für Berndt Hamm gibt Luther die traditionelle Zentralstellung der Liebe, die auch noch für Staupitz bestimmend bleibt, preis: „Aus der mittelalterlichen Liebesmystik wird bei ihm die reformatorische Glaubensmystik.“14 Diese stellt dann eine Demokratisierung der unio mystica dar, weil jeder gläubige Christ eine innige Vereinigung seiner Seele mit Christus geltend machen kann. Dabei kommt es natürlich darauf an, was man unter „Liebesmystik“ versteht. Luther selbst – z.B. in seiner Pfingstpredigt zu Joh 14,23–31, einer klassischen Stelle der teresianischen Mystik – gibt zu verstehen, dass Glaubens- und Liebesmystik zusammengehören, aber der Glaube den Vorrang hat: „Es ist praktisch eins. Denn Christus kann niemand lieben, er glaube denn an ihn und tröste sich seiner […]. Den Glauben muss man zuvor haben […]. Nach dem Glauben soll die Liebe folgen, dass uns nichts, weder im Himmel noch auf Erden, lieber sein soll, als der Mann Jesus Christus.“15

Santa Teresa

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