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2 Neue Suffixe durch EntlehnungEntlehnung

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Exemplarisch soll hier das LehnsuffixLehnsuffix schwzd. -ere < mhd. -erra, -er(r)e < ahd. -arra < lat./roman. -āria vorstellt werden (vgl. Hofer 2012: 92; Sonderegger 1958: 471f.; Szadrowsky 1938: 31; Bach 1952–1956, II/1: 198). Das Suffix schwzd. -ere hat, entsprechend seinem lateinisch/romanischen Vorbild, kollektive Funktion und die Bildungen damit sind ausschliesslich desubstantiv, d.h. ihre Basis ist eine Sache. Das Suffix verbindet sich in der Regel mit Pflanzenbezeichnungen, Tierbezeichnungen, Bezeichnungen für Mineralien oder für sonstiges Erdmaterial (Hofer 2012: 92; vgl. Beispiele unten).

Das Suffix -ere ist in der schweizerdeutschen, insbesondere in der westschweizerdeutschen Toponymie weit verbreitet: Damit gebildete FlurnamenFlurname sind vor allem sogenannte Standortkollektiva, d.h. sie zeigen den räumlichen Bereich an, wo die in der Derivationsbasis genannte Sache von Natur aus in großer Menge vorhanden ist, angepflanzt oder abgebaut wird (Hofer 2012: 92, 208; Sonderegger 1958: 471; Bach II/1, 198). Beispiele dafür aus dem bernischen Namengut sind Nesslere ‚Stelle, wo viele Nesseln wachsen‘, Dinklere ‚Stelle, wo Dinkel angebaut wird‘, Fröschere ‚Ort, wo viele Frösche sind‘, Dräckere ‚Stelle, wo viel Dreck, Morast ist‘, Chalchere ‚Ort, wo viel Kalk vorhanden ist/gebrannt wird‘, Leimere ‚Stelle, wo viel Lehm ist, Lehmgrube‘ (Hofer 2012: 97, 100f., 103, 105–108).

Mit den lateinischen Suffixen -ārius m., -āria f. und -ārium n. wurden ursprünglich Zugehörigkeitsadjektive von Sachbezeichnungen gebildet (z.B. ferrārius ‚zum Eisen gehörig‘). Schon im Lateinischen entstanden durch Ellipse von Bezugswörtern wie z.B. faber ‚Verfertiger‘ zahlreiche Substantivierungen: faber ferrārius ‚Schmied‘ > ferrārius ‚Schmied‘ (vgl. Lühr 2008: 44f., 120).

Substantivierte Bildungen im Femininum und Neutrum dienten dann im späteren Lateinischen bzw. im Romanischen v.a. als Bezeichnungen für Örtlichkeiten, wo z.B. ein Gegenstand vorkommt, hergestellt, verkauft wird, Orte für Tieraufzucht usw., z.B. arēnāria ‚Sandgrube‘, calcāria ‚Kalksteinbruch, Kalkofen‘, ficćria ‚Feigenpflanzung‘ oder oviāria ‚Schafzuchtbetrieb‘ (Lühr 2008: 52f.; Meyer-Lübke 1894: 509–512). Überaus produktiv wird das Suffix -āria im Romanischen, insbesondere in Verbindung mit Pflanzenbezeichnungen (Meyer-Lübke 1894: 511f.).

Zum Entlehnungsprozess (Hubschmied 1940: 29f.; Szadrowsky 1938: 37–41): Das lateinish-romanische Suffix -āria wurde von den Alemannen nicht als isoliertes Suffix übernommen, sondern in Verbindung mit verschiedenen Wörtern. Vorbilder von auf -ere ausgehenden schweizerdeutschen FlurnamenFlurname sind lateinische/romanische Bildungen wie z.B. lat. calcāria ‚Kalksteinbruch, Kalkofen‘ bzw. darauf basierende romanische Flurnamen. Die Alemannen übernahmen so auch die Funktion des Suffixes und wandten es nach dem romanischen Muster auch an eigenem Wortgut an. Schweizerdeutsche Flurnamen wie Chalchere können also entweder direkt auf eine rein romanische Bildung calcāria zurückgehen (roman. calcāria > schwzd. Chalchere mit Reduktion von roman. -āria zu schwzd. -ere aufgrund des deutschen Initialakzents und durchgeführter zweiter Lautverschiebung von roman. c > schwzd. ch), oder können, was in den meisten Fällen wahrscheinlicher ist, auch jüngere, rein schweizerdeutsche Bildungen sein: Calch + -ere > Chalchere (Hofer 2012: 94).

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