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3 Analyse der Belege

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Die beobachtbaren Konstruktionen weisen unterschiedliche Eigenschaften auf, die wiederum verschiedene Zuordnungen der jeweils vorliegenden Verbform als VP oder NP nahelegen. So zeigen sich neben dem Artikel oder Possessivum, deren Vorhandensein Bedingung war, damit das Beispiel in die Sammlung der zu untersuchenden Formen aufgenommen wurde, und die natürlich alleine schon ein deutlicher Hinweis auf SubstantivierungSubstantivierung sind, auch kongruierende Adjektivattribute (wie in das ständige sich-Beklagen, das tägliche Brote schmieren). Solche Attribute können, ebenso wie Genitivattribute (wie in das Abwägen aller möglichen Probleme) bei VerbenVerb nicht auftreten und verweisen ganz klar auf das Vorliegen einer NP und damit auf eine Konversion. Allerdings sind trotz des Artikelgebrauchs ebenso sehr häufig Eigenschaften zu finden, die als klar verbal einzustufen sind. Dazu gehört zum einen die Anbindungen von Objekten wie in beim Pornos gucken, zum anderen – und salienter – aber auch die Verwendung von links attribuierten Adverbialen wie in beim heimlich Pornos gucken. Eine solche Linksattribuierung von Adverbien oder von zu Attributen umgewandelten Adverbialen ist bei Substantiven nicht möglich, da nicht-kongruierende Attribute dieses Typs hier stets nachgestellt werden müssen, cf.:

das Haus dort auf dem Hügel

*das dort auf dem Hügel Haus

Das Vorliegen von Linksattributen, die klar die Funktion von Adverbialen übernehmen, lässt nur den Schluss zu, dass die Konstruktion in dieser Verwendung verbal wahrgenommen wird. Linksattribuierungen dieser Art zeigen sich auch in den folgenden Belegen:

beim fürs Mittagessen gemüseschneiden

das sich-ständig-Beklagen

beim Für-die-Party-Zurechtmachen

Dabei scheint hier aber offensichtlich eine Wahlmöglichkeit zwischen NP und VP zu bestehen, denn sowohl kongruierende als auch nicht-kongruierende Konstruktionen (mit entsprechendem Wechsel der Wortstellung) lassen sich selbst bei identischer Wortwahl beobachten, cf.:

das ständige sich-Beklagen-über-alles

vs.

das Sich-ständig-beklagen-können

Während die Kombination von Kongruenz und Rechtsattribuierung im ersten Fall auf eine eindeutig nominale Konstruktion verweist, ist das zweite Syntagma nur möglich, wenn man den InfinitivInfinitiv als verbal auffasst.

Ebenso zeigt sich wahlweise Rechts- und Linksattribuierung bei Präpositionalphrasen, die abermals einmal auf eine Interpretation als NP, einmal auf VP schließen lassen:

Beim Gemüseschneiden für das Abendessen

vs.

beim fürs Mittagessen gemüseschneiden

Modalverben mit abhängigem Vollverb oder auch mit zusätzlichem Auxiliar und Partizip des Vollverbs (oder mit anderen Worten: mit einem InfinitivInfinitiv Perfekt) zeigen die folgenden Beispiele:

das Sich-ständig-beklagen-können

Das ständig kontrollieren müssen

das „nichts gesehen haben wollen“

Diese Konstruktionen kann man trotz des Artikels, der ihnen vorangeht, nur noch mit Schwierigkeit als nominal interpretieren.

Wenn man den Horizont der Betrachtung etwas weiter ausdehnt, kommt man schnell zu der Überlegung, dass Verlaufskonstruktionen wie der Progressiv und möglichweise auch der sog. Absentiv (cf. Vogel 2009) hier mit betrachtet werden sollten. Insbesondere beim Progressiv zeigen sich abermals parallel sowohl substantivische als auch verbale Merkmale. So bemerkt etwa van Pottelberge (2009: 369), dass neben den von ihm angeführten, seltenen Verwendungen eines Objektsgenitivs wie in

Denn während eine Gruppe noch am Entladen des mit verschiedenen Utensilien beladenen Kleinlasters ist (Beispiel nach ibd.)

sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache weit häufiger die von ihm als „substantivierte Infinitivphrasen“ (ibd.) bezeichneten Konstruktionen zu beobachten sind, die verschiedene Objekttypen sowie auch Adverbiale aufweisen:

Am Arbeiten war er und am Olympische-Spiele-Schauen (Beispiel nach ibd.)

Und vielleicht ist er genau nach diesem „guten alten Stück“ seit Jahren am Suchen. (Beispiel nach ibd.: 371)

Tatsächlich zeigt sich hier kein struktureller Unterschied zu den im Vorigen angeführten Beispielen: „Die am-Phrase ist nicht fest mit dem VerbVerb sein verbunden, sondern bildet eine eigenständige morphologische Einheit […]“ (ibd.: 367). Offensichtlich verhält sich der Progressiv incl. seiner Parallelkonstruktionen mit beim oder im (cf. ibd.: 364–366) völlig analog zu den anderen hier behandelten Infinitivkonstruktionen und kann hier mit subsumiert werden.

Absentiv-Konstruktionen weisen im Gegensatz zum Progressiv zwar keinen Artikel auf und stehen in einer Position, die man entweder als prädikativ oder sonst als verbale Konstituente auffassen kann. Dennoch sind auch hier Ähnlichkeiten unverkennbar, cf. etwa die folgenden beiden Belege:

Heute vormittag waren wir auch noch kurz Pilze fürs Mittagessen sammeln und es gab soooo viele :o

vs.

beim Pilzesammeln für den privaten Bedarf

Schließlich könnte man im gegebenen Zusammenhang möglicherweise auch die sog. „Sternchen-Formen“ mit berücksichtigen, wie sie Pankow (2003: 104) beschreibt und wie sie durch die folgenden Belege (Beispiele nach ibd.) illustriert werden:

*mitdenfüßennachderfernbedienungfisch*

*schweißvonderstirnwisch*

Hier findet sich zwar weder ein Artikel noch eine Infinitivendung, aber es zeigen sich linksattribuierte Objekte und Adverbiale in einer trotz mangelnder Finitheit eindeutig verbalen Konstruktion.

Aber abgesehen von solchen zusätzlichen Problemfällen: Was hat es mit den im Vorigen beschriebenen Konstruktionstypen auf sich?

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