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3 EntlehnungEntlehnung von WortbildungsmusternEntlehnung von Wortbildungsmustern

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Durch SprachkontaktSprachkontakt können wie eingangs angetönt neben Wörtern und Suffixen auch WortbildungsmusterWortbildungsmuster entlehnt werden. Konkret geht es hier um das in der schweizerdeutschen Toponymie weit verbreitete Wortbildungsmuster, mittels Movierung den Besitz oder Wohnsitz einer Person/Familie (auch einer Gemeinschaft oder Institution) anzuzeigen, z.B. Müllere f. ‚Besitz (Wiese, Hof usw.) der Familie Müller‘. Die Basis bildet hierbei meist ein Familienname, der auf -er ausgeht (Hofer 2012: 119).

Movierung mittels Suffixableitung wird im appellativen Bereich bekannterweise dafür verwendet, um aus persönlichen maskulinen Bildungen feminine Bildungen zu machen (Bußmann 2008: 458). Im SchweizerdeutschenSchweizerdeutsch wird neben dem (mit nhd. -in identischen) Suffix -i(n), z.B. Lehreri(n) f., auch mit dem Suffix -(er)e moviert, z.B. Lehrer m. – Lehrere f., FN Kopp m. – Koppere f. ‚Frau (des Herrn) Kopp‘ (Hofer 2012: 119; SDS III, 159f.).

Es ist nun nichts Außergewöhnliches, dass Bildungen in der Toponymie neue oder andere Funktionen erhalten können, die sie im normalen Sprachgebrauch nicht haben. Beispielsweise werden Diminutivbildungen in der SchweizerdeutschenSchweizerdeutsch Toponymie oft nicht dafür benutzt, um die Kleinheit einer Flur hervorzuheben, sondern um damit die geographische Lage bzw. Zugehörigkeit zu einer anderen Flur anzuzeigen, z.B. in Langnau im Emmental Büelti neben Büel, in Brienzwiler Schlusselti neben Schlussel usw., wobei das Grundstück mit dem DiminutivsuffixDiminutivsuffix im Namen flächenmäßig nicht unbedingt kleiner sein muss als das andere (Hofer 2012: 31, 55; cf. auch Odermatt 1903: 59). Weiter können auch unveränderte und unflektierte Personennamen bzw. Familiennamen als besitzanzeigende oder wohnsitzanzeigende FlurnamenFlurname stehen, v.a. bekannt im Berner Oberland: Flurname Wäfler (4 Häuser in Frutigen; zum Familiennamen Wäfler), Flurname Schuler (Heimwesen in Adelboden; zum Familiennamen Schuler) oder Flurname Balsiger (Weide in Reichenbach; zum Familiennamen Balsiger) (Hofer 2012: 120; Hubschmied 1940: 49f.).

Eine neue Funktion hat nun auch die Movierung in der schweizerdeutschen Toponymie angenommen, nämlich die Funktion der Besitzanzeige. Solche movierte feminine Bildungen sind v.a. im Westschweizerdeutschen, insbesondere in den Kantonen Bern und Freiburg, also in Sprachgrenzregionen, sehr häufig (Szadrowsky 1938: 35; Hofer 2012: 119–167). Vorlage für solche schweizerdeutschen FlurnamenFlurname sind die im Romanischen, im Französischen und in der Romandie (der französischsprachigen Schweiz) häufigen besitzanzeigenden femininen Toponyme, gebildet mit unterschiedlichen Suffixen: Richardière ‚Besitz, Wohnsitz eines Richard m.‘, La Perretta f. ‚Gut, Alp eines Perret m.‘, La Philipona f. ‚Gut, Alp eines Philipon m.‘ (Hubschmied 1938: 722; Hubschmied 1940: 51; Vincent 1937: 274f.; Muret 1930: 89f.; Hofer 2012: 209f.).

In diesem Fall wurde von den Alemannen also nicht ein Suffix entlehnt, sondern das Muster. D.h. die Motionsbildung wurde mit Mitteln aus der eigenen Sprache dem romanischen Muster lediglich nachempfunden (Hofer 2012: 210); konkret mit eigenem Suffix schwzd. -e < ahd. -(i)a < germ. *-(j)ōn (cf. Henzen 1965: 134, 163), das an mask. Bildungen mit -er-Auslaut angehängt wurde.

Dadurch, dass der Ausgang dieser movierten femininen Bildungen die gleiche Lautgestalt hat wie bei den Kollektivbildungen auf -ere, entsteht die Schwierigkeit, die Bildungen auseinanderzuhalten: Der bernische FlurnameFlurname Haslere kann demnach als ‚Stelle, wo viele Haselstauden wachsen‘ oder ‚Besitz der Familie Hasler‘ gedeutet werden (Hofer 2012: 183). Abhilfe schaffen kann in solchen Fällen die Realprobe oder die Familiennamenforschung.

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