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1.2.1 Zur Entstehung von Mehrsprachigkeit
ОглавлениеWährend wir uns bisher mit den kognitiven und psycholinguistischen Aspekten der individuellen Mehrsprachigkeit beschäftigt haben, möchten wir das Phänomen nun auch aus den Perspektiven der Entwicklung, der Funktion und des Verhaltens von Mehrsprachigkeit beziehungsweise Mehrsprachigen behandeln. Mehrsprachigkeit ist normalerweise eine Antwort auf eine konkrete Kommunikationssituation. Menschen werden zunächst aus pragmatischen Gründen mehrsprachig. Sie erlernen eine Sprache oder Varietät, weil diese bestimmten Funktionen erfüllt, welche von den ihnen bereits verfügbaren Sprachen und Varietäten nicht erfüllt werden. Natürlich ist diese Wahl oft durch politische Prioritäten (zum Beispiel eine offizielle Landessprache zu erlernen), ökonomische Überlegungen (zum Beispiel eine Sprache zur Sicherung besserer Arbeitsbedingungen zu erlernen), oder soziokulturelle Motive (zum Beispiel eine im Bildungswesen vorherrschende Sprache, eine weitläufig gebräuchliche Alltagssprache, oder eine kulturell hochangesehene Sprache zu erlernen) motiviert. Mehrsprachigkeit kann jedoch auch aus anderen Gründen entstehen, etwa aus ästhetischen Überlegungen (einer Sprache verfallen) oder als Ausdruck von Identität, Mode, sozialer Marker etc. Umfragen an der Azerbaijan University of Languages in Baku haben ergeben, dass viele Studenten und Studentinnen die italienische Sprache als Wahlpflichtmodul nur deshalb auswählen, weil ihnen der Klang des Italienischen gefällt. Andere Menschen in Aserbaidschan perfektionieren ihr Türkisch, weil sie sich mit der gesamttürkischen Welt eher identifizieren, als mit Aserbaidschan als einem Teil der türkischen Welt.