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9 Zusammenfassung

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Insgesamt ist die fast hundertjährige Geschichte der deutschen Minderheit in Nordschleswig von Kontinuität und Wandel geprägt. Seit 1920 ist die Zukunft der Minderheit ungewiss, aber die Minderheit existiert auch heute noch, wobei sich ihr heutiger Charakter von dem früherer Zeiten unterscheidet. Die alten Bestrebungen, die Grenze zu revidieren, sind verschwunden und wurden durch eine breite Zusammenarbeit in der gesamten Region, sowohl nördlich als auch südlich der Grenze, ersetzt.

Im Allgemeinen hat die Mehrheit in Nordschleswig eine positive Einstellung gegenüber der deutschen Minderheit entwickelt, seit sie in den 1990er Jahren begann, sich mit der dänisch-deutschen Zweisprachigkeit als positives Phänomen zu identifizieren und als eine Gruppe zu betrachten, die den dänischen Dialekt Sønderjysk bewahrte. Viele Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft sehen das Deutschsein nur als eine Frage der deutschen Sprache, die zum dänischen Dialekt Sønderjysk und zu Standarddänisch hinzukommt; die nationale Identität steht nicht im Mittelpunkt. Dies kann als ein allgemein abnehmendes Interesse an der nationalen Identität angesehen werden, dem nur einige wenige offene Nationalisten entgegenstehen. Diese wenden sich auch gegen die jungen Mitglieder der Minderheit, die sich selbst als deutsche Südjütländer betrachten. Für diese nationalgesinnten Dänen ist hingegen Südjütländer ein regionaler Identitätsmarker, der nur Dänen umfasst. Anders herum lehnt auch die ältere Generation der Minderheit die Selbstbeschreibung als deutsche Südjütländer ab und sieht sich eher als Nordschleswiger, was die Zugehörigkeit zur Minderheit betont.

Die Kombination aus zunehmender Regionalisierung und Denationalisierung hat die Barrieren zwischen der Mehrheit und der Minderheit abgebaut, und beide haben sich wiederum füreinander geöffnet. Minderheitenkindergärten und -schulen werben um die Kinder der Mehrheit; einige ihrer Eltern wählen diese Einrichtungen aktiv, vor allem, damit ihre Kinder als dänische und deutsche Zweisprachige aufwachsen. Darüber hinaus nutzen insbesondere einige Senioren aus der Mehrheitsbevölkerung die Angebote des Sozialdienstes. Auch im Bereich der Politik wurden die Grenzen zwischen Dänisch und Deutsch durchbrochen, v.a. durch die regionale Profil- und Sprachkampagne der SP, die zu einer Verdoppelung der Stimmen für die SP geführt hat. Von der Mehrheit wurde vorgeschlagen, dass die Wahllokomotive der SP in Sonderburg/Sønderborg Bürgermeister im Stadtrat sein sollte. Letztlich wurde er jedoch nicht dazu gewählt.

Die Offenheit der Minderheit hat aber auch zu einigen Missverständnissen geführt. Einige Dänen haben vorgeschlagen, einen dänischen und einen deutschen Kindergarten zusammenzulegen, da die Kinder zu Hause dieselbe Sprache sprechen. Darüber hinaus haben einige vorgeschlagen, den Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig in sein dänisches Pendant einzugliedern, um die finanziellen und fachlichen Ressourcen optimal zu nutzen. Die Ablehnung beider Vorschläge ist jedoch ein Ergebnis des Wunsches der Minderheit, Integrität zu wahren und Assimilation zu vermeiden, so dass die Offenheit am besten als solche verstanden wird, die auf Initiative der Minderheit und nicht der Mehrheit ersucht werden sollte.

Handbuch des Deutschen in West- und Mitteleuropa

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