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2.1.1 Kommunikative Steuerung sozialer Identitätsprozesse

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Mit der Sprache konstruieren Sprecher und Sprecherinnen ihre Rolle in der sozialen Interaktion und kommunizieren diese an ihre Gesprächspartner beziehungsweise Gesprächspartnerinnen und die Außenwelt. Quist und Jørgensen (2009: 386) weisen darauf hin, dass selbst die “most monolingual speakers” Code-Wechsel betreiben, um damit den Wechsel von einer Rolle zur anderen zu markieren. Dieser Wechsel muss nicht situativ oder kontextuell, sondern kann auch metaphorisch sein. Unzählige Studien verweisen auf den Zusammenhang von Sprache und Identität und den identitätsstiftenden Charakter der Sprache bei Mehrsprachigen: Pavlenko (2006); Pavlenko & Blackledge (2004); Panayiotou (2004); Piller (2002); Bamberg (1997). Eine Zusammenfassung qualitativer und quantitativer Studien findet sich in Dewaele (2009), ein Überblick über die Forschungsentwicklung in Baquedano‑López & Kattan (2007).

Die soziale Konstruktion kann ihren Ausdruck in unterschiedlicher sprachlicher Form finden oder sie kann durch Registermarkierungen unterstützt werden. Zu den Markierungen gehören syntaktische, morphologische oder phonetische Markierungen. Quist und Jørgensen (2009) zeigen, wie etwa durch den Wechsel von einem labio-dentalen /w/ zu einem dentalen Verschlusslaut /v/ in dänischer Jugendsprache eine Markierung als ausländisch beziehungsweise Ausländer oder Ausländerin entsteht und welche Folgen diese sprachliche Identitätskonstruktion bewirkt. Hierzu gehören etwa auch lexikalische Markierungen eines Registerwechsels: zum Beispiel in der deutschen und dänischen Kanaksprak isch schwör oder Dänisch jeg sværger, (Quist & Jørgensen 2009: 383) im Sinne von ‚ehrlich‘, ‚ich sags dir doch‘ oder ‚wonn isch dirs doch saach‘ (Hessisch). Nicht jeder Sprecher oder jede Sprecherin greift jedoch auf diese Konstruktionsmittel zurück. Die Markierung des Wechsels verlangt eine Bereitschaft, Sensibilisierung, und persönliche Anlage und Kompetenz für die Konzeptualisierung beim Sprecher, eine hinreichende Salienz in der Kommunikation sowie eine entsprechende Einschätzung der sozialen Bedeutung durch den Sprecher. Auer und Dirim (2003) zeigen in ihrer Studie, wie Jugendliche in Hamburg Strategien zur Identitätskonstruktion und Markierung von Gruppenzugehörigkeiten verwenden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die aus einer der beteiligten Sprachen entlehnten Elemente reale Wörter oder Chunks dieser Sprache sind. Sie können auch als Anlehnungen an diese Sprachen zur Markierung der Fremdsprachigkeit oder eines Identifizierungs- oder Distanzverhältnisses zu einer Sprache verwendet werden. Damit kann man sich von dieser Sprache oder von einer Gruppe abgrenzen, der man die Sprache zuordnet, zum Beispiel indem man sich über sie lustig macht (vergleiche Hinnenkamp 2003). Jørgensen (2004) nennt dieses Verfahren languaginglanguaging und Wächli (2005) bezeichnet den Vorgang der Neu- oder Umbenennung mittels fremdsprachiger Elemente in Anlehnung an Kreolisierungsprozesse der Relexifizierung relexicalisationrelexicalisation. Auch als foreignizingforeignizing kann man dieses Verhalten bezeichnen (siehe Abschnitt 3.3.1 und Lerneinheit 4.3).

Wie Lo (1999) anhand des heteroglossischheteroglossischen Verhaltens asiatischer Jugendlicher in Los Angeles zeigt, bedarf es aber trotz der genannten sprachlichen Identifikationsmittel immer noch der Ratifizierung und Legitimierung der sozialen Rolle der Jugendlichen durch das soziale Umfeld. Die soziale Legitimierung ergibt etwa die Aufnahme in die Ingroup und die Übernahme bestimmter Rollen. Wo sprachliche und soziale Identität nicht korrespondieren, bedarf es oft weiterer Legitimierungsprozesse.

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