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2.1.5 Die Normalität des Fremden in der skeptischen Hermeneutik

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Schon sehr früh und nachdrücklich wehrt sich Hunfeld gegen alle Versuche, Fremdheit zu verharmlosen, zu verwaschen oder auflösbar zu machen und plädiert dagegen für ein Konzept der Affirmation und des Erhalts (Normalität) des Fremden. Bewusst distanziert sich dieser Ansatz von jeder „optimistischen Verstehenslehre“ (Hunfeld 2004: 487), die davon ausgeht, dass man den Fremden verstehen könne, wenn man nur sorgfältig seine Sprache und Kultur lernte.

Diese einfache Grunderkenntnis der Hermeneutik widerspricht der gängigen Euphorie, die der Sprache zutraut, sie könne zwischen allen alles vermitteln (Hunfeld 1998: 85).

Diese Normalität des Fremden erfordere eine neue Haltung, die den fremden Anderen in seiner Eigenheit wahrnehme und anerkenne, zugleich aber eine respektvolle Nähe und Distanz ermögliche und so die Bedingungen für einen interkulturellen Dialog schaffe, der von gleichwertigen Partnern und Partnerinnen geführt werde. „Solange das Fremde noch auffällig ist, wird es nicht als Normalität wahrgenommen“ (Hunfeld 2004: 488). Die Schwierigkeiten des Fremd-Verstehens führt Hunfeld unter anderem auf folgende traditionelle und weiter in die Gegenwart wirkende Tendenzen zurück:

 die Inbesitznahme des Fremden aus der eigenen Interessensperspektive;

 die Neigung, Fremdes in die je eigenen Verstehensbegriffe überzuführen;

 die Fiktion, das Fremde vom Eigenen her abzubilden;

 die Befangenheit im a priori als richtig verstandenen Urteil über den Anderen;

 die Eingeschränktheit in der eigenen Wahrnehmung;

 die Unfähigkeit, das Andere als Anderes gelten zu lassen;

 das autoritäre Sprechen mit dem Fremden, das zu seiner Verstummung führt. (vergleiche Hunfeld 2004: 45)

„Wenn das Fremde in der gewährten Nähe das Verschiedene bleiben kann“, werde der Tendenz vorgebeugt, es „vollständig in das eigene Verständnis zu bekommen“ (Hunfeld 1998: 60). Damit komme es auch nicht zu der oft befürchteten Auflösung der Perspektiven in transkulturellen Prozessen.

Hunfelds darauf aufbauendes Konzept der skeptischen Hermeneutik betont die nicht auflösbare Begrenztheit des Verstehens. Verstehen erfordere demnach eine mühsame Verstehensübung, die diese Begrenztheit beachte, denn das Nichtverstehen sei konstitutiver Bestandteil jeder Anstrengung des Verstehens (siehe Hunfeld 2004: 45).

Kapumba Akendas Entwurf des Modells eines ethischen Universalismusethischer Universalismus (2004), der wie Hunfelds skeptische Hermeneutikskeptische Hermeneutik von einer praktischen, Verstehensgrenzen überschreitenden Anerkennung von Pluralität, Ungleichheit und Dissens ausgeht, hebt hervor, dass diese Anerkennung keinen Verzicht auf das Verstehen als Ziel, sondern einen Verzicht auf das Verstehen als Bedingung interkulturellen Handelns darstelle.

Sie kommt ohne eine theoretische und argumentative Homogenisierung aus und erzeugt dadurch eine Gleichheit der Bedingungen für ungleich verstandenes und kulturbezogenes Handeln (Kapumba Akenda 2004: 284).

Der Normalfall des Nichtverstehens besteht nach Kogge (2002) folglich darin, dass zwischen dem Aufkommen eines Zweifels bis zu seiner Beseitigung konstruktive Verstehensprozesse ausgelöst werden. Der skeptischen Hermeneutik geht es in diesem Sinne nicht um die Auflösung oder Verwässerung unterschiedlicher Positionen oder eine vordergründige Kompromissbereitschaft (Toleranz), sondern gerade um die Wahrung des Rechts auf, und die Betonung der Notwendigkeit von Differenz und Dissens. Folgerichtig entwickelt die skeptische Hermeneutik aus der Affirmation von Differenz und Dissonanz auch für den Unterricht die Forderung, Fremdheit als Lernimpuls aktiv nutzen zu sollen, anstatt sie auflösen zu wollen. Ein anderes Verständnis von Verstehen führe nicht wirklich zu einer Anerkennung der Andersartigkeit. Will man diesen Ansatz im Fremdsprachenunterricht produktiv umsetzen, genügt es folglich nicht mehr, in der Landeskunde fixierte Normen vorzugeben, nachzustellen oder zu deuten.

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