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2.2 Mensch-Natur-Beziehung im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung
ОглавлениеFließen in das Thema Anthropozän nicht nur geologische, sondern auch als kulturelle Aspekte ein, so entsteht ein Denkrahmen für Bildungsprozesse. Dabei soll es um eine Neudefinition der Mensch-Natur-Beziehung gehen. Kinder können im schulischen Kontext, dabei vor allem im Sachunterricht, Umweltbildung erleben, wenn auf die Subjekt-Objekt-Beziehung im Bereich der technisch-naturwissenschaftlichen Diskurse eingegangen wird. Im Bereich der Primarstufe kann das Anthropozän unmittelbar einfließen, wenn bedeutungsvolles Erleben im Vordergrund steht. (Vgl. Scheuch & Sippl 2019) Dies kann ebenso im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verstanden werden. Der Grundsatzerlass Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung (2014) beschreibt die Abhängigkeit des Menschen von natürlichen Lebensgrundlagen und Ressourcen des Ökosystems Erde. Ein Umdenken muss stattfinden, damit Verschwendung, Ausbeutung sowie Verlust der Biodiversität und Veränderungen des Klimas erkannt und entsprechend behandelt werden können. Dadurch soll eine nachhaltige Entwicklung für die nachfolgenden Generationen geschaffen werden.
Wer, wenn nicht Schule, hat die Pflicht, aus Erkenntnis Bekenntnis zu machen, aus Bekenntnis Bekundung zu geben, aus Bekundung Verwirklichung einzuüben, aus Verwirklichung Folgenabschätzung vorzunehmen und aus Folgenabschätzung wiederum Erkenntnis zu gewinnen? (Rauscher 2020, 195)
Aus diesem Grund ist Umweltbildung an österreichischen Schulen ein notwendiges Instrument, um nachhaltige Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft zu fokussieren. In der Broschüre „Tür auf! Mein Einstieg in Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der Stiftung Haus der kleinen Forscher (2018) finden sich unterschiedliche Schlüsselthemen für eine nachhaltige Entwicklung. Einige dieser Themen eignen sich gut zur Umsetzung im Heimatkundeunterricht, wie am Beispiel Puchberg am Schneeberg gezeigt werden kann. Dazu zählen Wasser und Gerechtigkeit, Artenvielfalt sowie Mobilität und Verkehr. Wenn Bildung für nachhaltige Entwicklung im Unterricht thematisiert wird, ist ein allgemeines Ziel, dass Kinder ihr Verhalten nachhaltig verändern, damit sie selbst und nachfolgende Generationen gute Lebensbedingungen haben.
Im Bereich Wasser und Gerechtigkeit kann die Wasserversorgung thematisiert werden. Die Wassernutzung im Bereich der Wiener Hochquellenleitung und der damit zusammenhängenden gerechten Verteilung und der Rolle des Orts und seiner Bewohner spielt dabei eine große Rolle. Kinder können so erkennen, dass die Erde ein gemeinsames Gut darstellt, das nur als Gemeinschaft geschützt und genützt werden kann.
Beim Schlüsselthema Artenvielfalt arbeiten die Kinder an Themen des Naturschutzes in Verbindung mit der touristischen Nutzung und dem damit im Zusammenhang stehenden Vertreiben der Arten aus der Landschaft. Wie viel Nutzen der Tourismus für den Ort hat, wie lebenswichtig dieser ist und welcher Konsens gefunden werden kann, damit Mensch und Tier – das Ich und das Andere – in einer gut funktionierenden Gemeinschaft leben können, gestalten sich als wichtiges Thema der Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Bezüglich der Mobilität und dem Verkehr sind Verkehrsanbindungen, Parkraumschaffung und -bewirtschaftung zentral. Fragen der Auswirkungen auf den Ort und seine Bewohner durch das erhöhte Verkehrsaufkommens ist dabei eine wichtige Komponente, vor allem, wenn in Betracht gezogen wird, dass es sich bei Puchberg am Schneeberg um einen Luftkurort handelt.
Wichtig erscheint, dass das Anthropozän nicht negativ konnotiert ist, sondern als konstruktive Möglichkeit für Veränderungsprozesse an die Kinder herangetragen wird. Sie sollten erkennen, dass die derzeitigen Handlungen in Bezug auf die Umwelt verändert werden müssen. Es ist aber genauso notwendig, ihnen zu vermitteln, dass dreierlei Bereiche eine Rolle spielen, wenn nachhaltige Bildung im Sinne des Anthropozäns stattfinden soll. Die drei Bereiche, die dabei im Mittelpunkt stehen, sind ökologische Verträglichkeit, ökonomische Leistungsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit in der Umwelt. Im Bereich der ökologischen Verträglichkeit muss das Überdauern des Lebens auf der Erde im Vordergrund stehen. Die ökonomische Leistungsfähigkeit sollte in garantiertem Wohlstand aller Menschen münden. In Bezug auf soziale Gerechtigkeit sind Gleichheit und Gleichberechtigung aller Menschen zentral. (Vgl. Künzli et al. 2008)
Im Rahmen der Umweltbildung wird aufgezeigt, welche komplexen Verflechtungen gesellschaftlicher Einflüsse den gegenwärtigen Zustand der Umwelt maßgeblich mitbestimmt haben. Dabei muss das Bewusstsein, das Verantwortungsgefühl und die Kompetenz der Schüler*innen für ihre eigene Zukunft gestärkt werden. (Vgl. Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014) Gelingen kann dies durch einen fächerverbindenden, projektorientierten Unterricht, bei dem Erfahrungen der Kinder und daraus abgeleitetes Wissen sinnvoll miteinander verknüpft werden. (Vgl. Scheuch & Sippl 2019; Künzli et. al. 2008)