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2. Das Bilderbuch als kulturelle Repräsentation
ОглавлениеDa jede Art der Thematisierung von Nachhaltigkeit immer kulturell vermittelt wird (Rippl, 2019), greift dieser Beitrag das Medium Bilderbuch als kulturelles Gut auf.
Das Bilderbuch gilt als eine spezielle Gattung der Kinder- und Jugendliteratur (Abraham & Knopf, 2019), die sich durch die Verzahnung und Durchdringung der beiden Ebenen Text und Bild auszeichnet, wobei sich textliche und bildliche Formen des Erzählens auf komplexe Weise zu einer Gesamtaussage zusammenfügen (Thiele 2011).
Wenngleich das Bilderbuch nicht mehr ausschließlich Kinder adressiert, so nimmt es in der frühen Kindheit dennoch einen zentralen Stellenwert in der Welterschließung ein. Bilderbücher ermöglichen nach Thiele (2011) in fiktionaler Form Fragen, Themen und Probleme der kindlichen Lebenswelt aufzugreifen (erzählendes Bilderbuch) bzw. mit Bild und Text Themen aus Natur, Technik und Umwelt zu veranschaulichen (Sachbilderbuch).
Das literarische Bilderbuch stellt ein „semiotisch sehr komplexes Erzählmedium“ (Staiger 2019, 14) dar, da Bilder und Schrifttext auf verschiedene Weisen kommunizieren. Die Gesamtheit erschließt sich aus dem Zusammenspiel von bildlichen und verbalen Codes und die Lektüre erfolgt in einem stetigen Pendeln zwischen Bild- und Schrifttext. Beim Lesen und Hören soll das Kind innere Bilder erzeugen und zu einer logischen Folge verknüpfen (Schönauer-Schneider 2012, 241). Ab etwa vier Jahren können zunehmend Bilderbücher mit komplexerem Inhalt dialogisch gelesen, betrachtet und besprochen werden. Charakterisierend für das jeweilige Buch sind Handlung, Figuren, Themen und Motive, der Raum, die Zeit ebenso wie Schrifttext und sprachliche Gestaltung, Bildtext in Form von Stil, Farbe und Komposition sowie auch die Typografie und das Verhältnis von Bild- und Schrifttext.
Während das erzählende Bilderbuch in fiktionaler Form Fragen, Themen und Probleme der kindlichen Lebenswelt aufgreift, veranschaulicht das Sachbilderbuch Themen aus Natur, Technik und Umwelt (Thiele 2011), indem es sich mit „Gegenständen der empirisch erfahrbaren Welt“ befasst (Steitz-Kallenbach 2004, 115). „Sachbücher vermitteln Kindern Wissen über die Welt und das Handeln in der Welt“ (Steitz-Kallenbach 2004, 117), wobei der begründeten Auswahl von Inhalten in Anbetracht der Informationsvielfalt besonderes Augenmerk zukommt. Außerdem nimmt die didaktische Reduktion eines komplexen Inhalts hohe Bedeutung ein, da die Inhalte zugleich wissenschaftlich korrekt dargestellt werden müssen. Meist werden für die Wissensvermittlung szenische Darstellungen gewählt, um „auch auf angenehme Weise [zu] unterhalten (Hollstein & Sonnenmoser 2017, 79). Motivierende Elemente und Stimulanzien wie Klappen, Folien und dergleichen dienen als anregende Zusätze (Hollstein & Sonnenmoser 2017, 83–90).
Bilderbücher erfüllen daher sowohl die Funktion des Erzählens wie auch des Zeigens, wobei die dialogische Betrachtung sowie die Anschlusskommunikation zwischen Kind und Erwachsenen im Mittelpunkt stehen. Dies veranschaulicht unter anderem Halbey in seinem Kommunikationsmodell zur Bilderbuchbetrachtung (zit. nach Schönauer-Schneider 2012, 244), das die Wechselwirkung zwischen dem Medium Bilderbuch, dem*der Empfänger*in und dem*der Vermittler*in zum Ausdruck bringt, wobei Autor*in bzw. Illustrator*in als Gestalter*innen des Mediums in Form der*des Senderin*Senders Auslöser*in jeglicher Kommunikationsprozesse sind.
Grundsätzlich haben Bilderbücher eine vielfältige Funktion in der frühen Kindheit, die den Erwerb eines breiten Spektrums von Kompetenzen unterstützen (Schönauer-Schneider 2012, 243):
• Sprachliche Kompetenzen, insbesondere im lexikalisch-semantischen wie syntaktischen Bereich
• Kommunikative Kompetenzen wie Dialogführung oder Gesprächsusancen
• Kognitive Kompetenzen, z.B. Aneignen von Sachwissen und -kenntnissen, Herstellen von Zusammenhängen, Verstehen von Prozessabläufen, Bilden mentaler Repräsentationen, Verknüpfen des medial Vermittelten mit der eigenen Lebenswelt
• Motivational-emotionale Kompetenzen wie Sprechfreude, Neugierde, Interesse, Empathie
• Ästhetisch-literarische Kompetenzen: Förderung der Fantasie und Kreativität
• Entwicklungsangemessene Arbeitshaltungen durch Förderung von Konzentration und Ausdauer.
Sippl (2020b) hat sich bereits aus einer literaturdidaktischen Perspektive mit der Frage befasst, wie das Bilderbuch in der Primarstufe als Lernmedium im Kontext der komplexen Mensch-Natur-Beziehung eingesetzt werden kann.