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Analytisch

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Mit Kant ist der Begriff der Analytizität ins Zentrum der Erkenntnistheorie gerückt (Kritik der reinen Vernunft A 7–10, B 11–14). Er war der Meinung, dass die grammatikalische Struktur ‚S ist P‘ eine Grundform des Urteils ist. Das Urteil ist analytisch, wenn der Gehalt des Prädikats P im Inhalt des Subjekts S enthalten ist, das heißt, wenn der Inhalt von S kleiner als der Inhalt von P ist oder beide gleichwertig sind, wie zum Beispiel im Urteil „Alle Körper sind ausgedehnt“. Nach einer anderen Auffassung Kants ist ein Urteil analytisch, wenn seine Wahrheit durch Reduktion auf das Widerspruchsprinzip bestimmt werden kann. Ein Urteil ist synthetisch, wenn der Inhalt von P über den Inhalt von S hinausgeht. Nach Kant kann dann das Urteil ‚S ist P‘, zum Beispiel „7 + 5 = 12“, nicht auf das Prinzip des Widerspruchs reduziert werden. Wichtig war für Kants Ansatz die Trennung der Unterscheidung zwischen analytisch und synthetisch einerseits von der Unterscheidung zwischen a priori (↗ A priori) und a posteriori andererseits. Dies war eine neue Einsicht, denn Humes Begriff des Tatsachensatzes und des Satzes über die Beziehung zwischen Ideen, so wie auch Leibniz’ Unterscheidung zwischen den vérités de raison und den vérités de fait, können als analytisch bzw. synthetisch oder als a priori bzw. a posteriori interpretiert werden. Beide Unterscheidungen Kants ergeben zusammen vier Arten von Urteilen oder Sätzen: analytisch a priori, analytisch a posteriori, synthetisch a priori und synthetisch a posteriori. Weil alle analytischen Sätze tautologisch sind, sind sie auch a priori. Es gibt keinen Grund, um innerhalb der analytischen Sätze die apriorischen von den aposteriorisch gültigen zu unterscheiden. Die Logik besteht aus analytischen Urteilen, die Mathematik (Arithmetik und Geometrie) enthält synthetische Wahrheiten a priori (zum Beispiel „7 + 5 = 12“, „der Raum ist dreidimensional“). Das Gleiche gilt für die mathematische Physik (Newtons Gesetze). Die experimentellen Wissenschaften enthalten vor allem synthetische Urteile a posteriori. Kant war der Meinung, dass seine Theorie der synthetischen Urteile a priori, die also das Wissen erweitern und von der Erfahrung unabhängig sind, den Gegensatz zwischen Empirismus und Rationalismus überwindet und die kopernikanische Wende in der Philosophie einleitet.

Die Unterscheidung zwischen Analytizität und Synthetizität, die im 19. Jahrhundert u.a. durch Bolzano und Frege diskutiert wurde, wurde im 20. Jahrhundert intensiv geführt. Sie erschien nicht nur für die Erkenntnistheorie wichtig, sondern auch für die Philosophie der Logik und der Mathematik, für die Philosophie der Sprache und für die Philosophie der Wissenschaften (Proust 1989, Wolenski 2004, Wille 2007). Bolzano definiert den analytischen Satz als einen Satz, der unabhängig von Veränderungen in nichtlogischen Elementen richtig bleibt. Nach Frege dagegen kann die Wahrheit jedes analytischen Satzes allein auf Grund der Regeln der Logik und durch Definitionen nachgewiesen werden. Frege hat die Aussagen der Mathematik, mit Ausnahme der Geometrie, als analytische betrachtet. Die Geometrie dagegen ist eine Wissenschaft, die synthetische, a priori wahre Aussagen enthält. Die Mathematik als System analytischer Sätze liegt dem Logizismus in der Philosophie der Mathematik zugrunde, der auf Frege zurückgeht und durch Russell, Wittgenstein (mit einigen Einschränkungen) und Carnap entwickelt wurde (↗ Mathematisches Wissen). W. V. O. Quines Aufsatz Zwei Dogmen des Empirismus (Quine 1953) präsentiert einflussreiche Argumente gegen die Unterscheidung von analytischen und synthetischen Sätzen. Sie ist Gegenstand einer lebhaften Diskussion bis zum heutigen Tag (Wolenski 2004, Russell 2008).

Kants Definition des Begriffs analytischer Satz gilt heute als zu eng. Im 20. Jahrhundert wurden andere Definitionen von analytisch vorgeschlagen (cf. Delius 1963, Wolenski 2004). B. Mates (Mates 1951) hat folgende Arten von Bestimmungen des Begriffs analytisch unterschieden (das Prädikat „ist analytisch“ ist in der Regel eine Abkürzung von „ist analytisch wahr“):

(a) Die Aussage A ist analytisch dann und nur dann, wenn A in jeder möglichen Welt wahr ist.

(b) Die Aussage A ist analytisch dann und nur dann, wenn A unmöglich falsch sein kann.

(c) A ist analytisch dann und nur dann, wenn non-A in sich widersprüchlich ist.

(d) A ist analytisch dann und nur dann, wenn A auf Grund der Bedeutung und unabhängig von den Tatsachen wahr ist.

(e) A ist analytisch dann und nur dann, wenn A eine logische Wahrheit ist oder in eine logische Wahrheit durch Substitution von Synonymen umgewandelt werden kann.

(f) A ist analytisch dann und nur dann, wenn A in jeder Zustandsbeschreibung wahr ist.

(g) A ist analytisch dann und nur dann, wenn A auf Grundlage der Definitionen der nichtlogischen Terme in A auf eine logische Wahrheit reduziert werden kann.

(h) A ist in einer Sprache L analytisch dann und nur dann, wenn A allein auf Grund der semantischen Regeln von L wahr ist.

Man kann zeigen, dass die Definitionen von (a) bis (c) und (f) gleichwertig sind. Wenn A analytisch im Sinne von (a) ist, ist A auch im Sinne von (f) analytisch, weil die möglichen Welten als die maximalen Sachverhalte berücksichtigt werden können. Auf der anderen Seite ist die Falschheit von A dann ausgeschlossen und die Negation von A ist in sich widersprüchlich. Der Übergang von (c) bis zu (b) und dann bis zu (a) und (f) liegt auf der Hand.

Die Definitionen von (a) bis (h) verwenden unterschiedliche Begriffe: In (a), (b) und (f) sind es semantische Begriffe. Diese Definitionen kann man zusammen folgendermaßen ersetzen: Die Aussage A ist analytisch dann und nur dann, wenn A in jedem Modell wahr ist.

Die Definition (c) hat syntaktischen Charakter, weil die Kategorie des Widerspruchs zur Syntax einer Sprache gehört. Obgleich es Versuche gab, Begriffe wie Bedeutung, Synonymität, Definition oder semantische Regel auf semantische Begriffe und Regeln zu reduzieren (im Wiener Kreis sogar auf die Syntax), gilt heute eine solche Behandlung als unmöglich, denn die Semantik wird rein referenziell verstanden, das heißt als Referenztheorie sprachlicher Ausdrücke auf Objekte in der Welt. Daher verwenden die Bestimmungen (d), (e), (g) und (h) wesentlich pragmatische Begriffe. Dies soll am Beispiel (g) erklärt werden. Wenn wir die Implikation durch Disjunktion und Implikation bestimmen, das heißt, wenn wir anerkennen, dass der Satz „wenn A, dann B“ mit dem Satz „es ist nicht wahr, dass A oder B“ gleichbedeutend ist, liegt unsere Definition vollständig im Rahmen der Logik: Diese Struktur basiert auf der logischen Wahrheit im Umfang der Aussagenlogik (Aussagenkalkül). Dies ist nicht der Fall (siehe unten) im Satz:

(1) Jeder Junggeselle ist ein unverheirateter Mann.

Wenn wir die Definition von Junggeselle als unverheirateter Mann voraussetzen, kann (1) folgendermaßen reduziert werden:

(2) Jedes S ist S,

das heißt zum Identitätsgesetz. Andererseits ist diese Definition nicht von der Logik erzwungen; aber sie passt zum umgangssprachlichen Gebrauch.

Der Ausgangspunkt für die Kritik am Begriff der Analytizität ist für Quine die Beobachtung, dass wir fünf Gruppen von analytischen Aussagen bilden können:

(A) die Gesetze der Logik;

(B) Exemplifikationen von Gesetzen der Logik mit Hilfe der Sätze aus der natürlichen Sprache, zum Beispiel: „London liegt an der Themse oder London liegt nicht an der Themse“;

(C) Lehrsätze der reinen Mathematik;

(D) Sätze wie „Jeder Junggeselle ist unverheiratet“;

(E) Sätze wie „Kein Bereich kann gleichzeitig ganz rot und grün sein“.

Nach Quine sind die Aussagentypen (A) bis (C) unproblematisch, weil er als Anhänger des Logizismus anerkennt, dass die Mathematik auf die Logik und Mengenlehre reduzierbar ist. Für die Analyse dieser Fälle brauchen wir jedoch den Begriff der analytischen Aussage nicht, denn wir können sie als logische Wahrheiten oder deren Substitutionsfälle auffassen. Es gibt allerdings keine befriedigende Methode zur Bestimmung der Analytizität in den Gruppen (D) und (E), das heißt durch ihre analytische Reduktion auf logische Wahrheiten auf Grund der Substitution von Synonymen. Quine hat eine Reihe von Definitionen des Analytischen untersucht und folgende Probleme darin festgestellt: (i) der Begriff der Bedeutung ist unklar; (ii) Definitionen können keine Quelle der Synonymität sein, weil Definitionen ihrerseits Synonymität voraussetzen; (iii) die Austauschbarkeit salva veritate mit Hilfe des Extensionalitätsprinzips von Ausdrücken ist eine zu schwache Bedingung, um die Synonymität zu definieren, weil Ausdrücke, die sich auf die gleiche Sache beziehen, nicht immer gleichbedeutend sein müssen; (iv) Synonymität und Austauschbarkeit synonymer Ausdrücke salva veritate setzen Analytizität voraus, das heißt etwas, das wir im Falle von intensionalen Kontexten erst bestimmen möchten; (v) die Definition der analytischen Aussage als wahr in allen Zustandsbeschreibungen ist schlecht, da der Begriff der Notwendigkeit immer vage ist; (vi) der Begriff der semantischen Regel ist ohne eine vorausgesetzte Definition der Synonymität vage und unklar; (vii) selbst wenn man akzeptiert, dass der Begriff der semantischen Regel für die Kategorie der Analytizität primär ist, erhalten wir keine Definition des Begriffs „analytischer Satz“, sondern nur die Definition des Begriffs eines „analytischen Satzes in der Sprache L“. Dies sind sehr schwerwiegende Einwände, weil sie zeigen, dass die vorgeschlagenen Definitionen von Analytizität entweder den Fehler idem per idem begehen, oder ignotum per ignotum oder obscurum per obscurum, oder es wird nicht direkt der Analytizitätsbegriff definiert, sondern Analytizität in einer Sprache.

Obwohl es nach Quine unmöglich ist, Analytizität im Allgemeinen auch in Bezug auf künstliche Sprachen zu definieren, können wir in jedem Satz (im Sinne der Arten [D] und [E]) die synthetischen und analytischen Bestandteile unterscheiden. Dieser These liegt der semantische Holismus zugrunde, also die These, dass die Bedeutungsträger keine einzelnen Sätze, sondern die ganze Sprache sind. Quine hat sich in seiner Kritik der Analytizität von anderen allgemeinen philosophischen Überzeugungen wie Nominalismus und Anti-Essentialismus leiten lassen, was in seiner Kritik des Notwendigkeitsbegriffs und seiner Verwendung der Definition des Analytischen erkennbar ist. Quine war ein Befürworter des Behaviorismus und forderte, dass der Bedeutungsbegriff, so wie auch seine Derivate, unter Verwendung von Begriffen, die im Einklang mit dieser Theorie stehen, untersucht und analysiert wird. Wenn Synonymität von Ausdrücken auf Grund behavioraler Kriterien definiert wird, das heißt, grob gesagt, nach den menschlichen Reaktionen auf diese Ausdrücke, dann kennzeichnet die Identität der Reaktionen (je ähnlicher, desto genauer) der Sprachnutzer das gleiche Verständnis der Ausdrücke. Synonymität besteht dann allerdings nur annähernd, was nach Quine zum Indeterminismus der Übersetzung führt und nicht hinreicht, den traditionellen Begriff der Analytizität zu legitimieren. Dieser behavioristische Begriff des Analytischen steht nicht im Widerspruch zur These, dass es keine klare Grenze zwischen analytischen und synthetischen Sätzen gibt. Die Dichotomie von analytisch und synthetisch wird durch einen Gradualismus ersetzt. Unabhängig von Quines Kritik begegnet die Dichotomie zusätzlichen Problemen. Insbesondere ist eine Vielzahl von logischen Systemen (zweiwertige Logik, modale Logik, mehrwertige Logik etc.) nur schwer mit der einheitlichen Auffassung der Analytisch-synthetisch-Unterscheidung in Einklang zu bringen. Außerdem haben die Postulate der theoretischen Systeme (z.B. physikalische Theorien) analytische und synthetische Bestandteile (dies ist eine vom Holismus unabhängige Frage).

Quines Einwände und andere Schwierigkeiten mit dem Begriff des Analytischen provozierten unterschiedliche Reaktionen (Wolenski 2004). Die strikte Dichotomie von analytischen und synthetischen Sätzen wurde mit folgenden Argumenten verteidigt. (I) Ein logischer Zirkel in der Bestimmung eines Begriffs ist nicht notwendig schädlich und betrifft auch andere philosophische Begriffe, denn einige Begriffe treten nicht einzeln, sondern nur in Paaren auf: Analytizität und Synonymität, zum Beispiel, oder Analytizität und Notwendigkeit sollten als semantisch verwandte Begriffe behandelt werden. (II) Quine hat einer akzeptablen Analytizitätstheorie zu enge Bedingungen auferlegt, indem sie das Prädikat „analytischer Satz in L“ erklären muss, wobei die Variable L eine beliebige, natürliche oder künstliche Sprache sein kann. Typische semantische Strukturen dagegen werden nicht mit solch universeller Breite formuliert. (III) Die Definition des Begriffs analytisch muss in der Metasprache von L formuliert werden; dort sind auch die Bedingungen ihrer Angemessenheit zu prüfen, wie im Fall einer semantischen Definition von Wahrheit (↗ Wahrheit). (IV) Eine präzise Definition der analytischen Aussage ist in einer natürlichen Sprache unmöglich, denn sie ist dafür zu instabil und zu zweideutig. Daher kann der Begriff der analytischen Aussage in L, wobei L die Umgangssprache bezeichnet, nur angenähert expliziert sein. (V) Die Sprachpraxis zeigt, dass kompetente Sprecher einer Sprache einige Sätze allein aufgrund ihrer Bedeutung als wahr akzeptieren oder ablehnen.

Die Diskussion Quines und andere Argumente gegen die universelle Dichotomie von analytischen und synthetischen Sätzen führte zur Annahme der Ansicht, dass das Prädikat „ist analytisch“ relativiert werden muss, zum Beispiel auf die Sprache, auf die Theorie, auf das begriffliche Schema usf. Selbst wenn in einem Kontext „A ist ein analytischer Satz in …“ bestimmt ist, muss man zusätzlich analytische Sätze im semantischen, im syntaktischen und im pragmatischen Sinne unterscheiden. Generell ist der analytische Satz im semantischen Sinne ein Satz, der in allen Modellen wahr ist (in der Logik genau in allen und im Falle der nichtlogischen Begriffssysteme in den Modellen dieser Systeme). Der Satz ist im syntaktischen Sinne analytisch, wenn er von Axiomen (im Fall der Logik aus der leeren Klasse von den Voraussetzungen) abgeleitet werden kann. Die Begriffe der semantischen und syntaktischen Analytizität sind nur in den Theorien, die metalogisch vollständig sind, gleichwertig. Eine weitere Möglichkeit ist die Definition der syntaktischen Analytizität auf Grund der Entscheidbarkeit: Der Satz ist analytisch nur dann, wenn er zur Klasse von Sätzen gehört, die in algorithmischer Weise entscheidbar sind. In diesem Fall wird die Klasse der analytischen Aussagen enger als die der beweisbaren Sätze, weil die Bereiche des Beweisbaren und des Entscheidbaren unterschiedlich sind. Ein Satz ist analytisch im pragmatischen Sinne, wenn ein solcher Satz auf Grund anerkannter Konventionen immer wahr ist. Die Gesetze der Logik erster Stufe sind analytisch wahr im semantischen, syntaktisch beweistheoretischen Sinne, aber nicht algorithmisch; die von den nichtlogischen Axiomen abhängigen Behauptungen sind im pragmatischen Sinne analytisch wahr. Es bleiben jedoch Fragen offen, vor allem was die genannte Vielzahl von logischen Systemen betrifft. Wenn wir den Pluralismus und den „Lokalismus“ in der Philosophie der Logik akzeptieren, wird die Kategorie der analytischen Aussage klarer. Nach den vorstehenden Ausführungen verliert dann aber der Begriff des synthetischen Satzes seinen einheitlichen Charakter. In der Bestimmung der synthetischen Sätze als nichtanalytische Sätze müssen wir immer klarmachen, welchen Begriff von Analytizität wir gerade verwenden. Obwohl die traditionelle Dichotomie der Analytisch-synthetisch-Unterscheidung ihren absoluten Sinn verliert, kann sie dennoch auf einzelne Sätze angewandt werden und nicht nur, wie Quine es wollte, auf das Ganze des Sprachsystems oder hinreichend „große“ Teile von ihm. So wird die These der strikten Dichotomie mit einem gradualistischen Verständnis der Unterscheidung verbunden.

Die Unterscheidung in analytische und synthetische Sätze (zusammen mit der Opposition von a priori und a posteriori) ist für erkenntnistheoretische Fragen wichtig. (↗ A priori) Traditionell unterscheiden wir den radikalen Aposteriorismus (klassischer ↗ Empirismus) („jede Wahrheit ist empirisch“; J. S. Mill), den moderaten Aposteriorismus (es gibt neben empirisch wahren Sätzen auch analytische, logische und mathematische Wahrheiten; R. Carnap), den radikalen Apriorismus („jede Wahrheit ist a priori“; Platon) und den moderaten Apriorismus (analytisch wahr ist nur die Logik, daneben gibt es synthetische Wahrheiten a priori und synthetische Wahrheiten a posteriori; Kant). Ajdukiewicz (Ajdukiewicz 1947) hat eine einfache Darstellung dieser epistemologischen Positionen durch Korrelationen dieser Thesen vorgeschlagen: (a) radikaler Aposteriorismus – alle wahren Sätze sind synthetische Sätze a posteriori; (b) moderater Aposteriorismus – alle wahren Sätze sind entweder analytische Sätze oder synthetische Sätze a posteriori; (c) radikaler Apriorismus – alle wahren Sätze sind entweder analytische Sätze oder synthetische Sätze a priori; (d) moderater Apriorismus – alle wahren Sätze sind analytische Sätze, synthetische Urteile a priori oder synthetische Sätze a posteriori.

Dieses Schema zeigt die möglichen Positionen und gleichzeitig ihre wichtigsten Probleme. Der radikale Aposteriorismus hat große Schwierigkeiten, die Gewissheit von Logik und Mathematik zu erklären. Der moderate Aposteriorismus sucht nach einer Erklärung, wie Wissen von analytisch wahren Sätzen möglich ist, denn alles Wissen hat seinen Ursprung in der Erfahrung. Schließlich: Beide Arten des Apriorismus haben Schwierigkeiten mit der Erklärung, wie Wissen a priori möglich ist, selbst wenn man es, einschränkend, als angeboren auffasst.

Lit.: Ajdukiewicz, Kazimierz: „Logika i doświadczenie“ (Logik und Erfahrung), in: Przegląd Filozoficzny 43, 1947. S. 3–22, engl. Übers, in: ders., The Scientific World-Perspective and Other Essays, 1931–1963, Dordrecht: Reidel, 1978. S. 165–181.

Delius, Harald: Untersuchungen zur Problematik der sogenannten synthetischen Sätze apriori, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1963 (Abriss der Problematik).

Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, hg. v. R. Schmidt, Leipzig: Meiner Verlag, 1926. Mates, Benson: „Analytic Sentences“, in: The Philosophical Review 60, 1951. S. 524–534.

Proust, Jolle: Question of Form. Logic and Analytic Propositions from Kant to Carnap, Minneapolis: University of Minnesota Press, 1989 (Abriss der Problematik).

Quine, W. V. O: „Two Dogmas of Empiricism“, in: ders., From a Logical Point of View, Cambridge, Ma.: Harvard University Press, 1953.S. 20–46.

Russell, Gillian: Truth in Virtue of Meaning. A Defense of the Analytic/Synthetic Distinction, Oxford: Oxford University Press, 2008(Versuch einer Verteidigung der Analytisch-synthetisch-Unterscheidung).

Wille, Matthias: Die Mathematik und das synthetische Apriori. Erkenntnistheoretische Untersuchungen über den Geltungsstatus mathematischer Axiome, Paderborn: Mentis, 2007.

Wolenski, Jan: „Analytic vs. Synthetic and A Priori vs. A Posteriori“, in: Handbook of Epistemology, ed. by I. Niiniluoto/M. Sintonen/J. Wolenski, Dordrecht: Kluwer, 2004. S. 781–839 (Definitionen und Abriss der Problematik).

J. W.

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