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6. Der Nationalsozialismus als Überreligion

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Für die Frage, ob der Nationalsozialismus eine Religion war, muss man zwischen Hitlers eigener Sicht und einer außenstehenden Beurteilung unterscheiden. Aus der Sicht Hitlers war der Nationalsozialismus keine Religion, sondern eine „Weltanschauung“ und ein „politischer Glaube“, auch wenn er Parallelen zu diesem nur in anderen Religionen (und im Marxismus) finden konnte. Diese Sicht haben die meisten seiner Zeitgenossen und die meisten Späteren übernommen.

Dazu ist jedoch zu sagen: Ob eine Bewegung sich selbst für Religion hält oder nicht, kann für sich genommen dem Religionswissenschaftler die Frage nicht beantworten, ob es sich um eine Religion handelt, denn es gibt viele religiöse Bewegungen oder Führer wie etwa die Anthroposophie oder Karl Barth, die sich selbst nicht als Religion bezeichnen wollten und trotzdem eine solche repräsentierten.

Dass Hitler seinen ‚politischen Glauben‘ nicht als Religion bezeichnen wollte und gegen die Stiftung einer neuen Religion war, schließt nicht aus, dass es sich trotzdem auch um eine Religion gehandelt hat. Hitlers Worte: „Im übrigen bin ich nicht als Religionsstifter gekommen, sondern allein als Stifter eines neuen politischen Glaubens …“13 zeigen nämlich die ganze Problematik auf. Er will zwar keine Religion (im Sinne seiner Definition) stiften, aber auch keine normale Partei oder ein normales Programm, sondern etwas, das er nur mit einer religiösen Vokabel beschreiben und nur mit anderen Religionen vergleichen kann.

Dass Hitler sich gegen Lehren des Christentums wandte oder gegen völkische Religionsstifter, ist in sich noch kein Argument gegen den Religionscharakter seiner Weltanschauung, denn viele Religionen bekämpfen andere Religionen, ohne dadurch ihren Religionscharakter zu verlieren. „Religionen können wohl zu keiner Zeit am gleichen Ort nebeneinander bestehen bleiben.“14

Dies kommt vor allem darin zum Ausdruck, dass Hitler weltanschaulich und politisch seinen ‚politischen Glauben‘ allen anderen Religionen vorschaltete. So wie etwa die römische Religion politisch allen anderen Religionen vorgeschaltet wurde, diese aber gewähren ließ, solange sie die politischen Vorgaben nicht in Frage stellten, und so wie das Christentum im Mittelalter auch politische Vorgabe war, aber die jüdische oder islamische Religion wahlweise dulden konnte, solange deren Anhänger in christlichen Regionen keine politische Bedrohung darstellten, so gehört auch der Nationalsozialismus sogar nach Selbstaussage Hitlers wesensmäßig eigentlich zu den Religionen als Vorbilder des ‚Glaubens‘, wählt aber den Weg der politischen und terroristischen Herrschaft über die anderen Religionen.

Der Nationalsozialismus war eine Art Überreligion, die den politischen Weg der Ausbreitung und Herrschaft über alle anderen Weltanschauungen und Religionen wählte. Denn wenn Hitler von „Weltanschauung“ und „politischem Glauben“ spricht, meint er die umfassendste Art von Welterklärung und von Begründung der Ethik, die man sich nur denken kann und die für ihn letztlich nur in der Allmacht Gottes begründet liegen kann. Darin, so betont er immer wieder, unterscheiden sich Weltanschauungen ja gerade von Parteien und sonstigen Ideen. „Weltanschauungen proklamieren ihre Unfehlbarkeit“ Die „Tendenz, einen uneingeschränkten Gültigkeitsanspruch zu erheben, der Wille zur Totalität“15 führt zum „Absolutheitsanspruch des nationalsozialistischen Dogmas“16.

Christen im Dritten Reich

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