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bb) Im Stich Lassen in hilfloser Lage trotz Obhutspflicht

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137Die 2. Tatbestandsvariante des § 221 Abs. 1 StGB unterscheidet sich vorrangig dadurch von der. 1. Variante, dass sie ein echtes Unterlassungsdelikt normiert, auf das die in § 13 Abs. 2 StGB vorgesehene Milderungsmöglichkeit keine Anwendung findet.[230] Auch bei der 2. Variante muss sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befinden, wobei die vorherigen Ausführungen entsprechend gelten. Im Unterschied zur 1. Tatbestandsvariante wirkt der Täter jedoch nicht aktiv an deren Entstehung mit, sondern lässt das Tatopfer in der hilflosen |65|Lage im Stich, obwohl er dazu verpflichtet wäre, diesem beizustehen. Besteht Anlass, die Verwirklichung von § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB zu prüfen, ist daher im Anschluss an die Feststellung, dass sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befand, der Frage nachzugehen, ob der Täter eine besondere Obhutspflicht für das Tatopfer inne hatte und (bejahendenfalls), ob er sich dieser dadurch entzogen hat, dass er das Tatopfer im Stich ließ.

138Während der Täterkreis bei der 1. Tatbestandsvariante nicht auf bestimmte Personen beschränkt ist, kann die 2. Variante von vornherein nur von demjenigen verwirklicht werden, der eine auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit des Opfers gerichtete Garantenstellung innehat. Trotz des insoweit nicht identischen Wortlauts der Vorschriften ist das Vorliegen der Garantenstellung bei § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB nach den zu § 13 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen zu ermitteln. Als Täter kommen daher insbesondere Ehegatten, Lebenspartner und Familienangehörige in Betracht, daneben aber auch solche Personen, die einverständlich eine Schutzfunktion übernommen (bspw. Babysitter), oder aufgrund ihres pflichtwidrigen Vorverhaltens eine Ingerenzgarantenstellung innehaben. Im Übrigen ist an dieser Stelle auf die Darstellungen zur Existenz und Reichweite von Garantenstellungen zu verweisen.[231]

139Der Täter muss das Tatopfer entgegen der ihn treffenden Obhutspflicht im Stich gelassen haben. Hierunter sind sämtliche Verhaltensweisen zu subsumieren, durch die der Täter sich seiner Beistandspflicht entzieht, also die zur Abwendung der Gefahr gebotene Hilfeleistung nicht erbringt.[232] Typischerweise erfolgt dies dadurch, dass der Täter das Opfer in der hilflosen Lage zurücklässt, erforderlich ist ein entsprechendes Verlassen des Tatorts indes nicht. Vielmehr kann ein »Im-Stich-Lassen« auch dann anzunehmen sein, wenn der Täter zwar am Ort des Geschehens verweilt, aber die Vornahme der gebotenen Rettungsmaßnahme verweigert. Auch insoweit unterscheidet sich die Prüfung des § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB nicht grundlegend von den zu § 13 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen.

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