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IV. Kommunale Selbstverwaltung und Unionsrecht

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Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG schützt die Gemeinden nicht gegenüber Rechtsakten der Europäischen Union, da das Unionsrecht Anwendungsvorrang vor jeglichem nationalen Recht, auch gegenüber Verfassungsrecht, genießt[195]. Die kommunale Selbstverwaltung ist ferner europafest nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG, wonach für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen Art. 79 Abs. 2, 3 GG gilt, „durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird“. Von der Ewigkeitsklausel in Art. 79 Abs. 3 GG wird Art. 28 GG jedoch nicht umfasst, was dazu führt, dass die kommunale Selbstverwaltung der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union nicht entgegensteht[196].

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Bis zum Inkrafttreten des Reformvertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde die Anerkennung und Rolle der Kommunen in der Europäischen Union als enttäuschend bewertet[197]. Angesichts der spärlichen Bezüge des Primärrechts zu den Kommunen[198] ließ sich sagen, dass die Europäische Union „kommunalblind“ sei. Diese Einschätzung hat sich nunmehr geändert, da der Reformvertrag als „Meilenstein“ für die Entwicklung kommunaler Rechte gegenüber der Union angesehen wird[199]. Die Stärkung der Stellung der Kommunen bezieht sich auf mehrere Aspekte, zunächst auf die ausdrückliche Anerkennung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts im Primärrecht und die Verpflichtung der Union, diese zu respektieren: Gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV achtet die Union die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen „einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“. Das Subsidiaritätsprinzip wird in Art. 5 Abs. 3 EUV auf die regionale und kommunale Ebene erstreckt, wonach die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern die in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf „regionaler oder lokaler Ebene“ ausreichend verwirklicht werden können. In Art. 5 Abs. 3 EUV heißt es ferner, dass die Organe der Union das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit anwenden. Nach diesem Protokoll, das nach Art. 51 EUV Bestandteil der Verträge ist, hat die Kommission umfangreiche Anhörungen durchzuführen, bevor sie einen Gesetzgebungsakt vorschlägt, und dabei ggf. der „regionalen und lokalen Bedeutung“ der in Betracht gezogenen Maßnahmen Rechnung zu tragen (Art. 2 S. 1, 2 EU-Subsidiaritätsprotokoll). Die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes durch die Union kann der Ausschuss der Regionen, der sich aus Vertretern der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften zusammensetzt,[200] vor dem Gerichtshof der Europäischen Union geltend machen (Art. 8 Abs. 2 EU-Subsidiaritätsprotokoll). Dieses Klagerecht für den Ausschuss der Regionen musste im EU-Konvent erkämpft werden[201]. Schließlich sieht Art. 11 Abs. 2 EUV vor, dass die Organe der Union einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft pflegen.

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