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II. Bruttoveranschlagung
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Das Vollständigkeitsgebot wird durch das Prinzip der Bruttoveranschlagung konkretisiert, das dem Vollständigkeitsgebot erst zu voller Wirksamkeit verhilft[316]. Einnahmen und Ausgaben sind danach in voller Höhe grundsätzlich getrennt voneinander, nicht dagegen saldiert, im Haushaltsplan aufzuführen. Weder dürfen Ausgaben vorweg abgezogen noch Einnahmen vorweg angerechnet werden[317].
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Auch die Bruttoveranschlagung ist, mit Blick auf das parlamentarische Budgetrecht, verfassungsrechtlich verlangt[318]. Bei einer Nettoveranschlagung fehlten dem Parlament die erforderlichen Informationen für gehaltvolle Haushaltsentscheidungen. Es käme im Ergebnis zu Haushaltskreisläufen außerhalb des Budgets. Bei systematischer Verfassungsinterpretation ergibt sich der Verfassungsgehalt des Prinzips der Bruttoveranschlagung auch aus einem Umkehrschluss aus Art. 110 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG. Einfachrechtlich ist der Grundsatz der Bruttoveranschlagung in § 12 Abs. 1 Satz 1 HGrG, in § 15 Abs. 1 Satz 1 BHO, in den entsprechenden Landeshaushaltsordnungen und im kommunalen Haushaltsrecht aufgenommen.
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Als Prinzip ist der Grundsatz der Bruttoveranschlagung offen für verfassungsrechtlich gerechtfertigte Ausnahmen. So brauchen auf Bundesebene nach der ausdrücklichen Regelung des Art. 110 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG bei Bundesbetrieben und Sondervermögen nur die saldierten Zuführungen oder Ablieferungen eingestellt zu werden (Art. 110 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG). Bundesbetriebe sind Wirtschaftseinheiten der Bundesverwaltung mit erwerbswirtschaftlicher Ausrichtung, die also ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt vorhalten[319]. Sondervermögen dienen, inhaltlich weitergreifend, ihrerseits bestimmten Aufgaben und werden aufgrund eines Gesetzes getrennt verwaltet. Auf Landesebene gilt Entsprechendes. Ungeachtet der verfassungsrechtlichen Fundierung in Art. 110 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG und dem entsprechenden Landesverfassungsrecht fordern Sondervermögen die demokratisch und rechtsstaatlich verwurzelten Haushaltsgrundsätze der Bruttoveranschlagung und auch der Einheit heraus und erscheinen deshalb problematisch (Rn. 108 f.).
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Auf Grundlage von § 12 Abs. 1 Satz 2 HGrG, § 15 Abs. 1 Satz 2 BHO wird darüber hinaus auch die staatliche Kreditaufnahme im Wege der Nettoveranschlagung im Haushalt abgebildet[320]. Das Umschuldungsgeschehen bleibt damit unberücksichtigt. Wenngleich die materielle Regelung der Schuldenbremse in Art. 109 Abs. 3 GG zu Recht auf die Höhe der Nettoneuverschuldung abstellt, weil sich vorrangig aus ihr Gefahren für die Zukunft der Staatsfinanzierung ergeben, steht das Gebot der Bruttoveranschlagung doch in einem anderen verfassungsrechtlichen Zusammenhang. Dem hier zentralen parlamentarischen Budgetrecht wäre durch eine – technisch problemlos mögliche – Bruttoveranschlagung der Kreditaufnahme besser gedient. Umschuldungsmanöver würden in ihrer Bedeutung und Tragweite, auch in ihren Risiken transparenter werden[321].
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Zu einer zumindest effektiven, die parlamentarische Budgetgewalt verkürzenden Nettoveranschlagung führen schließlich Subventionen, die im Wege der Steuervergünstigung überbracht werden[322]. Der Haushaltsgesetzgeber weiß regelmäßig nicht, welche finanziellen Auswirkungen die Einrichtung einer steuerlichen Verschonungssubvention hat[323]. Wenngleich bei formaler Betrachtung bereits keine staatlichen Einnahmen und auch keine staatlichen Ausgaben vorliegen, die miteinander saldiert würden, ereignet sich die Saldierung hier im Ergebnis auf noch weiter abgekürztem Zahlungsweg, im Bereich des Steuerpflichtigen selbst[324].
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Bei doppischem Rechnungswesen verlangt der Grundsatz der Bruttoveranschlagung eine getrennte Aufführung von Erträgen und Aufwendungen im Erfolgsplan und von Ein- und Auszahlungen im Finanzplan. Im Produkthaushalt sind die zur Produkterstellung vorgesehenen Mittel in voller Höhe und getrennt voneinander zu veranschlagen (ausdrücklich § 12 Abs. 1 Satz 1 HGrG).