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IV. Klarheit und Wahrheit

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Der Haushaltsgrundsatz der Klarheit und Wahrheit ist, im Lichte des parlamentarischen Budgetrechts, ebenfalls verfassungsrechtlich verankert[339]. Das Parlament kann sein Budgetrecht in Gestaltung und auch Kontrolle nur dann wirksam ausüben, wenn der Haushaltsplan, namentlich schon der von der Regierung vorgelegte Planentwurf, von Klarheit und Wahrheit geprägt ist.

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Die gebotene Haushaltsklarheit setzt eine übersichtliche, durchschaubare Haushaltssystematik voraus[340]. Der Haushaltsplan muss so gegliedert sein, dass Haushaltstitel praktisch auffindbar sind, dass ersichtlich wird, für welche einzelnen Zwecke welche Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, und dass die Ordnung auch Aufschluss über weitergehende, zusammenhängende Sachverhalte gibt.

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Rechtlich ist die Haushaltssystematik in §§ 10 und 11 HGrG, §§ 13 und 14 BHO, in den entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen und des Kommunalhaushaltsrechts sowie auf allen Ebenen auch in Verwaltungsvorschriften vorgezeichnet (Rn. 197 ff.).

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Weitere, die Haushaltsklarheit befördernde Vorschriften treten hinzu. So sind nach § 12 Abs. 2 HGrG, § 16 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht) Verpflichtungsermächtigungen, die besondere Gefahren für die Budgethoheit in der Zukunft mit sich bringen, bei den jeweiligen Ausgaben gesondert zu veranschlagen. Werden die Verpflichtungen zu Lasten mehrerer Jahre eingegangen, sollen die auf die einzelnen Jahre entfallenden Beträge im Haushaltsplan angegeben werden. In eine ähnliche Richtung zielt § 17 Abs. 2 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht): Bei Ausgaben für eine sich auf mehrere Jahre erstreckende Maßnahme sind bei der ersten Veranschlagung im Haushaltsplan die voraussichtlichen Gesamtkosten und bei jeder folgenden Veranschlagung außerdem die finanzielle Abwicklung darzulegen. Gemäß § 12 Abs. 5 HGrG, § 17 Abs. 4 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht) sollen für denselben Zweck Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen nicht bei verschiedenen Titeln veranschlagt werden. Planstellen sind nach Besoldungsgruppen und Amtsbezeichnungen im Haushaltsplan auszubringen (§ 12 Abs. 6 HGrG, § 17 Abs. 5 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht)). Andere Stellen als Planstellen sind in den Erläuterungen auszuweisen (§ 17 Abs. 6 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht)).

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Wenngleich sich die nach diesen Vorschriften gestaltete Haushaltssystematik förderlich auf die formale Haushaltsklarheit auswirkt, den effektiven Informationsgehalt des Haushaltsplans erhöht und damit die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der Haushaltswirtschaft erleichtern kann, bleibt doch der – als solcher im Grundsatz unvermeidliche – schiere Umfang des Haushaltsplans in Rechnung zu stellen. Überblicken wird den Haushaltsplan, insbesondere auf Bundes- und Landesebene, deshalb von vornherein nur, wer mit der Materie näher vertraut ist[341].

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Das Erfordernis der Haushaltswahrheit schließt nicht nur bewusst unrichtige Haushaltsansätze aus, sondern verlangt darüber hinaus auch Vorausschätzungen der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, die so genau sind, wie dies sachbereichsspezifisch möglich ist (Grundsatz der Schätzgenauigkeit)[342]. Auf der Einnahmenseite lenkt dies den Blick auf die Steuerschätzungen, im Rahmen derer die voraussichtlichen Steuererträge wissenschaftlich fundiert und politisch neutral ermittelt werden müssen[343]. Auf der Ausgabenseite sind die voraussichtlichen Aufwendungen, insbesondere auch für geplante Großprojekte, nach bestem Wissen und Gewissen anzusetzen.

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Im Hinblick auf den Grundsatz der Klarheit und Wahrheit problematisch erscheint die Praxis, den formalen Haushaltsausgleich (Rn. 141 ff.) durch die Veranschlagung globaler Minderausgaben zu erreichen[344]. In der Sache wird die Exekutive hier zu Einsparungen verpflichtet, deren Realisierung vielfach ungewiss sein dürfte. Verfassungsrechtlich fragwürdig ist danach jedenfalls die Veranschlagung globaler Minderausgaben, die über die Abschöpfung des am Ende der Haushaltsperiode nach verlässlichen Statistiken zu erwartenden „Bodensatzes“ hinausgeht[345].

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Auch die Bildung verdeckter stiller Reserven verstößt grundsätzlich gegen den Grundsatz der Klarheit und Wahrheit[346]. Ein Beispiel bildet die vorsorgliche Berücksichtigung von Lohn- und Gehaltserhöhungen, die aus strategischen Gründen im Rahmen der Tarifverhandlungen der Gegenseite nicht bekannt werden soll[347]. Im Rahmen der kameralistischen Haushaltsplanung, die keine Rückstellungsbildung kennt, ist in diesem Fall – soweit keine anderweitige Deckung möglich ist – ein Nachtragshaushalt erforderlich, der im Übrigen die haushaltsbelastende Wirkung von Tarifabschlüssen transparent macht[348].

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Berührt wird der Grundsatz der Klarheit und Wahrheit des Haushalts schließlich auch durch die Aufgabenverlagerung auf Private, die dann staatlicherweise alimentiert werden, ohne dass der Haushalt den Zweck der Alimentierung im Einzelnen erkennen ließe[349], und mehr noch durch Steuervergünstigungen, die die staatliche Aufgabenerfüllung auf verkürztem Zahlungsweg zu erreichen suchen und das tatsächliche Ausmaß des staatlichen Finanzierungsvolumens verschleiern.

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Klarheit und Wahrheit sollen durch das doppische Rechnungswesen und die Haushaltsdarstellung nach Produkten in besonderer Weise befördert werden. Sobald – vor allem auf kommunaler Ebene – mehr praktische Erfahrungen vorliegen, wird sich zeigen, inwieweit sich diese Hoffnung bestätigt.

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