Читать книгу Die Musik der Renaissance - Guido Heidloff-Herzig - Страница 14
1.2.5 Die Palestrina-Generation
ОглавлениеIn Bezug auf Umfang, Qualität, Vielseitigkeit und Bedeutung ihres Gesamtwerkes sind die beiden Komponisten Giovanni Perluigi da Palestrina und Orlando di Lasso die herausragenden Persönlichkeiten der zweiten Hälfte des 16. Jh. Der sogenannte Palestrina-Stil ist bis heute ein Prototyp polyphoner Satztechnik, der im Kontrapunktunterricht gelehrt wird. Die beiden Komponisten gelten als Vollender des kontrapunktischen Zeitalters.
Palestrina verbringt sein berufliches Leben in Rom als Kapellmeister an verschiedenen Kirchen. Da er verheiratet ist, ist ihm eine Anstellung in der päpstlichen Kapelle verwehrt. Als Komponist tritt er erstmals mit dem Papst Julius III. gewidmeten Missarum liber primus von 1554 in Erscheinung. Mit diesem Druck beginnt eine nicht versiegende kompositorische Tätigkeit, die vor allem der geistlichen Musik mit 104 Messevertonungen und zahlreichen liturgischen Zyklen und Motetten gilt. Seine Bedeutung für die katholische Kirchenmusik ist vor allem mit seiner Rolle im Konzil von Trient verknüpft, in dem seine Musik, namentlich seine Missa Papae Marcelli von 1562, als beispielhaft für die Reform der Kirchenmusik angeführt wird.
Die Biographie Orlando di Lassos ist vor allem geprägt durch seine fast 40-jährige Tätigkeit als Kapellmeister am bayerischen Hof in München. Sein Ruhm zu Lebzeiten übersteigt noch denjenigen Palestrinas. Er ist ein unglaublich produktiver Komponist, der dank seiner vielfältigen Kontakte in die ganze Musikwelt europaweit veröffentlicht. Wie seine Verleger sind auch die Widmungsträger seiner Werke in ganz Europa verteilt. Er bedient systematisch die verschiedenen Märkte mit Kompositionen: französische Chansons für Paris, Madrigale für den italienischen Markt, Motetten zur Veröffentlichung in Antwerpen, Messen für den päpstlichen Hof.
Palestrina-Stil
Der Palestrina-Stil ist im 19. und 20. Jh. zum Stilideal der Renaissancemusik geworden, weil er sich durch ein enges Regelwerk relativ gut beschreiben lässt, wodurch er sich für die satztechnische Vermittlung im Kontrapunktunterricht gut eignet. Er kann als eine Synthese aus franko-flämischer Kontrapunktkunst und italienischer Klanglichkeit beschrieben werden. In der Melodiebildung zeichnet er sich aus durch einen gleichmäßigen und ausgewogenen Duktus, der durch überwiegend schrittweise Bewegung und stetigen Ausgleich von Aufwärts- und Abwärtsbewegung sowie durch Fortschreitungen in Gegenrichtung nach Intervallsprüngen erreicht wird. Auch in rhythmischer Hinsicht wird eine Ausgeglichenheit der Linie erzielt, indem parallel zur Melodieführung eine allmähliche Beschleunigung stattfindet und ein Nebeneinander von stark kontrastierenden Notenwerten vermieden wird. Der modale Charakter wird durch ein eng zusammenhängendes System von melodischen Stütztönen, Klauseldisposition und Schlüsselung der Stimmen erzielt.
Wissens-Check
– Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Renaissance in der Musik und welches sind die Kriterien der zeitlichen Abgrenzung?
– Warum ist der Begriff Renaissance in der Musikgeschichtsschreibung umstritten?
– Welches sind die Hauptprotagonisten der verschiedenen Komponisten-Generationen, welches ihre Wirkungsorte?
– Nennen Sie typische musikalische Merkmale der Renaissance und beschreiben Sie grob die stilistische Entwicklung in dem Zeitraum.