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2.4 Künstlertum und Werkbegriff

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Das Mittelalter unterscheidet zwischen cantor und musicus. Diese Unterscheidung impliziert einen sozialen Unterschied, der modern gesprochen demjenigen zwischen einem Handwerker und einem Wissenschaftler entspricht. Der cantor übt mit der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes oder mit der musikalischen Untermalung eines Banketts eine zweckgebundene Tätigkeit aus, welche letztlich seinem Lebensunterhalt dient. Anders der musicus: Er beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen der Musik, in welchen er die Grundlagen der Weltharmonie zu ergründen sucht, und übt so eine Tätigkeit aus, die einzig auf Erkenntnis ausgerichtet ist und keinerlei praktischen Zweck verfolgt. Während die Trennung von cantor und musicus im Denken des 15. Jh. noch fest verankert ist, zeigt sich gegen Ende des 16. Jh. ein grundlegend gewandeltes Bild. Nun sind es die praktischen Musiker, die sich als Sänger und Komponisten einen Namen machen und die sich aufgrund ihrer Tätigkeiten einen hohen sozialen Status erwerben, bis hin zum Adelsstand, in den der Komponist Orlando di Lasso im Jahre 1570 erhoben wird. Die spekulative Musiktheorie spielt im wissenschaftlichen Schrifttum kaum noch eine Rolle. Vielmehr dienen musiktheoretische Schriften nun in erster Linie der praktischen Kompositionsausbildung.

Diese Entwicklung ist gekennzeichnet durch die Emanzipierung des Komponisten zum individuellen Schöpfer musikalischer Kunstwerke und durch die Emanzipierung der Kompositionen, die nicht mehr nur als notwendiger Bestandteil einer Zeremonie, sondern als das geistige Produkt eines konkreten Schöpfers mit einer eigenen Wirkung und Geschichte wahrgenommen werden.

Die Musik der Renaissance

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