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Einleitung

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Das Repertoire, welches unser klassisches Konzertleben heute bestimmt, deckt eine Bandbreite ab, die im Wesentlichen von Barock bis Romantik reicht. Musik aus der Zeit vor Johann Sebastian Bach führt im öffentlichen Konzertleben ein Nischendasein und ist Spezialisten vorbehalten, nicht nur in Bezug auf die Interpreten, sondern auch hinsichtlich der Veranstalter und des Publikums. Dabei spielt der stilistische Wandel, der um das Jahr 1600 das Generalbasszeitalter einläutet, eine große Rolle, da dieser die Entstehung der Dur/Moll-Tonalität begünstigt, die sich von da an als roter Faden durch die Jahrhunderte zieht. Die Dur/Moll-Tonalität ist der gemeinsame Nenner der harmonischen Entwicklung von Barock bis Romantik und bildet das identitätsstiftende Merkmal, welches Konzertbesucher, Veranstalter und Interpreten bis heute miteinander verbindet und ihnen einen gemeinsamen intuitiven Zugang zur Musik erlaubt.

Für die Musik vor 1600 fehlt dieser intuitive Zugang. Die Musik der Renaissance bedient sich anderer Formen, einer anderen Klanglichkeit, einer anderen Schriftlichkeit, anderer Räume und anderer Anlässe. Sie kann sich nicht auf ein kollektives Verständnis stützen und ist daher auch weniger kompatibel mit den Traditionen unseres Konzertlebens.

Aber das Verständnis für Musik wächst mit dem Wissen über sie. Im Jahr 1500 führte die Erfindung des Notendrucks und die dadurch mögliche Verbreitung von Musik zu einem exponentiellen Anstieg in der musikalischen Bildung. Dieser Effekt ist heute ohne weiteres mit den Möglichkeiten des Internets vergleichbar, durch welche Renaissancemusik in Ton und Schrift für jeden ohne Probleme verfügbar geworden ist. Die leichtere Verfügbarkeit der Quellen ist aber noch kein Garant für ein verbessertes Verständnis der Musik, sondern lediglich eine Voraussetzung. Dieses Buch will diese Voraussetzung nutzen, indem es die nötigen Verbindungen zwischen den alten Quellen und dem heutigen Verständnis derselben herstellt.

Ausgehend von der Grundfrage, unter welchen Bedingungen Musik damals produziert wurde, beleuchtet es die relevanten Themen rund um die Tätigkeit des Komponierens. Die zeitgenössische Musiktheorie mit den Teilbereichen Mensuralnotation, Moduslehre und Kontrapunkt bildet einen Schwerpunkt des Buches. Aber auch weiche Faktoren, die bei der Komposition eine Rolle spielen, wie gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Ausbildung und Berufsleben der Komponisten, ihre Stellung in der Gesellschaft und die Entwicklung der Musik von einem Handwerk zu einer Kunstdisziplin, werden thematisiert.

Ziel des Buches ist es, einen fundierten, grundlegenden Überblick über alle Aspekte von Renaissancemusik zu bieten und den Leser/die Leserin in die Lage zu versetzen, mit diesem Wissen ein differenziertes Gespür für die stilistischen Eigenarten der Epoche zu erlangen, die immerhin über mehr als 150 Jahre reicht. Dies ermöglicht vielleicht einen intuitiven Zugang zur Renaissancemusik, ganz so, wie es auch für spätere Epochen der Musikgeschichte der Fall ist.

Die Musik der Renaissance

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