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KAPITEL 7 Treffen mit Pelé

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Maradona löste fußballerische Probleme in Momenten und Situationen, in denen weder ausreichend Zeit noch genügend Platz zur Verfügung stand. Er fror eine Situation quasi ein, während er sie beurteilte, ermittelte dann die beste Strategie und führte den entsprechenden Spielzug aus, so aberwitzig er auch erscheinen mochte. Seine Entscheidungen basierten auf einer verblüffenden Kombination aus Analyse und Intuition, fußballerischer Intelligenz und angeborenem Talent, gekrönt von einem Hauch Genie – und all das im Dienst des simplen Fußballspielens.

Warum Genie, mag man fragen. Nun, Diego löste Probleme auf dem Feld nicht nur in atemberaubender Geschwindigkeit. Neben bekannten Techniken und Finessen wie Dribblings, Pässen und Tricks, die er allesamt beherrschte, erfand er zudem seine eigenen. 1979 spielte er auf einem Niveau, das über dem aller anderen Spieler lag. Er zündete ein spektakuläres fußballerisches Feuerwerk und ließ eine Rakete nach der anderen steigen. Ganz Argentinien war begeistert von seinem erstaunlichen Können. Internationaler Ruhm schien greifbar nahe.

Vor diesem rundum perfekten Jahr war Maradona immer wieder hin und her gerissen gewesen zwischen Lob in den allerhöchsten Tönen und Ablehnung auf ganzer Linie. Allmählich wurde er süchtig nach dieser emotionalen Achterbahnfahrt, die sich zur neuen Norm für ihn entwickelte.

Nach elf Spielen in der ersten Liga gab Diego im Februar 1977 unter Trainer César Luis Menotti sein Länderspieldebüt. Es handelte sich um ein Freundschaftsspiel gegen Ungarn, ausgetragen in La Bombonera, der Heimspielstätte der Boca Juniors. »Wenn wir hier fertig sind, gehst du ins Hotel Los Dos Chinos, um dich zu sammeln«, erklärte Menotti ihm zum Ende einer Trainingseinheit. »Wenn das Spiel gut läuft, wechsle ich dich eventuell ein. Deinen Eltern darfst du es erzählen, aber auch nur deinen Eltern.« 20 Minuten vor Ende der zweiten Halbzeit lag Argentinien 5:0 in Führung, und Menotti löste sein Versprechen ein. Noch heute steht Maradonas Rekord als jüngster Spieler, der je in der argentinischen Nationalmannschaft gespielt hat. Der erfahrene Mittelfeldspieler Tolo Gallego nahm ihn beim Abpfiff väterlich in den Arm.

Sechs Monate später wurde er für ein paar weitere Freundschaftsspiele nominiert. Die WM 78 stand bevor. Sie wurde in Argentinien ausgetragen, und Menotti stellte seinen Kader zusammen. Er musste sich von drei Spielern seines 25-köpfigen Kaders trennen. Am 19. Mai stattete Admiral Emilio Eduardo Massera, Mitglied der Militärjunta, die Argentinien zu jener Zeit regierte, den Spielern einen Besuch im Mannschaftshotel ab. Begleitet wurde er von Vizeadmiral Carlos Alberto Lacoste, Vizepräsident jener Institution, die mit der Organisation der WM betraut worden war. Im Hotel trafen sich die beiden Männer zunächst mit Menotti und Alfred Cantilo, dem Präsidenten des argentinischen Fußballverbands. Anschließend wurden sie den Spielern vorgestellt, die danach eine Mahlzeit einnehmen und sich ausruhen sollten. Am späten Nachmittag sollten sie erfahren, wer es in den WM-Kader geschafft hatte.

Mit einem Bus wurden die Spieler zu einem nahegelegenen Stadion gebracht. Menotti versammelte die Mannschaft auf der Mittellinie und verlas die Namen der 22 Spieler, die es in den Kader geschafft hatten. Víctor Alfredo Bottaniz, Humberto Bravo und Maradona waren nicht unter den Auserwählten. Der Stürmer Leopoldo Luque sah, wie bestürzt Diego war, und versuchte, ihn mit leiser Stimme zu trösten, während der Trainer weitersprach. »Dieguito, ich hatte mir Chancen für die WM 74 ausgemalt, als ich für Unión spielte. Als ich ausgemustert wurde, konzentrierte ich mich auf die WM 78, und diesmal hat’s geklappt. Du bist erst 17, du hast noch fünf Weltmeisterschaften vor dir.«

»Wer möchte, kann bleiben«, erklärte der Trainer den ausgemusterten Spielern. Maradona verließ die Mannschaft mit Tränen in den Augen. Er wusste, dass er besser war als einige der Spieler, die der Trainer in den WM-Kader berufen hatte. Er bat darum, noch am selben Tag für das Spiel Argentinos gegen Chacarita Juniors aufgestellt zu werden, und schaffte einen Hattrick bei dem Spiel, das 5:0 für Argentinos endete. Hugo Pena, der Verteidiger von Chacarita, sagte zu Diego: »Ich habe das Chacarita-Trikot getragen, aber als du dein letztes Tor gemacht hast, wäre ich dir beinahe um den Hals gefallen.«

»Jeder konnte sehen, dass Maradona ein großartiger Fußballer ist«, erinnert sich César Luis Menotti. »Ich habe mich dafür entschuldigt, dass ich ihn aus dem Kader gestrichen habe … Ich weiß, dass ihn das sehr verletzt hat. Ich hatte mich gegen ihn entschieden, weil ich an die U-20-WM in Japan im Jahr darauf gedacht hatte. Er war sehr jung, und es gab erfahrenere Spieler auf seiner Position – Kempes, Villa, Ardiles –, sie waren nicht unbedingt besser als er, aber erfahrener. Er hätte höchstwahrscheinlich überzeugt und das Vertrauen voll zurückgezahlt, wenn ich mich für ihn entschieden hätte, aber damals zog ich es vor, ihn zurückzustellen.«

In Argentinien, dem Land der Militärputsche, sind die Menschen an leere Versprechungen und Enttäuschungen gewöhnt; nichts ist, was es zu sein scheint. Im argentinischen Fußball sieht es nicht anders aus. Eine gern erzählte Geschichte in diesem Zusammenhang rankt sich um den beliebten Mittelfeldspieler Norberto Alonso von River Plate, den Menotti angeblich aus dem Kader für die WM 78 streichen wollte. Man sagt, dass Vizeadmiral Lacoste, ein River-Fan, Menotti bei dem besagten Mannschaftsbesuch im Hotel beiseitenahm und so lange unter Druck setzte, bis er Alonso in die Mannschaft aufnahm, die letzten Endes den WM-Sieg errang. Menotti konterte darauf: »Niemand hat meine Entscheidung beeinflusst. Ich kannte Lacoste überhaupt nicht und bin ihm im ganzen Leben nur zweimal begegnet. Cantilo, der Präsident der Nationalmannschaft, war extrem engagiert, Lacoste kam keine hundert Meter an ihn ran, geschweige denn in seine Hörweite.«

Maradona wollte seine Fußballkarriere hinschmeißen. Eine Zurückweisung wie diese konnte er nicht ertragen.

In dieser Situation leistete Jorge Cyterszpiler emotionale Unterstützung. »Wie könntest du den Fußball aufgeben?«, fragte er. »Das geht vorbei. Du wirst bei anderen Weltmeisterschaften dabei sein, zum Beispiel schon mit der U20 in Japan …«

Mario Kempes Tore, Osvaldo Ardiles Weitblick und die technische Raffinesse von Ricardo Villa waren in diesem Sommer die Basis für den sportlichen Erfolg der argentinischen Nationalmannschaft. Lag es an dieser entspannten Atmosphäre, dass Maradona fast für 1,5 Millionen Dollar an Sheffield United verkauft worden wäre? Hatten das diktatorische Regime und Menotti ihre Meinung, die Spieler zum Verbleib in Argentinien zu zwingen, um damit der nationalen Sache zu dienen, geändert? Domingo Tessone, der Geschäftsführer von Argentinos, hatte während der Abwesenheit von Vereinspräsident Cónsoli die Möglichkeit gehabt, einen Deal mit den Engländern auszuhandeln. So zumindest wird die Geschichte bis heute erzählt.

Harry Haslam, der Trainer von Sheffield United, hatte Alejandro Sabella, einen talentierten Zehner, und den Mittelfeldspieler Pedro Verde überredet, zu den Blades zu wechseln, die damals in der zweiten Liga spielten. Während der WM 78 reiste Haslam mit Vereinspräsident John Hassall nach Buenos Aires, um die Verträge abzuschließen und sich nach weiteren argentinischen Talenten umzusehen, was damals noch ein ziemlich ungewöhnliches Vorgehen war. Begleitet wurden die beiden von Tony Pritchett vom Sheffield Star.

Keith Burkinshaw, der Trainer der Tottenham Hotspurs, sowie ein paar hohe Funktionäre aus dem Vorstand des Londoner Klubs flogen mit derselben Maschine wie die Sheffielder. Harry Haslam stand zu jener Zeit auch in Verhandlungen mit Ricardo Villa und Ossie Ardiles, zwei internationalen Spitzenspielern. Während des Flugs wurde Haslam und Hassall allerdings klar, dass Tottenham, die nach einem kurzen Intermezzo in der zweiten Liga gerade wieder in die Spitzenklasse aufgestiegen waren, die bessere Verhandlungsposition hatten. Villa und Ardiles zog es dann auch tatsächlich an die White Hart Lane, wo sie in den nächsten Jahren eine erfolgreiche Karriere hinlegten und mit ihrem Beispiel anderen ausländischen Spielern den Weg in die britischen Klubs ebneten.

Oscar Fulloné Arce, ein ehemaliger Reservespieler des Birminghamer Vereins Aston Villa, der seit kurzem als Trainer bei United arbeitete, holte die Herren aus Sheffield vom Flughafen ab und stand ihnen als Dolmetscher zur Seite. Im Verlauf ihres Aufenthalts trafen sie auf den legendären Bocca-Spieler Antonio Rattín, und von dem Augenblick an vermischen sich Fakten und Fiktion. Von Sheffielder Seite aus heißt es, dass die Gruppe bei einem Training der Bocca Juniors im Umland von Buenos Aires zusah, allerdings spielte Diego zu jener Zeit noch für Argentinos Juniors. Was auch immer genau geschah, Tatsache ist, dass Haslam Maradona beim Training beobachtete und über alle Maßen begeistert war von seinen Fähigkeiten. »Wie viel kostet er?«, wollte er wissen.

Anderslautende Versionen der Geschichte nennen konkrete Summen. Lalo Zanoni schreibt in Living Among the Media, dass der britische Verein fast eine Million Dollar für Maradona bot – eine immense Summe für die damalige Zeit. Wie dem auch sei, Prospero Cónsoli, der Präsident von Argentinos Juniors, und die Vorstandsmitglieder stimmten dem Verkauf zu. Es wurden entsprechende Verträge aufgesetzt, aber dann intervenierten die staatlichen Stellen. Offiziell hieß es: »Die AFA untersagte 40 Nachwuchsspielern, darunter auch Maradona, einen Wechsel ins Ausland … um die Pläne von Trainer Menotti nicht zu durchkreuzen und die Qualifikation für die Junioren-Weltmeisterschaft in Japan zu gewährleisten.«

»Du weißt nicht, wie viel Geld ich verloren habe!«, erklärte Maradona dem Journalisten Horacio del Prado in einem Interview für die Zeitschrift Goles, in dem er über seinen Beinahe-Wechsel nach England sprach.

In Sheffield kennt man noch einen anderen Grund für das Nichtzustandekommen des Vertrags. Domingo Tessone, der Geschäftsführer von Argentinos Juniors, soll 200 000 Dollar für Maradona verlangt haben. Haslam schien das nicht zu viel zu sein, und er stimmte dem Deal zu, zumal er überzeugt war, ein absolutes Juwel entdeckt zu haben. Doch am folgenden Abend stand unerwarteter Besuch vor Haslams Hotelzimmertür. Ein Beamter der Militärpolizei verlangte weitere 200 000 Dollar, nur dann würde Maradona die Erlaubnis erteilt, das Land zu verlassen. Immer noch hielt Haslam die Gesamtsumme für günstig, allerdings wusste er nicht, wie er die Zahlung tätigen und verbuchen sollte und ob es überhaupt eine gute Idee war, auf diese Forderung einzugehen. Er setzte sich mit dem Vorstand von Sheffield United in Verbindung und wurde von diesem aufgefordert, umgehend das Land zu verlassen, und zwar ohne Maradona. Argentinos-Präsident Cónsoli erfuhr von der Forderung der Militärs und schob daraufhin dem Vertrag von sich aus einen Riegel vor – so will es jedenfalls die aus Sheffield stammende Version der Geschichte.

Maradona war bereits ein Marketing-Objekt, die harte Währung im großen Finanzzirkus, der den Charakter des Fußballs verdirbt. Doch Diego bewahrte sich seine Träume, sein Enthusiasmus und die Wissbegier der Jugend halfen ihm, seinen Weg zu gehen. Eines seiner großen Vorbilder war Pelé.

»Diego spielte, als er 18 war, mit der U-20-Mannschaft in Uruguay im Rahmen der südamerikanischen Qualifikationsrunde für die WM in Japan 1979«, erzählt der Journalist Guillermo Blanco, der Arrangeur und Chronist der historischen Begegnung. »Menotti hatte der Mannschaft einen Tag freigegeben. Wir verbrachten den Tag mit Diego, Jorge [Cyterszpiler] und ihren Familien am Strand von Atlántida … dort erzählte Diego mir zum ersten Mal, dass er unter anderem davon träume, Pelé kennenzulernen.«

Argentinien qualifizierte sich tatsächlich für die U-20-WM (damals noch Junioren-Weltmeisterschaft genannt) in Japan, und dank seiner hervorragenden Leistung schaffte Diego es auf die Titelseite der El Gráfico – die erste von vielen bevorstehenden Sensationen. Blanco schlug der namhaften Zeitschrift vor, ein Treffen zwischen Maradona und Pelé zu arrangieren. »Aber wenn Diego Zeit hatte, konnte Pelé sich nicht freimachen, und umgekehrt«, erzählt Blanco. »Diego verhielt sich dabei seltsam. Montags hatte Pelé Zeit für ein Treffen, also ging ich zu Diego und erzählte es ihm, aber er sagte nur: ›Da kann ich nicht.‹ Eine Woche später, wieder ein Montag, dasselbe Spiel: ›Ich kann nicht.‹ – Aber er hat sich doch so sehr gewünscht, Pelé zu treffen, dachte ich mir. Er erklärte mir nie, warum er montags keine Zeit hatte. Es dauerte drei Monate, bis es mir gelang, das Treffen zu ermöglichen.«

Am 8. April, nach dem Spiel von Argentinos Juniors gegen Huracán, gab es endlich grünes Licht. Maradona und Blanco fuhren zum internationalen Flughafen von Buenos Aires, Ezeiza. Don Diego und Jorge Cyterszpiler erwarteten sie dort bereits. Diego, der noch ganz fertig war vom gerade absolvierten Spiel, sagte, er würde sich mit einem Treffen von fünf oder zehn Minuten zufriedengeben, da ihm bewusst sei, wie beschäftigt Pelé sein müsse. Als sie in ihrem Hotel in Rio de Janeiro ankamen, war es schon nach Mitternacht. Diego nahm noch eine leichte Mahlzeit zu sich und kühlte seine Beine mit Eis.

Am nächsten Vormittag um elf Uhr erwartete Pelé sie in der Wohnung eines Freundes in Copacabana. Er empfing sie »mit offenen Armen und einem breiten Lächeln in einem offenen gelben Hemd mit weißen Blumen darauf«, schrieb Blanco in der El Gráfico. Pelé nahm zuerst Don Diego in den Arm, dann begrüßte er Maradona. Nachdem alle einander vorgestellt worden waren, setzten sie sich zusammen, während ein etwas nervöser Fotograf versuchte, sie abzulichten. Die Farbfotografie gewann für die Presse damals mehr und mehr an Bedeutung, war aber noch nicht weit verbreitet, und Ricardo Alfieri hatte ein paar technische Probleme. Blanco erinnert sich an fast jedes Wort, das in der Zwischenzeit bei einer der berühmtesten Zusammenkünfte der Fußballgeschichte gesprochen wurde:

Was für ein Opfer, diese Reise nach dem Spiel am Sonntag auf sich zu nehmen, nur um mich zu sehen. Sie hätten zu Hause bleiben sollen, ich bin es nicht wert, dass meinetwegen so viele Umstände gemacht werden.

Wie bitte, Opfer? Nein, nein …

Diego brachte kaum zwei zusammenhängende Sätze heraus. Es war, als hätte er sein ganzes Leben darauf gewartet, Pelé zu treffen.

Es tut mir außerordentlich leid [sagte Pelé]. Ich muss mich in Kürze wieder verabschieden. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie nach dem Spiel noch herkommen. Ich habe einen Termin bei meinem Anwalt Samir in Santos, um ein paar Steuer- und Einkommensangelegenheiten zu klären. Und jetzt sind Sie hier, und ich würde gerne mit Ihnen zu Mittag essen. Erzählen Sie mir etwas, wie macht sich Ihre Mannschaft?

Wir stehen an der Tabellenspitze. Die Saison läuft gut. Delem ist der Chef, ich soll Ihnen Grüße von ihm ausrichten. Gestern haben wir 3:1 gegen Huracán gewonnen, wir haben ein paar tolle Tore geschossen. Und die Fans feiern uns, sie folgen uns überallhin.

Und neulich haben Sie einen Treffer mit der Hand erzielt, Diego [gegen Newell’s Old Boys]? Aber machen Sie sich darüber keinen Kopf, das ist das Problem des Schiedsrichters.

Blanco widmete einen ganzen größeren Teil in seinem Bericht für die El Gráfico den Weisheiten, die Pelé Diego zu vermitteln versuchte:

»Nehmen Sie den Applaus an, aber leben Sie nicht für den Applaus.«

»Verträge: Jeder Spieler hat seine eigenen Probleme. Es ist eine sehr persönliche Angelegenheit, aber denken Sie immer daran, dass Sie sich das, was Sie wirklich wert sind, erkämpfen müssen. Man muss stets Respekt für sich haben und darf sich nie selbst verraten. Haben Sie einmal einen Vertrag unterschrieben, beklagen Sie sich danach nicht darüber und verlangen Sie nicht mehr. Ihre Unterschrift ist Ihr Wort.«

»In Argentinien kursieren diese Gerüchte darüber, dass Sie ins Ausland gehen wollen … entscheiden Sie sich erst, wenn Sie die Situation ausgiebig analysiert haben. Sie sagen, Sie haben sieben Geschwister, dazu Ihre Mutter und Ihren Vater, berücksichtigen Sie das, wenn Sie Ihre Entscheidung treffen.«

Und eine Warnung: »Ihr Körper ist Ihr Werkzeug. Mir scheint, Sie sind in einer guten körperlichen Verfassung. Achten Sie darauf. Im Leben hat alles seine Zeit. Es gibt eine Zeit auszugehen, etwas zu trinken, zu rauchen, spät ins Bett zu gehen, zu essen, worauf man Lust hat. Aber alles braucht eine gesunde Balance. Fehlt diese, ist es zu schnell vorbei.«

Pelés Anwalt kam herein, um die Fußballlegende daran zu erinnern, dass draußen ein Fahrer auf ihn warte. Pelé blickte auf und bat sich noch ein klein wenig mehr Zeit aus. Er schnappte sich eine Gitarre und spielte ein paar Akkorde. »Ich kann nicht singen. Meine Stimme klingt sehr heiser. Aber wissen Sie was? Trotzdem habe ich kürzlich eine Platte für Kinder aufgenommen.«

»Pelé, werden Sie weiterhin Fußball spielen?«, fragte Diego. »Ich habe Sie nur ein einziges Mal gesehen. Bei einem Spiel gegen Huracán in Buenos Aires. Erinnern Sie sich daran?«

»Ja. Ja, ich glaube, das war mein letztes Spiel in Argentinien. Ich bin mir sicher, dass ich noch bei vielen Benefizspielen dabei sein werde.«

Plötzlich nahm Pelé Diegos Hand. Ricardo Alfieriwas starrte die beiden Männer an, die Intensität dieses Augenblicks ließ ihn sich selbst vergessen.

Er schlug vor, auf den Balkon zu gehen, um noch ein paar Aufnahmen im strahlenden tropischen Mittagslicht zu machen. Pelé überreichte Diego ein brasilianisches Trikot und signierte einen Ball für ihn. Cyterszpiler bat zudem um ein Autogramm auf dem Hemd, das er gerade trug.

»Nehmen Sie diese Uhr«, sagte Pelé entschieden. »Sie ist nicht besonders gut, man kann sie nicht mit ins Wasser nehmen. Schenken Sie sie einem Ihrer Brüder, und nehmen Sie diese Medaille für sich selbst. Ich habe sie bei meinem Abschied von [dem New Yorker Klub] Cosmos erhalten.«

»Ich werde sie mein Leben lang behalten.«

Nach einer Stunde war alles vorbei. »Es war großartig«, sagte Blanco. »Wir fuhren zum Flughafen und sahen die Christusstatue direkt über uns. ›Eins nagt allerdings noch an mir‹, sagte ich zu Diego. ›Warum zum Henker wolltest du es nicht montags machen?‹

›Guille‹, antwortete Diego, ›die Montage gehören Claudia.‹«

»Ich wusste, dass er als Spieler ein Gott ist«, erzählte Diego seinen Mannschaftskameraden während der nächsten Trainingsstunde der Argentinos, »jetzt weiß ich, dass er auch privat ein Gott ist. Wie viele junge Männer wie ich möchten Pelé treffen, ihn berühren, ein paar Worte mit ihm wechseln, und ich … Es war Pelé, der auf mich zukam und mich in den Arm nahm, aber zuerst begrüßte er meinen Vater, er behandelte ihn wie seinen eigenen. Jedes Mal, wenn ich seine Hand nahm, stand mir der Mund offen, ich konnte ihn nur angaffen. Ich sah, dass mein Vater weinte, als Pelé mir Ratschläge gab. Das Treffen mit Pelé war für mich die WM, die ich nicht hatte.«

Auf dem Cover der El Gráfico wurde der Bericht über das Treffen nur in einer kleinen Ecke angekündigt. Verdrängt wurde es vom WM-Sieg des Halbschwergewichtboxers Víctor Galíndez.

Maradona

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