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Kapitel 22 Die Drohung

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Nur leider enthielt der schöne Plan eine unvorhersehbare ‚Unwägbarkeit’, denn am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe wurde der rattengesichtige junge Mann bei Adda vorstellig und erklärte siegesgewiss, die Herkunft der Aale bezeugen zu können, die vortags im Kamin der Westeeler Schenke für Aufregung gesorgt hatten.

„Ja und?” fragte Adda herausfordernd. „Und? Nun, ich denke, das edle Fräulein wird sich mein Schweigen etwas kosten lassen, damit ich das ‚Wunder’ nicht aufdecke.” Vielsagend rieb er Zeigefinger und Daumen aneinander. Habgier blitzte in seinen Augen auf. Beunruhigt senkte Adda den Blick und kramte unter ihrer Schürze eine Münze hervor, die sie ihm zuwarf. „Das wird wohl reichen. Geh’ jetzt!”

„Oho, das Geldstück hat noch Brüder und Schwestern. Es wird sich einsam fühlen ohne die. Her damit!”

„Brüder und Schwestern? Wie kommst du denn darauf?“

„Gerade eben hörte ich’s in deinem Geldbeutel verdächtig klötern, ha, ha, ha...“

„Du bist zu gierig, Kerl.“

„Wenn ich in meinem Leben eines gelernt habe – leider zu spät, dann das: Gutmütigkeit wird letztendlich bestraft und ausgenutzt und ich habe mir geschworen, mich nie mehr ausnützen zu lassen.“

„Das will ich auch nicht, Kerl. Was denkst du denn? - Wenn es nicht um der guten Sache wäre, würde ich dich mit den Hunden vom Hof jagen. Hier hast du, damit kannst du deiner zukünftigen Frau einen hübschen Hausstand anschaffen.” Sie wollte ihm den Geldbeutel ins freche Gesicht werfen, doch er fing ihn geschickt auf. „Wer sagt dir, dass ich die Frauke nehme mit ihrem Balg, der dazu noch nicht einmal mein eigener ist? Hoho! Da müsste man mir schon was mehr zahlen!” Er lachte gemein und kletterte auf sein Maultier. Immer noch lautstark giggernd ritt er zum Tor hinaus.

„Oh, Frauke, den siehst du nie wieder,”, murmelte Adda, ihm nachblickend. „Um den ist’s auch nicht schade, wenn er auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Ich werde es Onkel Lütet sagen müssen. Ja, das werde ich, und ich werde ihn bitten, Frauke als Dienstmagd aufzunehmen.”

Es musste rasch ein heiratswilliger Mann gefunden werden. Frauke war ein hübsches, tüchtiges junges Ding, eine Frau, wie sie sich ein Mann nicht besser wünschen konnte, nur leider mit diesem ‚Makel’ behaftet. Die unglückselige Schwangerschaft konnte sie Lütet vorerst verschweigen. Vielleicht würde Hima eine Kräutermischung bereiten, die Frauke davon befreite? Adda verwarf den Gedanken wieder. Sie fand es abscheulich, auf diese Art und Weise ein ungeborenes Kind auszutreiben. - Die Zukunft von Mutter und Kind sah zwar nicht rosig aus, aber Adda wollte ihre Hand über sie halten. Frauke sollte ihr Kindchen bekommen und Adda wollte ihr einen Mann beschaffen. Wenn es anders nicht ging, dann für Geld. Dafür konnte man fast alles bekommen, sogar einen heiratswilligen Mann. Und der musste her und zwar möglichst rasch! Nur so konnten die bösartigen Mäuler gestopft werden, nur so konnte Frauke den herzlosen Kirchenbußen entgehen.

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