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Kapitel 27 Zuflucht bei notleidenden Menschen

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Es war ein erschrockenes helles Augenpaar, das Adda anblickte. Das magere Gesichtchen wich zurück. Mit der Hand wollte Adda sich über die Stirn fahren und bemerkte verwundert, dass sie mit grauen Leinenstreifen umwickelt war - die andere Hand auch. Sie wollte nachfragen, wo sie sei, aber ihre Kehle schmerzte, brannte, war rau und staubtrocken. Gequält stöhnte sie auf. Das magere Gesichtchen kam zurück, beugte sich über sie.

„Keine Angst, es ist alles gut”, sagte ein Kinderstimmchen. Dünne Finger reichten Adda einen Becher mit heißem Kräuteraufguss. Vorsichtig richtete Adda sich auf, sah sich im Raum um. Sie befand sich in einer niedrigen, rauchgeschwärzten Hütte. Bohnen und verschiedene Kräuter hingen zum Trocknen an der Decke, unter welcher der Rauch dahinzog, sich irgendwo einen Ausgang suchte. Vor der offenen, primitiven Feuerstelle stand ein roher Tisch. Eine Grube war in der Mitte der Tischplatte eingeschnitzt. Offenbar wurde dort das Essen eingefüllt. Ein Huhn pickte sich gerade Speisereste heraus. Daneben hingen Addas Sachen zum Trocknen. Frisch gewaschen, wie sie feststellte, denn hell leuchtete das Rot ihres Kleides herüber. Zwischen Unterrock und Kleid glotzte dumm eine knochige Ziege heraus.

Das Mädchen, etwa 10 oder 12 Jahre alt, bemerkte Addas missbilligenden Blick und sagte rasch: „Man muss alles Getier drinnen halten, sonst wird es gestohlen. Wenn man nicht Acht gibt, klauen sie einem alles unter den Augen weg.” Adda schlürfte das heiße, wohlschmeckende Getränk, betrachtete dabei aufmerksam ihre kleine Gastgeberin. Sie schien etwas zurückgeblieben, nicht geistig, vielmehr körperlich. Viel zu mager die kleine Gestalt; nicht zart gebaut, sondern eher halb verhungert sah die Kleine aus. Welch armen Leuten fiel Adda hier zur Last! Sie nahm sich vor, sie fürstlich zu belohnen.

Unruhig schloss und öffnete das Mädchen ihre rechte Hand, strich mit fahriger Geste die aschblonden Haare aus dem Gesicht. Adda räusperte sich. Sonderbar fremd ihre eigene Stimme, als sie die Kleine nach ihrem Namen fragte. „Hebke”, antwortete sie scheu, und die Haut ihrer Wangen, die sich über kräftigen Backenknochen spannte, rötete sich. „Und ich bin Adda, Tochter des Häuptlings Ihmel von Brookmer- und Auricherland. Aber mein Vater ist leider schon gestorben.”

„Ja, ich weiß. Mein Oheim hat’s mir gesagt.”

„So, so, dein Oheim. Wo ist er denn, dein Oheim?”

Das Mädchen druckste herum, dass sie das nicht wisse. Wo sie hier denn sei, werde sie aber wohl wissen? Das Mädchen fühlte sich offenbar unbehaglich, sagte aber doch, dass sie sich unweit von Norden befänden. „In der Nähe? Wie nah?”

„Vielleicht 1000 Schritt? Ich weiß nicht genau.”

„Und wie lange bin ich schon hier?” forschte Adda weiter.

„Seit gestern.” Die Ziege meckerte. Sie müsse sie jetzt melken. Hebke schien froh, einen Grund zu haben, den neugierigen Fragen zu entrinnen. Hastig holte sie Schemel und Eimer und machte sich mit flinken Händen an die Arbeit.

Zu müde, um noch weiter in sie zu dringen, sank Adda zurück auf ihr hartes Lager. Angenehm weich hingegen die aus Schaffellen gefertigte Decke. Erst jetzt bemerkte sie ihre Nacktheit. Offenbar hatte man sie gewaschen. Wie anders hätte man sie von Salz und Schmutz des Seewassers befreien können? Nein, sie schämte sich nicht. Es kam ihr nur merkwürdig vor. Adda schloss die Augen - sogar ihr Haar schmiegte sich seidenweich an ihr Gesicht. Wirre Bilder begannen in ihrem Kopf zu kreisen. Das Gesicht ihres Retters blitzte auf wie in einem reißenden Strudel, ein anderes schob sich dazwischen, eines mit ausgeprägter Habichtsnase; blonde Haare, bis auf die Schultern reichend; rotbestrumpfte Beine; kräftiger Körper...

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