Читать книгу Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch - Hall George - Страница 19
Alte Traditionen
ОглавлениеDiese Betonung der Einfachheit stand in scharfem Widerspruch zur römisch-katholischen Praxis. Der katholische Kirchenmann, Humanist und Gelehrte Bernardino Cirillo erkannte, dass die weniger Gebildeten Schwierigkeiten hatten, den Messen in den Kathedralen und Kapellen jener Zeit zu folgen. Im Jahr 1549 schrieb er: »In dieser Zeit widmen Musiker all ihre Mühe der Komposition von Fugen (wo die Stimmen gestaffelt einsetzen), sodass eine Stimme ›Sanctus‹ singt, eine andere ›Sabaoth‹ und eine weitere ›Gloria tua‹. Heulend, brüllend und stotternd ähneln sie eher Katzen im Januar als Blumen im Mai.«
Die Notationsreform im 14. Jahrhundert gab Komponisten zum ersten Mal die Möglichkeit, nahezu jede musikalische Idee präzise aufzuschreiben. Seitdem hat die katholische Kirche ihren Hang zum Ausschmücken der Musik und zu immer größerer Komplexität und Subtilität zuweilen gefördert und zuweilen beschnitten.
Am Ende des 15. Jahrhunderts wurde die tägliche Messe meist einstimmig gesungen. Hatte eine Institution jedoch die Mittel, konnte das Ordinarium der Messe (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus, und Agnus Dei) deutlich aufwendiger zelebriert werden. Um 1490 notierten mehrere Schriftsteller die Anwesenheit eines Zinkspielers in der Hofkapelle Philipps IV. von Burgund, so ungewöhnlich war damals das Vorkommen von Bläsern. Diese hatten bisher nur improvisiert, doch nun lernten sie Noten zu lesen und Chöre zu begleiten, sodass ihre Teilnahme bei Messen um 1530 nicht mehr solche Verwunderung auslöste.
»[Palestrinas] Stabat Mater … ergreift und erhebt die menschliche Seele.«
Franz Liszt, Brief an den Verleger Christian Kahnt, 30. Mai 1878
Das Konzil von Trient traf sich in 18 Jahren 25-mal, um den Protestantismus zu diskutieren und die katholische Lehre und Liturgie zu bereinigen.
Obwohl Blasinstrumente in der Kirche großen Eindruck machten, konnte das Spiel eines Blechbläser-ensembles, wenn unsensibel ausgeführt, die Verständlichkeit des Textes beeinträchtigen. Der spanische Komponist Francisco Guerrero ermutigte seine Zinkenspieler, sich beim Improvisieren von Ornamenten abzuwechseln, denn täten sie es gemeinsam, würde »ein absurder Klang entstehen, der die Ohren verstopft«.