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UT, RE, MI, FA, SOL, LA

MICROLOGUS (UM 1026), GUIDO V. AREZZO

IM KONTEXT

SCHWERPUNKT

Frühe Formen der Notation

FRÜHER

500 Der römische Senator und Philosoph Boethius verfasst das Lehrbuch für Musiktheorie De institutione musica, das noch im 16. Jh. im Gebrauch ist.

935 In Frankreich benennt Odo von Cluny in seinem Werk Dialogus de musica die Tonhöhen zum ersten Mal mit den Buchstaben A bis G.

SPÄTER

1240 In Paris verfasst Johannes de Garlandia De mensurabili musica, in dem er die Notation von Rhythmus beschreibt.

Um 1280 Franco von Köln stellt in Ars cantus mensurabilis die Mensuralnotation vor, die Vorläuferin der heutigen Darstellung von Tonlängen.

Die moderne westliche Notation nahm Ende des ersten Jahrtausends ihren Anfang in den europäischen Klöstern. Die ältesten musikalischen Symbole, die sogenannten Neumen, waren einfache Pinselstriche, die den Mönchen beim Singen der Choräle anzeigten, ob die Melodie anstieg, abfiel oder auf gleicher Höhe verharrte. Erste Zeugnisse finden sich bereits im 9. Jahrhundert.

Diastematische, die Tonhöhe anzeigende Neumen brachten mehr Klarheit in die Notation, da eine einzelne Querlinie auf dem Notenblatt fortan eine Art Horizont bot, an dem sich der Sänger in der Tonhöhe orientieren konnte. Dennoch boten die diastematischen Neumen viel Raum für Fehlinterpretation, sodass eine Präzisierung nötig war.

Notenlinien

Die Lösung wird Guido von Arezzo zugeschrieben, einem italienischen Mönch und Musiktheoretiker (der jedoch vermutlich nur formalisierte, was bereits Praxis war). Er zog vier horizontale Linien im Terzabstand für die Notation, sodass der Sänger die Bewegung der Melodie genau erkennen konnte. Bei der guidonischen Notation wurde manchmal die C-Notenlinie gelb und die F-Linie rot gezeichnet. Damit war nicht nur die Tonhöhe von Note zu Note festgelegt; der Sänger wusste auch auf einen Blick, mit welcher Note er beginnen musste.


Die Guidonische Hand lehrte Mönche auf einfache Weise die 20 Noten der mittelalterlichen Choräle.

In dem Traktat Micrologus (um 1026) beschreibt Guido von Arezzo das musikalische Hilfsmittel, für das er berühmt wurde, die Guidonische Hand. Dabei handelt es sich um eine didaktische Methode, mit der sich die Mönche ganz einfach im damaligen Tonsystem zurechtfinden konnten. Guido benutzte dazu dieselben Notenbezeichnungen von A bis G, wie wir sie heute kennen. Die Choräle umfassten knapp drei Oktaven mit insgesamt 20 Noten, die er spiralförmig den Fingergelenken und -spitzen der Hand zuordnete. Der Mönchsnovize zeigte auf die Spitze seines linken Daumens und sang ein tiefes G. Dann legte er den Finger auf das Mittelgelenk des Daumens und sang den nächsthöheren Ton, ein tiefes A. So fuhr er fort, nacheinander alle Fingergelenke und -spitzen zu berühren und dabei alle 20 Noten zu singen (wobei er ins Falsett fiel, sobald die Spirale enger wurde und die Tonhöhe anstieg).

»Ich habe beschlossen, diese Antiphon zu notieren, damit jede intelligente und fleißige Person einen Gesang erlernen kann.«

Guido von Arezzo

Solmisation

Auch wenn die Töne der heutigen siebenstufigen Tonleiter verwendet wurden, sprach man von einer Sechstonfolge, einem Hexachord. Guido von Arezzo unterlegte jeden Ton mit einer Silbe – ut, re, mi, fa, sol, la – und begründete damit die Solmisation, bei der jeder Ton auf eine bestimmte Silbe gesungen wird. Um alle 20 Noten der Guidonischen Hand abzudecken, wurde der Hexachord in sich überlappenden Mustern wiederholt. Jede Note war deshalb sowohl mit einem Buchstaben als auch mit einer Koordinate versehen, die die genaue Position der Note auf der Hand angab und die Oktave bestimmte. Das heutige »mittlere c« (c’) hieß auf der Hand zum Beispiel »c sol-fa-ut«. Das tiefste G war »gamma ut«, aus dem sich der Begriff »Gamut« als Bezeichung für den gesamten Tonumfang ableitet. Der Choralsänger konnte auf diese Weise jede einzelne der 20 Noten schriftlich, verbal oder einfach nur durch Zeigen auf seine Hand spezifizieren.


Der italienische Mönch und Musiktheoretiker Guido von Arezzo wurde rund 600 Jahre nach seinem Tod von Antonio Maria Crespi Anfang des 17. Jh. mit einem Lorbeerkranz porträtiert.

Die Kirchentonarten


Das Fundament der westlichen Musiktheorie ruht auf frühen kirchenmusikalischen Traditionen aus Griechenland, Syrien und Byzanz. Auf diesen aufbauend kam im 9. Jahrhundert das Prinzip der Kirchentonarten, der sogenannten Modi, auf, mit dem die verschiedenen Choralmelodien (aus denen sich schon bald die gregorianischen Choräle entwickelten) kategorisiert wurden. Die Modi halfen den Mönchen, sich die vielen liturgischen Gesänge zu merken.

Modi können nur mit den weißen Tasten des Klaviers gespielt werden. Würde man sechs komplette Siebentonskalen spielen, jeweils beginnend mit der nachfolgenden Note, erhielte man einen Eindruck vom Klang des jeweiligen Modus: C (ionisch, entspricht der Dur-Tonleiter), D (dorisch), E (phrygisch), F (lydisch), G (mixolydisch), A (äolisch, entspricht der natürlichen Moll-Tonleiter). Die Tonleiter auf H, auch lokrischer Modus genannt, galt im Mittelalter als dissonant und wurde deshalb nicht verwendet.

Erst im 18. Jahrhundert, zu Zeiten von Barockkomponisten wie Bach und Händel, wurden die Kirchentonarten durch das Prinzip von major (Dur) und minor (Moll) im Wesentlichen auf zwei Tongeschlechter reduziert. Von da an ordnete man Musik nicht länger nach Modi, sondern nach Dur- und Molltonarten.

Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch

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