Читать книгу Seele an Seelchen - Hanno Augustin - Страница 10
5. Kapitel
ОглавлениеRobert, noch ziemlich müde von den Strapazen des Afrikaausflugs, trinkt genüsslich den Morgenkaffee, als das Telefon die Ruhe stört. Er hat sofort seinen Chef in Verdacht und meldet sich nicht gerade in freundlichem Ton.
Er hört: „Hier ist Hanna Lehnhardt, wie schön Ihre Stimme zu hören. Guten Morgen, hier ist Feierabend. Ich melde mich aus Sydney. Bis hierher haben wir es schon geschafft."
„Guten Abend, Seelchen", sagt Robert, versöhnt mit der Welt, er freut sich gewaltig, sie zu hören und fährt fort: „Es ist eben in der vergangenen Woche alles schief gelaufen zwischen uns."
„Robert, machen Sie sich nichts daraus, es kommen auch noch bessere Zeiten. Grüßen Sie bitte Opa. Ich bin froh, Sie gehört zu haben. Tschüß."
Klick. Ehe Robert etwas erwidern konnte, ist die Verbindung zu Ende Wieder mal nicht schnell genug geschaltet, sagte er sich.
Nach einem stürmischen Arbeitstag mit seinem Chef, der sich auch für seinen Einsatz bedankte und mit Lob nicht sparte, ist Robert am späten Abend im Seniorenheim. Opa hat sich schon auf sein Zimmer zurückgezogen. Er stellt den Fernseher ab, als Robert eintritt. Seine Freude ist groß, mit Robert sprechen zu können. Robert erzählt als Erstes die Geschichte des Anrufes von heute morgen, der ein so jähes Ende nahm.
Opa: „Darüber müssen Sie nicht weiter nachdenken, Robert. Seelchen ist spontan. Ich vermute da auch etwas Zurückhaltung dahinter. Denken Sie daran, eigentlich wollte sie mit Männern so direkt nichts mehr zu tun haben. Der Bruch ihrer letzten Beziehung hat sie schwer getroffen. Aber Seelchen mag Sie, das hat sie mehrmals gesagt."
Robert hat die Frau vor Augen, die in den Zug einstieg, ganz schnell, als wollte sie nicht zu nahe kommen.
Robert: „Opa Heinrich, würden Sie mir einen Gefallen tun und Felix noch zusätzliche Stunden in Latein zu geben?
Opa: „ Aber warum sagt er mir das nicht selbst?"
Robert: „Keine Traute, glaube ich."
Opa: „Er soll kommen, wann immer er mag. Ich habe nichts mehr übrig als Zeit."
Robert, aus einem plötzlichen Gefühl der Sympathie zu diesem gütigen Mann, den er schlicht Opa Heinrich nennt:
„Dann haben Sie auch nichts dagegen, wenn ich öfter hier auf der Platte stehe?"
Opa strahlt: „Überhaupt nicht. Sind Sie entlassen worden?"
Robert lacht. „Nein, aber Seelchen, glaube ich, würde nicht böse darüber sein. Ach, übrigens erinnern Sie sich an einen Walther Kuhn unter Ihren Studenten?"
Opa kommt ins grübeln: „Richtig, der Springinsfeld Kuhn, verdammt guter Schachspieler, daher kenne ich den Namen. Und eine tolle Doktorarbeit hat er hingelegt, das habe ich auch noch in Erinnerung, ich glaube, ich täusche mich nicht. Das ist ziemlich lange her …"
Robert: „Dieser Springinsfeld ist mein Chef!"
„Donnerschock", ruft Opa „So was! Zufälle gibt es!"
Robert lacht: „Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, diesen jetzt gesetzten Herren werden Sie wieder sehen."
Opa: „Da bin ich aber gespannt. Nostalgie pur!"
Sie reden noch eine Weile miteinander, bis eine Person, ganz in Weiß, in den Raum tritt, höflich Guten Abend sagt, dann
„Herr Professor, es ist Zeit."
Da verabschiedet sich Robert.
Am folgenden Morgen wird Robert wieder vom Telefon beim Frühstück überrascht. Diesmal ist er helle, riskiert alles: „Guten Abend, Seelchen, hier ist Robert beim Frühstück!"
Lautes Lachen schallt durch den Hörer:
„Hallo, das klingt fröhlich. Jetzt sind wir noch ein Stückchen weiter weg, in Neuseeland. Robert, ich verabschiede mich für längere Zeit. Keine Ahnung, welche Kommunikationsmöglichkeiten in der Eiswüste zur Verfügung stehen. Ich schreibe auf jeden Fall, auch wenn der Brief wochenlang unterwegs ist. Opa rufe ich noch an. Haben Sie mein Lesezeichen noch?"
Robert: „Aber ja, das hat einen festen Platz, wird immer streng bewacht."
Seelchen: „Robert, machen Sie es gut, passen Sie auf sich auf. Ich freue mich auf ein Wiedersehen."
Dann leise: „Ich mag Sie, tschüß." Klick. Aus.
Abends berichtet Robert Opa Heinrich von diesem Anruf,
Opa: „Sie hat mich heute Morgen angerufen, sie war aufgeregt und, wie mir schien, auch traurig. Aber am Schluss des Gespräches hat sie gesagt, wörtlich: ‚Wenn ich Robert früher getroffen hätte, niemals hätte ich diesen Job angenommen. Nun muss ich da durch.’ Das hat sie gesagt." Er nickt dazu.
Robert verabschiedet sich auf Übermorgen. Morgen kommt Felix.