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6. Kapitel

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Skatabend. Robert redet mit seinem Freund Franz Obermann. Sie sind allein, die beiden Anderen, der Frisörmeister und der Baupolier waren nicht gekommen, ab und zu passiert so was. Für die verhinderten Skatspieler wird ein solcher Abend meistens feucht. Franz hatte heute offensichtlich von seiner Firma frei genommen, er trank nämlich normales Bier, nicht das alkoholfreie wie sonst. Kein Handy auf dem Tisch,

Robert staunt: „Was ist passiert, Franz, heute so privat?"

Franz: „Ich habe die Schnauze voll. Ein Taxi Schrott. Als ich das alles in die richtigen Bahnen lenken will, Versicherung, Polizei, ach, Du weißt schon, was stelle ich fest?"

Robert ist gespannt: „Na?"

Franz empört: „Man braucht mich nicht mehr. Mein Sohn, meine Frau, sie haben das alles schon geregelt und meine Schwiegertochter hat den Fall übernommen, sie ist Anwältin. Was soll ich da noch?!"

Robert kriegt sich nicht mehr ein: „Mensch, Franz, freu Dich doch, Deine Mannschaft spurt!"

Franz: „Hast ja recht, da kommst Du von einer weiten Fahrt wieder … Ach, lass mich. Ich muss mich dran gewöhnen. Prost!"

Es wird ein feuchter Abend, ganz locker.

Robert fragt: „Du hast doch bestimmt ein Behindertentaxi?"

Franz: „Ja, natürlich, das gehört zu jedem Taxiunternehmen."

Robert erzählt von Opa Heinrich und von seinem Plan, Opa zu einem Opernbesuch einzuladen.

„Kein Problem", sagt Franz, „ich habe ein Abonnement und bin eh in jeder Oper. Meinst Du den ‚Liebestrank’?"

Robert: „Genau diese Oper!"

Franz: „Abgemacht, sage Bescheid."

Robert: „Ich muss nur sehen, wie das mit dem Platz geregelt wird. Opa sitzt im Rollstuhl."

Franz: „Ich kenne die Leute. Ich übernehme die Platzfrage, Robert. Prost!"

„Prost!"

Mitternacht ist Robert zu Hause.

Robert kommt morgens gut gelaunt in der Firma an, geht in sein Zimmer, sieht einen verschlossenen Briefumschlag mitten auf seinem Schreibtisch liegen. Er öffnet den Umschlag und liest, erstarrt, liest noch mal.

Die Gesellschafter der Firma haben einstimmig beschlossen, dem Vorschlag von Herrn Dr. Kuhn, 1. Geschäftsführer, zufolgen und Herrn Robert Wille zum 2. Geschäftsführer zu bestellen.

Weiter kommt er nicht beim zweiten Mal, als ihn das Telefon in die raue Wirklichkeit zurückholt.

„Guten Morgen, Kuhn hier. Kommen Sie doch bitte gleich in mein Zimmer." Robert registriert eine ungewöhnliche Freundlichkeit bei diesem Marschbefehl. Er geht benommen los, tritt ein. Da steht der gesamte Führungskreis der Firma einschließlich Chef und begrüßen ihn mit dem Ruf: „Wir gratulieren." Hände schütteln, eine Rede vom Chef und Sekt vor neun. Unerhört!

Robert fühlt sich auf das Schild gehoben, ein großes Glücksgefühl, wenn da nur nicht dieses schwer lösbare Problem gewesen wäre.

Robert spricht mit Franz Obermann. Der hatte alles organisiert.

Franz: „Zwei Theaterkarten findest Du in Deinem Briefkasten, wenn Du nach Hause kommst. Am Sonnabend also, Du musst mir nur noch sagen, wann wir Opa abholen sollen. Ich komme vorher bei Dir vorbei."

„Danke, Franz." Robert weiß einmal mehr, was ein wahrer Freund ist.

Opa Heinrich ist außer sich vor Freude. In der Oper war er mit seiner Frau bei jeder Gelegenheit gewesen, hier allerdings noch nie, der Rollstuhl schien ihm ein unüberwindliches Hindernis für diese Gelegenheit.

„Da muss ich meinen dunklen Anzug aus dem Schrank holen, ach, das macht mein guter Stern, mein Pfleger. Was wäre ich ohne ihn."

Beide, Robert und Opa Heinrich, wähnen Seelchen schon in der Eiswüste der Antarktis. Sie wundern sich darüber, dass keine Nachricht bei Opa eintrifft, Funktionierender Nachrichtendienst ist etwas anderes


Franz Obermann holt Robert ab. Gemeinsam fahren sie zum Seniorenheim. Opa Heinrich steht schon bereit, dunkler Anzug, sieht ganz feierlich aus,

Opa: „Ich mache mir Sorgen um Seelchen. Weshalb schreibt sie nicht über das Handy, wie sonst?"

Robert: „Wir rufen Montag in Kiel an. Die Kontaktnummer hat uns Seelchen gegeben."

„Nein. Lieber morgen, Robert. Vielleicht ist auch Sonntag jemand am Platz."

Robert: „In Ordnung, ich komme morgen. Jetzt ist aber Freude angesagt. Der Taxifahrer ist mein Skatbruder und ebenfalls ein Freund der Oper."

Franz begrüßt Opa mit den Worten: „Es ist alles organisiert, Herr Professor."

Vor dem Theater warten Opa Heinrich und Robert, bis Franz vom Parkplatz zurückkommt. Zusammen betreten sie das Foyer, zielstrebig lotst Franz den Rollstuhl mit Opa Heinrich in den Mittelgang des Parketts. Der Kartenkontrolleur und der Platzanweiser wussten Bescheid. Franz hat perfekt organisiert.

Opa schaut seine beiden Begleiter dankbar an, nimmt Roberts Hände und sagt: „Sie machen mir eine große Freude, ich danke Ihnen Beiden."

Die Vorstellung beginnt, Donizettis „Liebestrank".

Dann große Pause. Alle bewegen sich ins Foyer, in die Gänge, auch das Trio. Robert sichtet Dr. Kuhn, jetzt sein Kollege, der ihn auch. Dr. Kuhn nimmt Fahrt auf, lässt seine Frau stehen, Robert geht zu ihr hin. Franz beobachtet die Szene.

Exstudent Kuhn steht vor dem Rollstuhl. „Herr Professor, erkennen Sie mich, ich bin Walther Kuhn, einst Ihr Student."

Opa nimmt Maß, die Augen umfassen die Gestalt von ihm: „Ach du meine Güte, so richtig verändert haben Sie sich aber nicht, äußerlich, meine ich", lacht und streckt ihm die Hand entgegen. „Spielen Sie auch noch Schach?"

Dr. Kuhn: „Ja, recht und schlecht."

Opa: „Ich habe da auch meine Mühe, jetzt mit der Jugend. Felix Huchter hat mich letzten Mittwoch geschafft. Der Junge ist gut."

Robert war inzwischen mit Frau Kuhn dazu gekommen, wirft dazwischen: „Der ist auch Stadtmeister."

Robert stellt seinem Kollegen Franz vor: „Herr Obermann, Taxiunternehmer, er sorgt für den Transport von Herrn Professor."

Opa blickt Robert strafend an: „Lassen Sie den Professor, Robert."

„Entschuldigung, also von Opa Heinrich, gut so?" Opa nickt und lacht.

Franz hat derweil Sekt besorgt, auf einem Tablett. Alle sind in bester Stimmung. Opa und Dr. Kuhn sind voll in die Vergangenheit eingetaucht, erst das Klingeln beendet das Gespräch. Das Zeichen zum Einrücken, bemerkt Franz trocken. Die beiden Herren wollen sich wieder treffen, und zwar bald.

Am Ende der Vorstellung sind alle begeistert. Opas Ablieferung machte Probleme, weil die Eingangstür zum Heim abgeschlossen war. Der Nachtdienst wird per Handy alarmiert. Beide bringen Opa auf sein Zimmer. Während sie sich noch unterhalten, erscheint der Pfleger, immer nett und freundlich. Er verhilft Opa zur Nachtruhe. Robert und Franz verabschieden sich.

Franz setzt seinen Freund vor dessen Haustür ab.

Drinnen, jetzt in der Stille, wird Robert bewusst, dass Seelchen bei dem tollen Ereignis heute zu kurz gekommen war. Sie wird wohl jetzt in der Eiswüste der Antarktis angekommen sein. Aber weshalb kein Abschieds-SMS an Opa. Etwas flau in der Magengegend wurde es Robert schon

Seele an Seelchen

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